8 - Kalis Geschichte

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Ich räusperte mich. „Also, ich schlich mich an Bord des Severill-Flaggschiffs, als ich noch ein Nestling war. Und zwar obwohl Lyxh mehrfach darauf bestanden hatte, dass es eine dumme Idee war."

Die Pilotin prustete aus beiden Nasen. „Kali wollte unbedingt diesen Gelenianer in unserem Astrophysik-Kursus beeindrucken, der sie nicht eines Blickes würdigte. Sie war über beide Kiemen in ihn verschossen."

„Ist gar nicht wahr. Ich tat es, weil ich es tun konnte, es war eine Wette." Meine Kiemen brannten mindestens so heiss wie der Ausstoß unserer Plasmatriebwerke, so peinlich war mir das alles.

Aalyxh kicherte. „Ja, deine Wette brachte uns die ewige Freundschaft der ganzen Severill-Bande ein. Ganz abgesehen davon hast du mir nie erzählt, was genau du getan hast, um ihren immer-währenden Hass zu verdienen. Es muss ziemlich unverzeihlich gewesen sein."

Ich musste zugeben, dass sie in diesem Punkt recht hatte. Damals hatte mich die Scham davon abgehalten, jemandem die Wahrheit zu erzählen. Aber wenn es jemanden gab, der meine Ehrlichkeit verdient hatte, dann war es die Crew, die mir treu und ohne Aufmucksen bis hierher gefolgt war, an den Rand eines schwarzen Lochs und in einen tödlichen Ionensturm.

Ich zog meine Gurte fest, um zu verhindern, dass ich in meinem Sessel herumgeworfen wurde, und fummelte nach den passenden Worten. Damals war ich so jung und arglos gewesen. „Nun ja, ich schlich mich beim Schichtwechsel der Werftarbeiter an Bord, die mit Unterhaltsarbeiten am Schiff des Flottenkommandanten betraut waren. Es war recht  einfach, mich als Kind einer oolianischen Arbeiterin auszugeben."

„Ernsthaft?" Ben schien zumindest seine Übelkeit vergessen zu haben.

Sein ungläubiger Ausruf nötigte mich zu einer Erklärung. „Ich hatte damals meine Babyhaut noch nicht vollständig abgeworfen und konnte problemlos für ein Kleinkind durchgehen. Alle Aliens habe Mühe, unser Alter einzuschätzen, vor dem Abschluss der Hautmetamorphose. Wir sehen für sie alle gleich aus. Allerdings habe ich es nicht weit geschafft. Eine Wache schnappte mich, fragte die Oolianerin hinter der ich herging, ob ich ihr Balg sei, und brachte mich zum Boss der Severills. Dort machte ich einen fatalen Fehler."

Alle Augen waren jetzt auf mich gerichtet. Ich sog Luft durch meine Kiemen, bereit, mein langgehütetes Geheimnis preiszugeben, als Hijac die Brücke betrat. Trotz der rollenden Schiffsbewegungen balancierte er ein Tablett, überladen mit Nahrungspaketen. „Sandwiches für Ben und Lyxh, eine Portion frittierter Gookookies für Hrrovr und für Captain Kalina ihre bevorzugten schwammigen Algen, eingelegt in Salzlauge."

Alle bemühten sich, die Pakete aufzufangen, die Hijac schwungvoll mit vier Armen verteilte. Ich verfehlte meines beinahe und ballte meine Hand hart genug um den Beutel, dass ich ihn mit einer Kralle perforierte. Salzige Flüssigkeit rann meinen Arm entlang und ich leckte sie hastig auf. Der Geschmack war himmlisch und erinnerte mich daran, dass ich meine letzte Mahlzeit vor dem Besuch auf Tyrin eingenommen hatte. Kein Wunder fühlte ich mich ausgelaugt. „Danke, Jac."

„Gerne." Der Karjkaner steckte einen Strohhalm in seinen eigenen Behälter und sog geräuschvoll an seinem Proteincocktail. „Habe ich etwas Wichtiges verpasst?"

Und damit löste sich meine heimliche Hoffnung in Luft auf, die Unterbrechung würde die Crew ablenken und mir das Weitererzählen ersparen. Aalyxh zwinkerte. „Wir haben Kali endlich dazu gebracht, uns die unverblümte Wahrheit über ihre mysteriöse erste Begegnung mit den Severills zu erzählen."

„Oh." Der scharfe Pfeffergeschmack, der die Brücke füllte, brannte in meiner
Nase, und Ben nieste laut in ein Taschentuch. Der Karjkaner klickte mit seinem Unterkiefer, ein Bild der personifizierten Neugier. Nein, für mich gab es keinen Ausweg. Ich musste da durch.

Der Fluch der Topsy-Turvy | Wattys 2021 GewinnerWhere stories live. Discover now