Kapitel 1

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„Ja. Ist in Ordnung. Ja. Was? Die Geräusche? Ach so. Tatsächlich bin ich gerade am Strand, den Kopf etwas abschalten und frei bekommen. Ich rufe dich deshalb später noch einmal an, in Ordnung, Mum?" Ohne eine weitere Antwort abzuwarten beendete ich das Telefonat und schob mein Handy ohne weitere Beachtung zurück in meine Hosentasche.

So sehr ich sie auch liebte, dieser Moment am Strand galt alleine mir. Es war Zeit, die ich mir zur Abwechslung für mich nahm. Und alles, was in jenem Moment zählte war die Aussicht, die sich vor mir breit machte. Die Sonne, die den endlos wirkenden Horizont in rote und orangene Töne  färbte.Das blaue, glitzernde Wasser, welches mit einem leisen, platschendem Geräusch kleine Wellen ans Ufer spülte. Möwen, die kreischend am Himmel flogen und gierig auf Futter warteten. Die Ruhe; Keine Menschen um mich herum. Niemanden der einem vorschrieb, was man tun sollte, welche Aufgaben man hatte, was dringend zu erledigen war. Kein Mensch war weit und breit zu sehen. Ich nahm einen weiteren, tiefen Atemzug. Das Salzwasser kribbelte in meiner Nase und der leichte Wind spielte mit meinen Haaren. Es war ein angenehmes, befreiendes Gefühl gewesen. Doch auch solche Momente hielten, bedauernder Weise, nicht für immer an und so verriet mir ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr, dass ich mich langsam auf den Weg zurück machen sollte.

Schwungvoll drehte ich mich um. Die hellen Strahlen der Sonne nahmen mir dabei die Sicht. Ein Widerstand kam mir entgegen, ich prallte mit jemanden zusammen.

,,Oh. Entschuldigen Sie bitte." Stammelte ich verlegen und hielt die Hand vor mein Gesicht um besser sehen zu können.


Vor mir stand ein circa 1,75cm großer Mann. Seine blonden Haare waren verwuschelt gewesen und fielen ihm lässig auf seine Stirn. Seine außergewöhnlichen, blauen Augen strahlten im Tageslicht. Er sah charmant aus, auf gewisse Art und Weise liebevoll.

„Macht doch nichts." Seine rosafarbenen Lippen formten sich zu einem kleinen Lächeln „Das kann jedem Mal passieren."

„Das muss es aber nicht und das sollte es auch nicht, wenn man einfach die Augen offen hält. Ich bin einfach so in-"

„Gedanken gewesen-" unterbrach er mich und sprach mir dabei direkt aus der Seele „Ja. Das kenne ich nur zu gut. Allerdings ist das in keinem Fall etwas schlimmes." Er strahlte mich an ,,Vor allem nicht in solch einer Situation. Am Strand lässt man doch am häufigsten seinen Gedanken freien Lauf, nicht wahr?"

Einen Moment lang sahen wir uns einfach nur an und obwohl er ein Fremder für mich gewesen war, fühlte es sich keines Weges befremdlich an. Mehr so, als würde ich ihn schon eine Ewigkeit kennen.

„Also. Möchten Sie noch etwas? Zum Beispiel ein Bild?" Durchbrach er unser beidseitiges Schweigen.

Stirnrunzelnd verschränkte ich die Arme vor meiner Brust und zog fragend eine Augenbraue nach oben „Ein Bild?" Lächelte ich ,,Nehmen Sie es mir nicht übel, sie sind durchaus gutaussehend. Doch weshalb  sollte ich ein Bild mit Ihnen wollen? Es gibt genug hübsche Männer auf diese Welt."

Irritiert sah er mich an. Offensichtlich hatte er nicht mit meiner Antwort gerechnet gehabt, was mich nur noch mehr durcheinander brachte. Hatte ich etwa etwas falsches gesagt?

„Wie heißen Sie denn?" Fragte er mich und in seiner Stimme klang ein wenig Unsicherheit mit.

„Ich finde das Du persönlich besser, wenn es in Ordnung ist. Ich heiße D/N D/N/N. Und du?"

Nun sah er nicht mehr irritiert, sondern ziemlich fassungslos aus; „Ich bin-" stammelte er und seine Stimme wirkte nun eher hinterfragend als unsicher „Ich bin Tom Felton?"

„Schön dich kennenzulernen, Tom." Freudestrahlend reichte ich ihm meine Hand. 

Er nahm sie entgegen und schüttelte sie sanft, doch ebenso freudestrahlend, wie ich es getan hatte.

„Magst du ein Stück gehen?" Tom sah mich an, in seinen Augen lag etwas, was ich nicht deuten konnte. 

Freude? 

Freude gemischt mit Überraschung?

Es war mir ein wahrhaftes Rätsel gewesen.

Meine Antwort war ein stummes Nicken gewesen und so liefen wir gemeinsam weiter.

 „Was tut eine Frau wie du um diese Uhrzeit hier unten am Strand?"

Was meinte er mit den Worten Eine Frau wie du?

,,Dem Alltagsstress entfliehen und meinen Gedanken freien Lauf lassen." Erklärte ich ihm meine Situation „Und was ist mit dir? An diesem Strandteil sind sonst kaum Menschen unterwegs."

„Ja. Vermutlich ist das genau der Grund, weswegen es mich so ziemlich jeden Abend hierher zieht. Dieser Strandteil ist verlassen, man hat seine Ruhe und kann einfach diese atemberaubende Aussicht genießen. Hier ist es nicht überfüllt."

„Scheint als hätten wir da wohl etwas gemeinsam." Ein flüchtiges Grinsen spielte um meine Lippen. 

„Scheint ganz so." Stimmte er ebenfalls grinsend zu „Aber solch einen wunderschönen und zugleich romantischen Ausblick verbringt man doch eigentlich mit seinem Partner, oder etwa nicht?"

Ohne groß darüber nachzudenken wusste ich, worauf er hinaus wollte. Es war eine charmante Art nachzufragen, in keiner erdenklichen Weise aufdringlich.

,,Mag schon sein. Und wenn man einen Partner an seiner Seite hätte, dann wäre das vielleicht auch ganz gut möglich und zugleich wunderschön. Aber dann frage ich mich eines; Wo ist deine Freundin, wenn du offensichtlich so ein Romantiker bist?"

Er lachte leise auf; „Ich stimme bei der Sache zu, dass es möglich wäre, wenn man einen Partner hätte. Doch auch bei mir ist es leider nicht so. Aber ich denke, dass jeder Mensch irgendwann einmal seinen Seelenverwandten trifft, vielleicht auch durch den komischsten Zufall."

„Das wäre wünschenswert." Einen Moment lang sah ich vom Boden auf und unsere Blicke trafen sich für einen kurzen Moment. Es war der Bruchteil einer Sekunde gewesen. Doch ich konnte spüren, dass ich lächeln musste-  Unterdrückte es jedoch.

„Wohnst du hier in der Nähe?"

„Ja. Nur ein paar Straßen weiter in einer kleinen Wohnung und du?" Antwortete ich ihm.

„Ich muss ein kleines Stückchen mit dem Auto fahren. Geschätzt in etwa zehn Minuten. Aber das lohnt sich definitiv."

Da ich keine Ahnung hatte was ich darauf antworten sollte, liefen wir einfach stillschweigend nebeneinander her, bis wir zu einem gepflasterten Weg hinter den Dünen kamen, der zu meinem Wohnblock geführt hatte.

„Ich denke, ich sollte langsam wieder nach Hause. Ich habe noch ein ziemlich wichtiges Telefonat vor mir." Stammelte ich verlegen.

„In Ordnung. Es war schön dich kennengelernt zu haben, D/N." Diesmal war er es, der mir die Hand reichte.

"Die Freude war ganz meinerseits."

Dann drehte ich mich um, ging langsam los und strich nebenbei einige Haarsträhnen nach hinten, die durch den Wind in mein Gesicht geflogen waren. Ich konnte deutlich spüren, dass er mir nachsah und fragte mich dabei, ob ich ihn jemals wiedersehen würde.

„Darf ich dich noch einen kleinen Moment aufhalten?" Rief er plötzlich.

Das war der Moment gewesen, auf den ich so sehr gehofft hatte, doch ich überspielte es gekonnt und drehte mich mit normaler Miene um; „Natürlich."

Er lief durch die letzten Meter Sand auf mich zu, seine leicht nassen Haare wippten dabei auf und ab. 

,,Ich würde dich gerne wiedersehen. Nur wenn du das auch möchtest, versteht sich." Er lächelte mich an, als er vor mir stand und zog sein Handy aus der Tasche seines Hemdes „Magst du mir vielleicht deine Handynummer geben?"

Diesmal konnte ich es nicht verhindern und ich ließ meinem Lächeln ebenfalls freien Lauf, dann gab ich ihm meine Nummer.

„Ich schreibe dir." Er zwinkerte mir zu und drehte sich dann um. 

Und so liefen wir in entgegengesetzte Richtungen.

Tom Felton- Unser gemeinsames SchicksalWhere stories live. Discover now