Die lebende Vogelscheuche

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Matthew

Ich trinke hastig den warmen, fast heißen Kaffee, dessen Geruch mich immer beruhigt. Die heiße Flüssigkeit gleitet meine Kehle hinunter, während ich eilig das Haus verlasse. Ich bin schon wieder spät dran! In wenigen Minuten wird die U-Bahn abfahren... ich muss mich wirklich beeilen! Und bis zur Station muss ich noch einige Meter gehen.
Ich renne beinahe, die braune Aktentasche unter den Arm geklemmt, die Straße entlang. Vorbei an Müttern, mit ihren Kinderwagen. Ich muss an meine eigenen Kinder denken und meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Vorbei an rauchenden Tennagern, die mich an mein eigenes jüngeres Selbst erinnern. Erneut schmunzle ich. Vorbei an älteren Damen, die ihre Hunde ausführen. Ich zwinkere ihnen zu, worauf sie verlegen eine Hand vor den Mund halten. Meinen Charme habe ich nicht verloren. Dafür aber meinen Job, wenn ich mich nicht beeile. Ich erreiche die U-Bahn-Statipn, dränge mich durch die Menschenmengen und murmle Entschuldigungen. Ich mache einen großen Satz nach vorne, sodass mein Fuß gerade so nicht in den sich schließenden Türen des Wagens eingeklemmt wird. Ich muss wirklich früher aufstehen! Aber wenn das Bett doch so schön warm ist... Ich versinke in Gedanken bis die U-Bahn erneut anhält. Die Türen des Waggons öffnen sich und eine  Frau betritt das Abteil. Die Frau trägt ein pinkes Kleid, das ihr gerade mal bis unter den Hintern reicht, hat ihre weißen Haare zu einer üppigen Lockenfrisur hochgesteckt und sieht mit ihrem Make-up aus wie eine Diva aus den Neunzigern. Die weiße Seidenstrumpfhose passt perfekt zu den hochhackigen Schuhen in knalligem Rosa. Das Merkwürdigste ist jedoch der hölzerne Stab, der die feinen Nadeln in ihrem Haar ersetzen soll. "Hab ich etwas im Gesicht?", fragt sie mit glockenheller Stimme und legt den Kopf schief. Ich muss sie wohl zu lange angestarrt haben. "Nein, aber in den Haaren"
Sie lacht. Ein reines, helles Lachen, wie die Perlen einer Auster. "Achso..." Sie macht keine Anstalten, es zu entfernen. Aus einem ihm unergründlichem Antrieb verspürt er den Drang, etwas zu sagen. "Müssen sie auch in die Arbeit?"
Was für eine Frage...Es wird wohl kaum einen Arbeitgeber geben, der Frauen in knalligen Kleidern, hohen Schuhen und  unordentlichen Haaren und Holzstäben im Haar einstellt.
"Ja"
"Was?" Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch.
"Ja, ich bin auch auf dem Weg in die Arbeit." Erwidert sie lachend.
"Oh...ähm...natürlich..."
"Sie sind heute wohl etwas neben der Spur, was?"
Einsetzt Blicke ich die seltsame Frau an. Noch nie hat jemand so etwas zu ihm gesagt. Empört drehe ich der seltsamen Frau den Rücken zu... soll sie doch weiter herumlaufen, als wäre Sue eine Vogelscheuche! Mir doch egal!
Nach etwa drei Minuten tippt mir jemand auf die Schulter. Erschrocken fahre ich herum. Ich bete, dass es nicht die seltsame Frau ist, aber dieses Glück habe ich nicht. "Müssen sie hier nicht raus?" Eine so einfache Frage, aber sie macht diese Frau noch merkwürdiger. Ich blicke auf die Anzeige. Und tatsächlich! Ich mussvhier raus! Aber woher kann die Frau wissen, sodass ich hier aussteigen muss? Wer war sie?
Ich steige aus dem Wagen und verlasse den Bahnsteig. Ich trete wieder an die frische Luft.
"Es ist jedes Mal eine Erlösung, wenn man dort unten heraustritt!" Es ist die seltsame Frau. Verfolgt sie mich? Ich antworte nicht, sondern setze meinen Weg fort. Als er fünf Minuten später einen Blick über die Schulter riskiert, ist sie nach wie vor hinter ihm und presst ihr Gesicht an die Scheibe einer Konditorei und blickt sehnsüchtig auf die Haufen Cupcakes, Torten und Kuchen, die dort im Angebot sind. "Hätten Sue jetzt nicht auch gerne einen Vanille-Cupcake?" Sie wendet sich an mich und blickt mich hoffnungsvoll an. "Wenn Sie einen Cupcake wollen, dann kaufen Sie sich halt einen", seufzt er. Sie mustert ihn einen Moment nachdenklich, bevor sie in ihrer überdimensionalen Handtasche grub und irgendetwas suchte. Moment... wo ist die denn jetzt hergekommen? Die Tasche hat die Frau doch in der U-Bahn noch nicht mit sich getragen, oder? Ich drehe wohl allmählich durch!  Die Dame zieht ein paar seltsame Münzen hervor, die ich noch nie zuvor gesehen habe. "Denken Sie, ich kann damit zahlen?" Sie sieht mich fragend an. Ich stöhne. Ich reiche ihr einen Fünf-Dollar-Schein. "Aber nehmen Sie mir auch einen mit!" Sie dreht sich um und das Klappern ihrer Absätze unterstützt ihre Schritte, die drei Minuten später erneut ertönen, als sie den Laden wieder verlässt.
