~Kapitel 33~

39 4 2
                                    

Die Kirchturmuhr schlug zwölf und mit dem letzten Glockenschlag verstummte auch die Musik. Enya war vollkommen außer Atem und strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatten. 

Auf der Bühne hatte ein gewisser, altbekannter Moderator die Stimme erhoben. ,,Liebe Bewohner von Cizea, die alle den Ausgang des Wettkampfes auf den Wellen mit großer Spannung mitverfolgt haben, kommen wir nun zu der Siegerehrung. Wie alle wohl mitbekommen haben, hat das Team von Belande unter der Führung von Enya Waterstorm den Sieg mit sich nach Hause genommen. Ds wäre das erste Mal seit vielen Wettkämpfen, dass Belande gewinnt!" Eine Bewegung neben ihr ließ Enya zusammenfahren, doch als sie sich zur Seite drehte, standen dort nur Febin und Ilyas, der sie anlächelte, was Enya erwiderte. ,,Doch wir wollen auch den Opfern gedenken, die in diesem Wettkampf gestorben sind", fuhr der Moderator fort und begann, die Namen der Toten aus den anderen Ländern aufzuzählen. 

Enya war schockiert, wie viele es doch waren und den Namen der Personen, die ein eigenes Leben, eine eigene Geschichte hatten, zu hören- die sie umgebracht hatte- hinterließ ein flaues Gefühl in ihrer Magengegend. Als Naemis und Neos Namen fielen, zuckte sie kurz zusammen. 

,,Allerdings wollen wir heute auch den Sieg feiern und das Preisgeld für die Mitglieder des Teams Belande vergeben. Ich bitte alle fünf nun auf die Bühne!"

Enya warf einen Blick zu Ilyas, der noch einmal kurz die Hand von Febin drückte, der Ilyas noch einen kurzen Kuss auf die Wange gab und ihn stolz ansah, bevor er ihn losließ, damit er auf die Bühne gehen konnte. Enya drängte sich hinter ihm her durch die Menge und stieg dann hinter ihm auf die Bühne, wo das Flutlicht sie umgab. Auch Cera, Freya und Elian waren inzwischen auf der Bühne und sahen in die Menge, die laut jubelte, applaudierte und ihre Namen rief. Doch irgendwie machte Enya dieser Anblick wütend. 

Für sie alle war das nur ein Spiel, ein wenig willkommene Unterhaltung, die Menschen, die dort ihr Leben gaben, waren ihnen doch letztendlich egal, Figuren in einem Theaterstück, die man schnell wieder vergaß. 

,,Dürfte ich bitte etwas fragen?", wollte Enya an den Moderator gewandt wissen, woraufhin dieser nur mit den Schultern zuckte, die Hand an Enyas Kehlkopf legte und den Mund öffnete, das Gesicht zur Menge gewandt. Kurz war Enya verwirrt, dann sagte sie probeweise ,,Hallo?"

Ihr Stimme drang mehrfach verstärkt aus dem Mund des Moderators, auch wenn er selbst nichts tat. Leicht verstört sah Enya zu ihm, beschloss dann aber, sich nicht weiter davon stören zu lassen und begann zu reden: ,,Ihr alle seid bestimmt glücklich, dass wir gewonnen haben. Doch ihr solltet niemals vergessen, dass hinter diesen Namen, die gerade aufgezählt wurden, Menschen stehen. Menschen mit Familie, Menschen mit einer eigenen Vergangenheit und eigenen Gründen, an diesem Wettkampf teilzunehmen. Aber seid ehrlich: an wie viele von den eben aufgezählten Namen erinnert ihr euch noch? Wie viele habt ihr wieder vergessen, bei wie vielen ist es euch egal, was die Familie, die einen Bruder oder eine Schwester, einen Sohn, eine Tochter, einen Enkel, eine Enkelin, eine beste Freundin, einen besten Freund verloren haben? Die einen Lebenspartner verloren haben? Auch ich habe eine sehr gute Freundin und meinen... meinen festen Freund verloren. Sie sind beide gestorben. Für eure Belustigung. Damit ihr Freude an diesen Spielen habt. Fällt euch auf, wie barbarisch das ist? Ihr solltet euch ein Herz nehmen und noch einmal genau darüber nachdenken, wer hinter diesem Namen steht, der eben bei den Toten aufgezählt wurde, einen kurzen Moment des Schweigens aus Respekt vor denen, die in diesem Kampf ihr Leben gelassen haben", damit beendet Enya ihre Rede, trat einen Schritt zurück und sah in die Menge. 

Tatsächlich herrschte bedrücktes Schweigen unter den Zuschauern, einzeln wurde getuschelt, dann begann eine Person zu klatschen. Nach und nach stimmten immer mehr Leute ein, bis alle klatschten, doch es wurden keine Pfiffe oder Rufe laut. Das Klatschen war eher respektvoll und dankend anstatt übermütig. 

Kampf auf den WellenOnde histórias criam vida. Descubra agora