Verborgen unter Regenschirmen

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Matthew

Ich sitze in meinem Büro und starre gedankenverloren aus dem Fenster. Es ist ein regnerischer Tag und es sind nur wenige Menschen auf den Straßen. Auch ich bin froh, im Inneren der Kanzlei zu sitzen, allerdings fällt es mir heute ziemlich schwer, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ich weiß nicht woran es liegt, aber es kommt mir wie eine Zeitverschwendung vor. 

Abermals starte ich einen Versuch, die Notizen vor mir durch zulesen, aber wieder schaffe ich es nicht lange. Stattdessen betrachte ich mein Spiegelbild in der Glasplatte des Designer Schreibtisches. Auf den ersten Blick sehe ich aus wie immer, aber in meinen Augen liegt ein seltsames Funkeln. Ein unternehmungslustiges Funkeln, welches  Hannah stets im Gesicht trägt. 

Der Ausdruck in meinen Augen lässt mich jünger wirken, nicht wie ein Mann in den Mittvierzigern. 

Da ich gerade eh keine Konzentration für den Fall auf meinem Schreibtisch habe, beschließe ich mir einen Kaffee zu holen. Ich verlasse also mein Büro, gehe den langen Flur entlang und betrete die Kaffeeküche. Ich stelle mich hinter eine junge Frau, die ich hier noch nie gesehen habe. Vermutlich ist sie eine Praktikantin. Die Blondine nimmt sich eine Tasse, stellt sie in die Maschiene, drückt auf einen Knopf und wartet darauf, dass sich die Tasse füllt. 

Verwundert schaue ich ihr zu. Ich verstehe nicht, warum sie es sich so schwer macht? Irgendwo tief in mir drinnen, weiß ich, dass es einfacher geht. Ich kann aber nicht sagen wie. Die Frau macht ja alles richtig, aber irgendwas sagt mir, dass es schneller geht. 

Die Praktikantin entnimmt ihren Kaffee, lächelt mir zu und verlässt den Raum. Kopfschüttelnd beginne ich mir mein Heißgetränk zu machen, wahrscheinlich schaue ich einfach zu viele Fantasy Filme, in denen die Magier ihre Getränke herauf beschwören.

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Zurück in meinem Arbeitszimmer,  lasse ich mich wieder in das Leder des Schreibtischstuhls sinken und hole meinen Terminkalender hervor. Ich muss drinkend schauen, wann ich den nächsten Termin mit meinem Klienten habe, denn bis jetzt habe ich ja noch nicht gerade viel erreicht. 

Als ich den Kalender aufschlage, schauen mir einige leere Felder entgegen, nur in einem steht etwas in meiner geschwungener Handschrift geschrieben. 

Seltsame Begegnung: Vogelscheuchenfrau plötzlich verschwunden

Verwirrt starre ich auf den Eintrag, den ich vor zwei Wochen gemacht habe. Erstens kann ich mich in keinster Weise an eine seltsame Begegnung mit einer Vogelscheuchenfrau erinnern und zweitens trage ich in den Kalender normalerweise nur dienstliche Termine ein. Diese Begegnung müsste schon äußerst seltsam gewesen sein, dass ich sie hier eingetragen habe. Wäre es so, könnte ich mich doch noch daran erinnern. So vergesslich kann ich ja nun wirklich noch nicht sein!

Der Termin mit meinem Klienten ist vergessen, genauso wie die aufgeschlagene Akte vor mir. Stattdessen versuche ich mich vergeblich an diese Begegnung zu erinnern. Zu meinem Entsetzen weiß ich überhaupt nichts mehr, was an diesem Tag passiert ist. Ob ich vielleicht mal zum Arzt gehen sollte?

Ich beschließe nicht länger über die Sache nachzudenken, sondern stattdessen meine Frau zum Essen auszuführen. Also schreibe ich ihr eine Nachricht, dass wir uns in zehn Minuten auf dem Platz vor der Kanzlei treffen. Zugegeben ist auch das eine Entscheidung die ich sonst nie treffen würde, denn eigentlich habe ich noch drei Stunden zu Arbeiten. 

Ob ich mir in den letzten Tagen mal den Kopf gestoßen habe? Das würde erklären, dass ich mich an einiges nicht mehr erinnern kann, aber dafür plötzlich so unternehmungslustig bin. Ich werde bei Gelegenheit einmal Hannah  fragen.

Ich schlüpfe in meinen Mantel und verlasse die Kanzlei.

Auf dem Platz vor dem Gebäude tummeln sich plötzlich viel mehr Menschen als vorhin. Alle sind unter ihren Regenschirmen verborgen, die ein buntes Farbenmeer bilden. Grüne, rote, blaue, orangene Schirme, manche mit Streifen, andere mit Punkten. Es ist bereits dunkel, schließlich ist es auch schon fast acht. Plötzlich bin ich unheimlich froh meine Spätschicht heute, zu schwänzen. Auf dem Platz herrscht eine so gemütliche Stimmung, trotz des Regens der mir den Rücken hinunter läuft. 

Ich ziehe meine Kapuze tiefer ins Gesicht und mache mich auf die Suche nach Hannah. Allerdings stellt sich das als schwieriger heraus, als gedacht. Unter den ganzen Regenschirmen, den meiner Frau auszumachen ist in etwa so einfach, wie die Nadel im Heuhaufen zu finden! 

"Matthew! Hier her!", höre ich plötzlich die glockenhelle Stimme von Hannah. 

Sie steht nur etwa zehn Meter von mir entfernt. Rasch gehe ich auf sie zu. Ihre blonden Haare hängen ihr feucht ins Gesicht, aber sie strahlt mich begeistert an. Schnell schlüpfe ich zu ihr unter den Schirm und ins trockene. 

"Matthew, ich habe mich so gefreut, als du geschrieben hast! Wir waren schon solange nicht mehr zusammen aus.", begrüßt sie mich begeistert und umarmt mich stürmisch.

Ich lächle:"Ich weiß auch nicht, heute wollte ich irgendwie rauß, irgendwas machen. Aber sag mal, weißt du was hier los ist? Vorhin war hier kaum wer auf der Straße."

Das Lachen meiner Frau wird noch ein bisschen größer, als sie erklärt:"Heute ist doch hier das Konzert, weißt du nicht mehr? Wir wollten letztes Jahr hin,  aber du musstest arbeiten, wie  heute. Eigentlich hättest du letztes Jahr auch schon einfach früher aufhören sollen."

Ach ja, das Konzert. Jedes Jahr findet hier ein Konzert statt, wo jeder kommen kann. Hannah wollte schon immer hin, aber bis jetzt konnte ich nie. Ich will gerade etwas zu ihr sagen, als ich eine Frau in der Menge erspähe. 

Sie trägt ein buntes Kleid, schwarze Stiefel und hat einen Holzstab hinter'm Ohr stecken,irgendwie kommt sie mir bekannt vor und wenn mich nicht alles täuscht, zwinkert sie mir zu. Ehe ich genauer hinsehen kann, ist sie auch schon wieder weg. Nachdenklich schaue ich auf die Stelle, wo sie gerade noch gestanden hat, aber dann fasse ich einen Entschluss.

Es ist egal,  von welcher seltsamen Begegnung ich in meinem Terminkalender geschrieben gabe, es ist egal, dass ich denke, dass man Kaffee auf eine andere und wesentlich einfachere Weise machen kann und es ist auch egal, wer diese Frau da gerade war! Was zählt, ist jetzt Hannah. Ich habe so ein verdammtes Glück mit ihr und das sollte ich in vollen Zügen genießen!

Ich schaue Hannah in die Augen, beuge mich hinab und gebe ihr einen Kuss.

Und dieser Kuss, verborgen unter Regenschirmen, gehört zu den Besten!


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Heyy,

ich melde mich auch mal wieder aus dem Lockdown 😉

Das Kapitel ist ziemlich unspektakulär, im Vergleich zu den letzten, aber wir wollten einfach noch einmal ein Matthew Kapitel machen. Mit diesen 1131 Wörtern, verabschiedet sich Matthew endgültig. Das war das letzte Mal, dass wir von ihm hören.

Auch wenn er nicht wirklich eine große Rolle gespielt hat, habe ich ihn ins Herz geschlossen, ihr auch?

Da das Buch ja bald endet, sucht ihr vielleicht neuen Lesestoff. Ich habe vor kurzem eine Zweite Rumtreiber Fanfiction begonnen, vielleicht schaut ihr mal rein 😉 Sie heißt Against all principles.

Ich wünsche euch noch einen schönen Samstag, schneit es bei euch auch?

Jules

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