Sobald ich den Cupcake in den Fingern habe, drehe ich mich um und gehe weiter. Ich will gerade in das Küchlein beißen, als die Frau hinter mir quietscht: "Haben Sie jemals etwas derartiges gegessen? Es ist einfach nur himmlisch!"
"Ja-ha" genervt antworte ich.
"Was denn?" Fragt sie mich empört.
"Verfolgen Sie mich?"
Entgeistert schaut sie mich an. "Nein! Ich habe doch bereits gesagt, dass ich in die Arbeit muss!"
"Sonst müssen Sie aber einen anderen Weg genommen haben, denn ich erinnere mich nicht an Sie"
"Mmmhh, früher bin ich durch den Kamin gekommen"
Hab ich das gerade richtig verstanden? "Sind Sie eine Freundin des Weihnachtsmanns oder etwas ähnliches?"
Sie schmunzelt, antwortet jedoch nicht.
Ich schüttle den Kopf und biege in eine Gasse ein, die fast nur ich kenne... Aber diese Frau anscheinend auch. War sie vom FBI und soll mich unauffällig beschatten? Sie war erstaunlich schlecht darin! Ich passiere die Telefonzelle, bleibe stehen und ziehe mein Brillenputztuch hervor. Sein Blick fällt auf die Frau, die ihn entsetzt ansieht. Sah sie jetzt schon Gespenster oder etwas ähnlich dämliches?
"Sie...Sie arbeiten gar nicht hier?"
"Nein." antworte ich bestimmt.
"Das hast du ja mal wieder toll gemacht, Marleen!"
Ich runzle die Stirn. Ich heiße doch nicht Marleen. Doch dann wird mir bewusst, dass die Frau - Marleen - ein Selbstgespräch führt. Natürlich!
"Einen fremden Mann aus der U-Bahn für einen von uns zu halten! Dabei ist er ein einfacher Muggel..."
Ich Blende ihre Worte aus und denke darüber nach, was Sie wohl mit Einer von Uns meint. Denkt sie etwa, dass ich auch beim FBI arbeite? Das würde zumindest erklären, weshalb sie sich mir gegenüber so aufgeschlossen verhalten hat... "Alles in Ordnung mit Ihnen?", frage ich besorgt. Nicht dass die hier noch hyperventiliert!
Sie nickt: "Ich muss Ein wichtiges Telefonat führen"
Perplex starre ich ihr hinterher, als sie die Telefonzelle betritt. Angestellte des FBI telefonieren gewöhnlich nicht in einer Telefonzelle, vor Allem nicht in einer Stadt wie London, wo man quasi immer mit Überfällen rechnen muss! Verwirrt wende ich mich erneut meiner Brille zu. Keine Ahnung, weshalb die immer dreckig war! Mein Handy klingelt. Ich starre den Bildschirm an. Es ist meine Frau. Wahrscheinlich will sie, dass ich nach der Arbeit noch einkaufen gehe oder so. Ich hebe ab: "Guten Morgen, Schatz!"
"Guten Morgen, Matthew!", die klare Stimme meiner Frau - Hannah Quinn - ertönt am anderen Ende der Leitung, "Könntest du nach der Arbeit vielleicht noch ein paar Dinge besorgen?"
Ich grinse. Wie gut ich meine Frau doch kenne!
Ich öffne die "Notizen"-App auf meinem Smartphone und lausche konzentriert. "Also ich brauche Kartoffeln, Joghurt, Klopapier, Kaffee, Milch, Schlagsahne, Nutella, Katzenfutter und die neue BRAVO. Ich blinzle überrascht.
"Seit wann interessiert dich denn die BRAVO?", frage ich verwirrt.
"Ach, meine Freundin hat mir erzählt, dass es darin einen Artikel über Ester Expòsito gibt"
Meine Augenbraue schießt nach oben. Ich muss ja nicht über jeden Bescheid wissen! Ester Expòmirdochegal! Pff!
"War das alles?", will ich wissen.
"Ja, danke"
"Gern geschehen, hab noch einen schönen Tag!" Ich lege auf. Mein Blick fällt auf den roten Lack der Telefonzelle. Marleen ist immer noch nicht wieder herausgekommen! Mit wem telefoniert die denn so lange?! Wahrscheinlich bestellt sie sich gerade ihre neue Vogelscheuchenuniform! Ich warte weitere fünf Minuten, um sicherzugehen, dass sie keinen epileptischen Anfall hatte, dann beschließe ich nachzusehen. Ich öffne die Tür der Zelle und sehe...
...nichts. Absolut nichts ist in der Telefonzelle! Ich habe die Telefonzelle die ganze Zeit über angestarrt. Die Frau kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben...
Oder etwa doch?

**************Liebe Leserinnen, Liebe Leser, wir hoffen sehr, dass euch unsere Arbeit gefällt und inspiriert. Uns tut es Leid, dass man nicht erfahren hat, was mit Kandidat Louis Lestrange passiert, aber wie sagt man so schön? Die Folter der Leser ist das Autors Freud! 😂 Also wir können euch versichern, dass man im nächsten Kapitel etwas über Louis erfahren wird, aber da ist noch etwas Zeit hin. Bis dahin freuen wir uns über Kritik, Lob, Verbesserungen, Votes, Kommentare, Follower! Viele Grüße an euch! Jules und Z3no!*************************************

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