3 - Das Geheimnis von Tanencha sy Tyrin

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Ich stutzte. Exquisite Abenteuer? Berühmte Besatzung? Was war aus meinen ständigen Bemühungen, mich unauffällig zu verhalten, geworden? Aus dem Versuch, ungesehen unter dem Radar der Behörden zu fliegen? Scheinbar musste ich noch auf anderen Ebenen Misserfolge verbuchen als nur auf der finanziellen.

Ich schluckte einen Seufzer hinunter. Die Zeiten waren hart für kleine Frachter wie meine Topsy. Vielleicht sollte ich meine Bemühungen, eine lukrative Fracht zu finden, besser einstellen und stattdessen versuchen, mit Berichten über meine Abenteuer Geld zu verdienen. Unter Umständen entpuppte sich das ja als eine Goldgrube. Die wild durch meinen Kopf schwirrenden Gedanken machten es mir schwer, einen unbeteiligten und professionellen Gesichtsausdruck beizubehalten.

Aber ich hatte keine Zeit, mich von meinem angeborenen Zynismus ablenken zu lassen. Deshalb nahm ich meine Maske ab. Die Geste barg zwar ein gewisses Risiko, aber laut dem FORP, dem Führer zu den obskuren Rand-Planeten, war das der beste Weg, das Vertrauen der Tyrinianer zu gewinnen. „Bitte teilen sie ihrer Hoheit mit, dass ich angenehm überrascht bin, wie gut sie über unsere unbedeutenden Reisen informiert ist. Es ist mir eine große Ehre, ihr unsere Dienste anzubieten."

Ein erster, verhaltener Atemzug bestätigte die Messung des Scanners, den ich am Gürtel trug. Die Luft stank wie die Geisir-Kloaken auf Schakalekika Fünf, aber sie war atembar. Ben zögerte nur einen winzigen Moment, bevor er meinem Beispiel folgte. Er leistete damit einen enormen Beitrag an unsere Glaubwürdigkeit. Nichts erweckt soviel Vertrauen wie dieser sanfte Blick aus zwei feuchten, menschlichen Augen und die natürliche Unschuld eines weichen, wohlgerundeten Körpers. Keine einzige Klaue, kein scharfer Zahn oder giftiger Stachel der bedrohlich wirken könnte. Ich war froh, dass Menschen ihre Aggressivität vorwiegend verbal äußern, und dass Ben zu den ruhigen Typen gehörte.

Die Sprecherin tauschte sich in unverständlichen Tentakelbewegungen mit der lokalen Matrone aus. Unterdessen glitten Salincha und ihre eigene Sprecherin unauffällig davon. Ich versuchte, meine Nervosität zu verstecken, indem ich die leuchtenden Baby-Schnecken beobachtete, die ihre farbigen Schleimspuren über Wände und Decken zogen. Sie bewegten sich überraschend schnell und besiedelten den Dom zu Hunderten. Trotzdem schienen sie nie zusammenzustoßen. Das Ganze wirkte wie ein gut choreographierter Tanz. Unvermittelt fragte ich mich, ob es sich hier um eine Schwarmintelligenz handeln konnte.

Die Stimme der Sprecherin riss mich aus meinen analytischen Gedanken. „Die Tanencha möchte sie bitten, ihr den Gefallen zu tun, eine Kiste mit Fracht zur Kolonie auf Sqia'lon Sieben zu transportieren."

Eilig durchkämmte ich meine Erinnerungszellen nach Informationen über die Destination, sicher, dass ich den Namen schon gehört hatte. Aber der Zusammenhang entging mir. Das Sternsystem Sqia lag auf der umstrittenen und unscharfen Grenze zwischen dem Einflussbereich der Allianz Unabhängiger Planeten, der AUP, und der Union der Empfindungsfähigen Wesen, der UEW. Es war eine ganze Weile her, seit wir uns in diesem Gebiet aufgehalten hatten, aber es lag auch nicht weit außerhalb unseres üblichen Aktionsradius. Vermutlich besaßen wir sogar die notwendigen Navigationskarten.

Ich zuckte die Schultern. „Sicher, warum nicht."

„Ausgezeichnet. Die betreffende Kiste ist nicht sehr groß, es sollte also kein Problem sein, zusätzliche Fracht zu laden um die Reise lohnend zu machen."

Ich nickte, obwohl ich daran meine Zweifel hatte. Wir diskutierten hier nicht gerade über die galaktische Seidenstraße. Aber wenig Fracht war besser als keine Fracht. Das hatte ich früh in meiner Captain-Karriere lernen müssen. „Wir werden unser bestes geben, um ihren Auftrag zu gebührender Zeit auszuführen."

„Zeit, fürchte ich, ist von entscheidender Bedeutung." Die Augenstiele der Sprecherin zitterten. Ich fragte mich, ob sie damit die Bedeutung ihrer Worte unterstrich. „Zudem würde die Tanencha es begrüßen, wenn sie es verhindern könnten, das die Severills die Fracht in ihre Hände bekommen."

Der Fluch der Topsy-Turvy | Wattys 2021 GewinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt