30 - Ein Epilog

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Ich hob meinen Kopf aus dem purpurnen Wasser und ließ die Sonne von Chichigoon in mein Gesicht scheinen. Neben mir planschte Ajs im Wasser. Obwohl sie vorher noch nie geschwommen war, zeigte sie einmal mehr die erstaunliche Anpassungsfähig der Tyrinianer. Geschützt von ihrem Schleimmantel flitzte sie bereits nach wenigen Versuchen wie ein wendiger Fisch durch den Ozean.

„Danke, dass du mir Schwimmen beigebracht hast, Cap Kali."

„Du bist ein Naturtalent. Aber komm, wir sollten ans Ufer zurückkehren. Ben hüpft dort auf und ab als hätte ihn eine Sandspinne gestochen."

Tatsächlich begriff ich rasch, warum der Ingenieur gerade eine Tanzvorführung gab. Der Sand war siedend heiß. Ich zog mich deshalb gleich wieder ins knietiefe Wasser zurück. „Komm hier rein, Ben, das ist besser."

„Ich weiß nicht. Diese Farbe gefällt mir nicht. Wasser soll durchsichtig sein, oder höchstens blau oder grün."

Ich schüttelte den Kopf. „Die Farbe ist doch höchstens abhängig von den gelösten Mineralien. Du solltest dir ein Beispiel an Ajs nehmen. Die hat vorher noch nie einen Ozean gesehen."

„Eben." Trotz seiner finsteren Miene konnte der Mensch natürlich nicht hinter der kleinen Tyrinianerin zurückstehen. Schon bald planschte er mit ihr um die Wette. Ich hatte ihn noch selten so ausgelassen gesehen. Als kurz darauf Hijac angerannt kam, winkte Ben ihn heran. „Komm her, Jac, das Wasser sieht zwar eklig aus, ist aber wunderbar."

„Danke, nein. Ich mag es nicht, wenn meine Gelenkkapseln feucht werden. Der Sand hier gefällt mir ausgezeichnet. Captain, ich habe gerade Bescheid erhalten, dass das Ersatzteil für den Hyperraum-Antrieb nun eingetroffen ist. Sie beginnen morgen mit dem Einbau."

Ein Klumpen aus Schwermetall in meinem Magen löste sich auf. „Toll. Wir sollten das feiern. Wo sind Hrrovr und Lyxh?"

„Ich bin hier." Erst jetzt bemerkte ich Hrrovr, der sich fast vollständig in den Sand eingegraben hatte und sich von der Sonne die hellblauen Bauchschuppen rösten ließ. In dem himmelblauen Sand war er perfekt getarnt. Er hob einen Arm und zeigte hinter sich, auf eine Gruppe von krautigen Pflanzen mit riesigen Blättern. In ihrem Schatten standen einige Tische und Sitzgelegenheiten. „Lyxh'ss is'sst gleich da drüben, bei der Bar."

Ich fand, wir hatten eine Erfrischung verdient. „Worauf warten wir dann noch? Ich lade euch ein."

Ben studierte den blauen Sand mit einem Stirnrunzeln. „Und wie kommen wir da hin, ohne uns zu verbrennen?"

„Wir veranstalten ein Wettrennen, wie nach der Explosion auf Topsilina. Willst du mitreiten, Ajs?" Hijac näherte sich dem Wasser soweit wie möglich, ohne nass zu werden und streckte der Tyrinianerin ein Bein entgegen. Ohne zu zögern kroch sie daran hoch und klebte sich auf seinem Rückenschild fest. Immerhin musste ich mir so keine Sorgen machen, dass sie ihre Sohle verbrennen würde.

Ich grinste Ben zu. „Bereit? Dann los."

Direkt aus dem Wasser rannten wir, was das Zeug hielt. Wie erwartet konnten der Mensch und ich mit Hijac trotz dessen zusätzlicher Last nicht mithalten. Hrrovr, der gerade noch im Sand vergraben war, überholte uns und sah dabei aus, als müsse er sich nicht einmal besonders anstrengen, den farbenprächtigen Schwanz gerade ausgestreckt. Ben und ich keuchten wie immer ohne die geringste Chance hinterher. Im Schatten angelangt, schnappten wir beide nach Luft.

Aalyxh, auf einer bequemen Liege sitzend, hob ein Auge, um uns zuzusehen — die anderen blieben auf ihren Leser konzentriert. „Was ist denn jetzt wieder passiert?"

„Kali hat uns zu einem Drink eingeladen. Unser Ersatzteil wurde geliefert."

„Oh, das sollten wir wirklich feiern, selbst wenn damit der erholsame Urlaub wohl bald zu Ende geht." Der betont gequälte Gesichtsausdruck der Pilotin konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich darauf freute, wieder aufzubrechen.

Mit ging es ähnlich. Während Ben und Hrrovr die Getränke holten, ließ ich mich in einen Sessel fallen. Ich hatte, wenn ich nicht gerade im Meer schwamm, die Zeit genutzt um einige potentielle Aufträge zu akquirieren. Da wir noch nicht wussten, wie lange die Triebwerksreparatur dauern würde, war noch nichts fest, aber die Aussichten waren gut. Und wenn alles schief ging, oder das Leben uns zu langweilig wurde, konnten wir immer noch die Severills besuchen. Schließlich hatte mich Veran praktisch darum gebeten, vorbeizuschauen.

Abgesehen davon würde ich nur zu gern nach Topsilina zurückkehren und die Bibliothek näher erforschen. Vielleicht konnten wir sogar herausfinden, was aus den ursprünglichen Besitzern der unglaublichen Technologie des Portals geworden war. „Jac, was denkst du, könnten wir ein Portal nachbauen?"

Der Karjkaner wusste gleich, wovon ich sprach. Eine minzig-saure Wolke der enthusiastischen Begeisterung umhüllte mich. „Wir haben die Aufzeichnungen unserer Passage und soviel der originalen Dokumentation, wie ich auftreiben konnte. Das Material wird nicht einfach zu beschaffen sein. Aber es wäre eine angemessene Herausforderung, finde ich. Was meinst du?"

Wir kamen nicht dazu, das Problem weiter zu erörtern, da Ben und Hrrovr zurückkehrten, beladen mit Getränken und Snacks. Ich betrachtete meine bunt gemischte Crew, die sich mit Begeisterung darüber hermachte. Erst da bemerkte ich, das Hijac immer noch auf eine Antwort wartete. Ich grinste. „Wir sollten es versuchen. Schließlich haben wir einen Fluch und ein Schwarzes Loch überlebt. Zudem sind wir quer durch die Galaxis gesprungen, huckepack auf dem Schiff unserer Feinde. Was kann uns noch aufhalten?"

Die Kiefer des Karjkaners klickten verschwörerisch. „Wir wachsen mit den Herausforderungen, die wir annehmen."

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Der Fluch der Topsy-Turvy | Wattys 2021 GewinnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt