II

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"Mode kommt aus einer Traumwelt. Und Träume sind die Rettung vor der Wirklichkeit." - C. Dior

Die Winkelgasse, 1939

Am nächsten Tag konnte ich meine Aufregung kaum im Zaum halten, weswegen ich beim Frühstück fast keinen Bissen herunterbekam. „Du wirst noch ohnmächtig werden...mitten in der Winkelgasse, wenn du nichts isst", ermahnte mich Mary mit einem besorgten Blick und schaufelte etwas Rührei auf meinen Teller. „Vielleicht spart sie sich ihren Appetit für die Schokofrösche auf", warf mein Bruder ein, der sich hinter einem Buch über Quidditch-Techniken versteckt hatte. „Weißt du, es ist ja löblich, dass du liest, aber wäre es nicht angebrachter ein paar Schulbücher durchzugehen, anstatt diesem Mist", Sarahs Worte klangen ziemlich zynisch, aber ich musste zugeben, dass Nigel etwas zu viel Zeit mit dem Ballsport verschwendete, was auch an seinen Noten zu erkennen war. „Aber wenn ich dieses Jahr wieder in die Hausmannschaft will, muss ich mich anstrengen", antwortete er leicht genervt, ohne von seiner Lektüre aufzusehen. „Du musst dich gar nicht anstrengen, denn Ravenclaw wird Gryffindor dieses Jahr platt machen", erwiderte ihm Sarah, wobei ein boshaftes Lächeln auf ihren Lippen erschien, während sie einen Schluck von ihrem Earl Grey Tee nahm. Nigel gefror in seiner Bewegung ein, doch ich konnte erkennen, wie seine Ohren einen roten Farbton annahmen und als er langsam sein Buch senkte, konnte man schon fast Angst bekommen, zumindest wenn man den Todesblick in seinen Augen sah. Wovon sich Sarah natürlich nicht einschüchtern ließ, stattdessen wartete sie nur darauf bis der Sturm losbrach, immerhin war es sozusagen ihr Hobby Nigel zu provozieren. Allerdings ergriff in diesem Moment Mary die Initiative: „Vielleicht gewinnt ja dieses Jahr Hufflepuff den Hauspokal", woraufhin kurz Stille herrschte, ehe Sarah und Nigel beide in schallendem Gelächter ausbrachen. „Hufflepuff ist jedes Jahr auf dem letzten Platz und daran wird sich auch in den nächsten fünfzig Jahren nichts ändern", japste Nigel, während Sarah vor Lachen fast an ihrem Tee erstickte. Beschämt sah Mary auf ihren Teller und fing an in den Resten ihres Rühreis zu stochern, jedoch hätte ich schwören können, dass sie noch murmelte: „Vor drei Jahren waren wir wenigstens Vorletzter".

Die zwei hatten sich noch immer nicht ganz beruhigt, als eine zierliche Hauselfe im Dining Room erschien und mir mitteilte, dass Mutter im Salon auf mich wartete, um mit mir in die Winkelgasse aufzubrechen. „Aber ich muss noch meine Schuhe holen", platze es aus mir heraus, weswegen ich unverzüglich aufspringen wollte, um in mein Zimmer zu rennen. „Ich habe ihre Schuhe bereits vor den Kamin im Salon gestellt, M'lady. Sowie ihren Mantel, da es heute recht stürmisch ist und ich nicht wollte, dass sie frieren", piepste die kleine Gestalt, weshalb ich mich rasch auf den Weg in den Salon machte. Allerdings konnte ich noch hören, wie Nigel sich bei der Elfe darüber beschwerte, dass sein gekochtes Ei noch etwas zu flüssig im Kern gewesen war und kurz kreuzte die Frage, weshalb mein Bruder nicht in Slytherin war, meine Gedanken, ehe ich zum Salon lostürmte.

„Da hat es ja jemand besonders eilig", stellte Mutter fest, während ich eilig meine Schuhe anzog, die frisch geputzt worden waren und meinen Mantel überzog. Mutter war bereits perfekt gekleidet in ihrem dunkelroten Mantel und den schwarzen Absatzschuhen wirkte sie sehr elegant, was sie aber fast immer tat. Heute hatte sie ihre Haare auch nach oben gesteckt, so wie es Sarah üblicherweise tat. „Kommt Vater nicht mit?", erkundigte ich mich neugierig, während ich neben ihr an den angeschürten Kamin trat. „Leider nein, er hat dringende Verpflichtungen, aber deswegen schenkt er dir natürlich trotzdem einen tierischen Begleiter, der mit dir nach Hogwarts reisen wird", erwiderte sie, jedoch konnte ich deutlich erkennen, dass eine gewisse Anspannung auf ihrem Gesicht lag, trotz ihres Lächelns. „Also ich dachte mir, dass wir das Flohnetzwerk nutzen, um in den Tropfenden Kessel zu gelangen, immerhin möchte ich dir den klassischen Eingang in die Winkelgasse nicht vorenthalten", erklärte sie mir und reichte mir dann das Flohpulver. Zwar war ich bereits einige Male zuvor damit gereist, dennoch hätte ich gelogen, wenn ich nicht zugegeben hätte, dass ich nicht aufgeregt war. Das Herz pochte mir bis zum Hals, als ich in das Feuer stieg, dass mich aber nicht verbrannte. „Schön deutlich sprechen", ermahnte mich meine Mutter, noch immer mit einem Lächeln auf den Lippen und Sekunden später verschwand alles vor mir, während ich das Gefühl hatte mich zu drehen, ehe ich auf der anderen Seite aus dem Kamin schritt. Kurze Zeit später tauchte meine Mutter hinter mir auf, die mit einem Schlenker ihres Zauberstabes den Ruß von uns beiden entfernte.

Afterglow - TOM RIDDLE Where stories live. Discover now