das neunundvierzigste Kapitel

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Ein ganzer Monat war vergangen seitdem ich ihn das letzte Mal sah. Für weniger wichtige Angelegenheiten setzten sich Raoul und Marco zusammen, so dass wir beide uns so auffällig wie möglich aus dem Weg gehen konnten.

Doch noch täglich trifteten meine Gedanken zu seinem Blick, seinen Worten, seiner Stimme. Ich wusste, dass ich am logischen gehandelt hatte. Um mich selbst vor einem Absturz zu retten, wandte ich meinen Verstand an.

An diesem Abend jedoch wurde ich meine Stärke ein erneutes Mal herausgefordert, da wir zu einer Firmenfeier der Belluccis eingeladen wurden. Schon zwei Wochen davor hatte ich mit Raoul darüber diskutiert. Ich hatte Raul beschimpft und ihn gefragt, wie er von mir erwarten konnte, dort aufzutauchen. Seine Argumente waren jedoch strak, sehr stark.

Es war die Aufgabe eines Geschäftspartners, einer Partnerfirma auf den Feiern des Anderen mit seiner Präsenz das Bündnis zu bestätigen und sichern. Mit unserem Auftritt repräsentierten wir unsere Macht und Stärke.

Aus diesem Grund betraten wir an diesem Abend ein Festsaal der Belluccis.

"Ich verabscheue dich dafür", hisste ich zu Raoul, als ich eine ältere Frau mit pechschwarzen Haaren auf mich zukam. "Senora Yurek" Freundlich nickte ich ihr zu, als sie mir die Hand hinhielt. "Ella Vamo. Ich habe schon viel von ihnen gehört" Natürlich hat sie das.

"Sie sind in echt schöner, als in den Magazinen" Mich störte es, dass man mein Gesicht in Tratschzeitschriften sehen konnte. Mich störte es so sehr, dass meine Laune davon beeinflusst wurde und ich der Frau am liebsten den Mund verbieten wollte.

"Lamia muss es bestimmt stören ständig mit einer hübschen Dame, wie Ihnen verglichen zu werden" Erschrocken weitete ich die Augen. "Wieso wird sie mit mir verglichen?" Ella runzelte Stirn, als könnte sie nicht fassen, dass ich das fragte. Sie gefiel mir nicht. Es war als ob eine sehr starke negative Energie von ihr ausging.

"Lesen Sie denn gar keine Zeitschriften?" Augenrollend straffte ich die Schultern. "Gott sei Dank tu ich das nicht" Mit diesen Worten wand ich mich ab. Unhöflich, unverschämt, wer wusste, wie sie nun über mich dachte, doch es konnte mir nicht unwichtiger sein, als in dem Moment, als meine Augen auf Lamia und Nadal fielen.

Nicht weit von mir entfernt standen sie an einem Cocktailtisch. Nadals Hand lag um ihre Taille herum, an ihrem Becken, während sie ihren Arm um seine Schulter gelegt hatte.

Ich legte den Kopf ganz leicht schief und konnte ein bitteres Lächeln nicht unterdrücken.

Was aus uns geworden ist. All der Schmerz seiner Augen vor einem Monat war nicht gespielt und ich war intelligent genug, um dies nicht abzustreiten. Doch gleichzeitig wusste ich, dass das Schicksal nicht für uns war. Deshalb gönnte ich ihm diese sichere Beziehung zu Lamia.

"Sie tut mir so leid", ertönte Marco Stimme plötzlich neben mir. Stirnrunzelnd blickte ich neben mich. "Sie weiß, dass sie ihn nie vollständig haben kann und dennoch bleibt sie an seiner Seite" Mich durfte es nicht interessieren und genau aus dem Grund fragte ich auch nicht nach. Es ging mich nichts mehr an. Meine Zunge zu kontrollieren war schwer, doch nicht unmöglich.

"Wo ist Raoul hin? Er ist direkt verschwunden, als wir ankamen" Marco blickte mich an und es war, als wüsste er mit einem Mal, wieso ich nicht auf seine Aussage geantwortet hatte. Ein kalter Schauer überkam mich. "Ist was?", fragte ich ihn gereizt. Marco schüttelte abweisend den Kopf und wand sich von mir ab. Seufzend verschränkte ich die Arme vor der Brust.

Die Tochter des GangstersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt