6. Oneshot Teil 3

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Wutentbrannt stapfte Claire schnellen Schrittes durch die zu beiden Seiten von großen Hecken gesäumte Einfahrt des Herrenhauses nach draußen auf den kleinen Feldweg, der in Richtung des nächstgelegensten Dorfes führte. Warum hatte sie diesem Mann eigentlich überhaupt ihre Hilfe angeboten? Er war ein bis auf die Knochen hasserfüllter, schlichtweg böser Mensch, er hatte ihre Freunde Jahre lang tyrannisiert, sie fast schon gequält und auch sie selbst wie Abschaum behandelt und trotzdem hatte sie ihm die Hand hingehalten, hatte gehofft in diesem brüchigen Mann eine Person zu finden, die sie verstand, die dieselben schmerzenden Gefühle in sich trug, die ihr zuhören könnte. Doch sie hatte sich bitter in ihm getäuscht, er hatte ihre Hand weggeschlagen, wollte sie nur für seine Zwecke ausnutzen. Draco Malfoy war noch immer derselbe Mensch, der er damals zu ihrer Schulzeit war, wie sie sich nun selbst eingestehen musste. Ein herrschsüchtiger Mann, der nur darauf aus war den größten Profit für sich selbst einzuheimsen, dabei auch über Leichen gehen würde und sich einen Dreck um die Gefühle anderer scherte. Eine einzelne Träne rann über ihr Gesicht, die sie energisch wegwischte, sie würde nicht wegen Draco weinen, nur, weil er ihre naiven Vorstellungen mit einem Schlag zunichte gemacht hatte. Nein, Draco hatte ihre Tränen nicht verdient.
Der eisige Novemberwind streifte ihre vor Wut erröteten, glühenden Wangen, schlich sich in das Innere ihres dünnen Herbstmantels und ließ sie zittern. Sie hatte sich viel zu dünn angezogen, wie sie nun zähneklappernd feststellen musste, hatte sie doch gedacht, sie würde den ganzen Tag in Dracos Haus verbringen. Genervt rollte sie die Augen. Wie konnte sie auch nur so dumm gewesen sein? Sie zog das dünne Stück Stoff noch etwas enger um sich, verschränkte die Arme vor der Brust und lief mit gesenktem Kopf entgegen des immer stärker werdenden Windes weiter. Sie wollte einfach nur so viel Abstand wie nur irgendwie möglich zwischen sich und dieses Gebäude bringen. Dass sie sich hier allerdings überhaupt nicht auskannte, blendete ihr vor Groll vernebelter Verstand gekonnt aus.

Zur gleichen Zeit hatte sich Draco auf einen Stuhl neben seinen Sohn fallen lassen und raufte sich angespannt die Haare. Er wollte nicht so aggressiv reagieren. Seit Monaten hatte sich keiner mehr in sein Leben, auch nicht in das seines Sohnes, eingemischt, er war lange auf sich allein gestellt gewesen. Natürlich gab es keine Entschuldigung für seine Worte gegenüber Claire, das war ihm mehr als bewusst, doch es war nicht leicht jemanden in sein Leben zu lassen für den man so viele gegensätzliche Gefühle hegte. Jahrelang hatte er sie und vor allem ihre Freunde gehasst. Naja, gehasst hatte er Claire nie wirklich, nur Potter und das auch nur, weil er ihn gehasst hatte. Und Weasly auch, ihn und seine restliche ekelhafte Familie. Aber auch Granger, wenn er mal so darüber nachdachte, konnte er noch nie wirklich leiden, mit ihrer besserwisserischen Art, einfach nur widerwärtig. Claire allerdings war anders. Sie war sehr klug, ließ es aber nicht so heraushängen, war freundlich, hilfsbereit und sehr mutig. Schon seit der ersten Klasse war er beeindruckt von ihr, von ihrem Talent, und das obwohl sie eine Muggelgeborene war. Er konnte es nicht leugnen, dass er irgendwann Gefühle für das Gryffindor-Mädchen entwickelt hatte, aber öffentlich zugegeben hätte er das natürlich nie. Als sie jedoch mit dem Weasly-Zwilling zusammengekommen war, hatte er eine solche Wut auf Claire entwickelt, es war nicht auszuhalten gewesen. Sein kaltes Herz, wie es von seinen damaligen Mitschülern beschrieben wurde, war in diesem Moment gebrochen, als er das verliebte Paar das erste Mal zusammen sah. Damals hatte er sich gefragt, warum sie lieber Fred Weasly, als sonst irgendwen und vor allem nicht ihn wollte, inzwischen verstand er es. Fred hatte sie auf Händen getragen, er hatte ihr seine ganze Liebe und Aufmerksamkeit geschenkt, war generell immer freundlich zu allen gewesen und sie hatten sehr viele Gemeinsamkeiten. Draco hatte die Beziehung lange beobachtet, hatte festgestellt, was sie so stark machte. Es war das Vertrauen, das sie einander entgegenbrachten, sie konnten sich immer aufeinander verlassen. Man hatte gemerkt, wie viel sie einander bedeutet hatten, akzeptieren konnte er das damals nicht. Seine Wut und Enttäuschung hatte ihn so weit getrieben, dass er seinen ganzen Frust an Claire ausgelassen hatte. Potter war in den Schatten gerückt, sein Fokus hatte nur noch auf Claire gelegen. Die Beleidigungen, die sie sich in den darauffolgenden Jahren hatte anhören müssen, waren mehr als unverschämt ihr gegenüber gewesen. Seit dieser Zeit war da dieses kleine Fünkchen Hass auf sie in ihm, das jahrelang seine eigentlichen Gefühle für sie verdeckte. Diese kamen erst einen Tag zuvor wieder ans Licht, als er sie Jahre später in dem Muggelcafé wiedergetroffen hatte. Und ja, vielleicht hatte er sich gewünscht, dass es dieses Mal nach dem Neuanfang vielleicht mit ihnen funktionieren könnte, aber er musste ja alles falsch machen, was nur irgendwie ging. Damit wäre er auch wieder beim Thema, denn vor ungefähr fünf Minuten hatte er sie vergrault. Draco bemerkte erst jetzt, dass ihn Scorpius bereits die ganze Zeit mitleidig ansah und ihm nun seinen Kuscheltier-Drachen hinhielt. Diese liebevolle Geste zauberte Draco ein von Tränen begleitetes Lächeln ins Gesicht und er nahm das Kuscheltier dankend an.
"Daddy, du hast mir doch gesagt ich soll lieb zu ihr sein, weil sie uns helfen will. Warum warst du dann gerade nicht lieb zu ihr?"
Draco viel es schwer weitere Tränen zu unterdrücken, er wollte nicht vor seinem Sohn weinen.
"Weil sie etwas gesagt hat, das mich wütend gemacht hat, obwohl sie Recht hatte."
"Und warum weinst du?"
"Weil sie mir viel bedeutet und ich nicht so gemein sein hätte dürfen. Jetzt ist sie weg und wird wohl auch nicht wiederkommen."
"Dann hol sie doch zurück!"
"Ich befürchte, dafür ist es jetzt leider zu spät Scorpius."
"Nein, du holst sie jetzt wieder zurück!  Sie ist nett und du magst sie und ich mag sie auch, also suchst du sie jetzt und holst sie wieder hier her! Außerdem ist ihr bestimmt kalt draußen."
Draco war geschockt, wie viel sein Sohn von seinen Gefühlen tatsächlich mitbekam, dass er bereits so reif sprach, obwohl er noch ein kleines Kind war. Aber Scorpius Worte regten etwas in ihm an. Er sah nach draußen. Es wehte ein starker Wind, bald würde es wohl zu regnen beginnen. Er dachte an Claires dünne Kleidung. Sie würde komplett nass werden und es war viel zu kalt für einen so dünnen Herbstmantel, das hatte er sich schon gedacht, als er ihn zusammengefaltet hatte, um ihn unter die Garderobe zu legen. Und somit fasste er einen Entschluss. Eilig nahm er seinen Sohn hoch, setzte ihn zu den Spielsachen in den Salon, schnappte sich seinen dicken Mantel und noch einen Zweiten für Claire, riss die Haustür auf, schlug sie schon fast hinter sich zu, zog sich im Laufen den Mantel über und apparierte ungefähr 500 Meter in Richtung des nächsten Dorfes, das trotzdem noch mehrere Kilometer entfernt lag. Der Wind peitschte ihm um die Ohren, die Kälte schlug ihre Klauen in die helle Haut seines Gesichts, aber nirgendwo war Claire zu sehen. Er rannte weiter den Kieselweg entlang, um eine Kurve, bis er Claires zarte Gestalt weit vor ihm ausmachen konnte, die sich auf einer alten Holzbank zusammengekauert hatte. Er nahm wieder an Geschwindigkeit auf, lief schneller und schneller, der Regen setzte ein, wurde vom Wind in sein Gesicht gepeitscht, doch er ließ sich davon nicht beirren. Völlig außer Atem kam er bei Claire an, der Regen prasselte auf die beiden herab, sie starrte ihn überrascht und zugleich wütend an. Draco keuchte, nach Atem ringend:
"Es tut mir Leid! Bitte komm mit mir!"

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Und schon wieder ich haha. Ich weiß nicht warum, aber seit ich wieder angefangen habe zu schreiben, hat es mich so gepackt, dass ich einfach weiter machen musste! Außerdem motiviert ihr mich extrem, wir haben mittlerweile schon über 500 Reads! Vielen Dank dafür auf jeden Fall! Diese Idee hat mich gefühlt an meinen Laptop gefesselt und ich hoffe euch macht es genauso viel Spaß beim lesen, wie mir beim schreiben. Ich sollte eigentlich schon die ganze Zeit meine Arbeitsaufträge machen, weil es mir ab morgen wahrscheinlich die Tage erstmal nicht so gut gehen wird, weil ich eine Hyposensibilisierung mache. Ich bin mal gespannt, wann ich dann wieder zum schreiben komme, aber ich hoffe bald! Bis dann!☺️

Draco Malfoy {Oneshots}Where stories live. Discover now