XXVII

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"Die Stimme der Vernunft ist leise, doch sie ruht nicht, ehe sie sich Gehör verschafft hat."- S. Freud

Chatsworth House,1944

Die nächsten Wochen zogen sich dahin, wie ein Gummiband, das man endlos lang anspannen konnte, bis es mit einem Mal zersprang. Ane und ich bekamen unser ZAG Ergebnisse in der dritten Augustwoche nach Chatsworth House gesendet und ich konnte mich nicht daran erinnern jemals so aufgeregt gewesen zu sein, wie an diesem Morgen, weswegen es mir schwer viel mit meinen zittrigen Händen den Umschlag zu öffnen. Zu meiner großen Erleichterung hatte ich fast alle Fächer mit Ohnegleichen bestanden, außer Alte Runen, in dem ich nur ein Erwartungen übertroffen erhalten hatte, was mich im Nachhinein ziemlich ärgerte, da ich wochenlang irgendwelche Übersetzungen gepaukt hatte. Ane ging es ähnlich, sie hatte sich nämlich ein Erwartungen übertroffen in Zauberkünste eingefangen und schob es darauf, dass sie nicht genau gewusst hatte, wie lang man eine Schwell-Lösung ziehen lassen musste.

Meine Eltern, sowie Sarah waren hin und weg von unseren Ergebnissen und brachten jeden weiteren Abend der Sommerferien einen Toast aus, auf die angeblich schlausten Hexen von Chatsworth House. Von Nigel fehlte noch immer jede Spur und Rosamunde hatte verkündet beim nächstmöglichen Zeitpunkt eine Wahrsagerin aufzusuchen, um möglicherweise etwas über seinen Aufenthaltsort oder das Schicksal das ihn ereilt hatte, herauszufinden. Zu meinem großen Bedauern wurden auch Tom Riddles Briefe immer spärlicher und fast schon befürchtete ich, dass er mir aus dem Weg gehen wollte, bis er kurz vor Beginn des neuen Schuljahres, was gleichzeitig sein letztes sein würde, mitteilte, dass er sich schon darauf freute mich zu sehen und nebenbei durchschimmern ließ, dass er mich gerne zum diesjährigen Yule Ball einladen würde, der im Dezember stattfinden würde.

Anschließend gab es tagelang nur noch ein Gesprächsthema zwischen Ane und mir, da wir uns die wundervollsten Kleider ausdachten, die wir tragen würden, während ich auch noch darüber fantasierte, wie es sein würde in Tom Riddles Armen über die Tanzfläche zu schweben und die neidischen Blicke der anderen Mädchen zu ignorieren. Allerdings gab es doch noch ein anderes Thema, nämlich Carlyle Thynne, der den gesamten Sommer über mehr Zeit in Derbyshire als Somerset verbrachte und ständig irgendwelche Besprechungen mit meinem Vater abhielt, die mir zunächst ein wenig suspekt erschienen und ich befürchtete schon, dass hinter meinem Rücken etwas arrangiert wurde, was meine persönliche Zukunft betraf. Doch dann schrieb meine ältere Schwester eines Tages in einem Brief, dass es dem Lord of Bath immer schlechter gehen würde und er nicht mehr die Kraft dazu hatte seinen Sohn in die Führung eines Familiensitzes einzuweihen, weswegen diese ehrenvolle Aufgabe meinem Vater übertragen wurde. Danach machte ich gerne stundenlange Spaziergänge durch den Garten mit ihm und musste mir am Ende der Ferien eingestehen, dass ich seine Anwesenheit schätzte, da er sehr humorvoll und gleichzeitig gebildet war. Aufgrund dessen versprachen wir uns jeden Tag einen Brief hin und herzuschicken, obwohl ich nicht sagen konnte, ob ich das, während dem laufenden Schulbetrieb noch schaffen würde.

Trotz des Abschiedes von Carlyle war ich froh, als im September endlich wieder die Schule begann, nicht nur weil ich Tom wiedersehen wollte, sondern auch weil ich die alten Gemäuer von Hogwarts vermisst hatte und mir Sorgen um Eva machte, genauso wie Ane, da sie fast den gesamten Sommer über nichts von sich hatte hören lassen.

Hogwarts, 1944

„Sie sieht alles andere als glücklich aus", murmelte mir Ane zu, nachdem sie unsere Freundin am Slytherintisch entdeckt hatte. Dunkle Schatten zeichneten sich unter ihren Augen ab und sie hatte definitiv an Gewicht verloren. „Glaubst du sie hat die ZAGs nicht bestanden?", antwortete ich ihr, hielt dabei aber meinen Blick fest auf Evangeline gerichtet, fast so, als könnte ich damit ihre Gedanken lesen. „Mir wurde zugetragen, dass sie noch vor ihrem Schulabschluss in eine Zwangsehe gesteckt wird, das habt ihr aber nicht von mir", der Einwurf kam von Clara Marks, einer Siebtklässlerin, die, soweit ich wusste zum schottischen Landadel gehörte, weswegen ihre Informationen sicherlich nicht ganz aus der Luft gegriffen waren. Der verzweifelte Blick, den ich daraufhin von Ane bekam, bestätigte diese Vermutung nur noch mehr.

Afterglow - TOM RIDDLE Where stories live. Discover now