6. Oneshot Teil 7

535 25 4
                                    

Tack, tack, tack, tack. Der braune Inhalt der weißen Keramiktasse schwappte bei jeder Bewegung des alten Küchentisches gefährlich nahe an den Rand des Gefäßes. Tack, tack, tack, tack. Ihre Finger schnellten im gleichmäßigen Takt auf die glatte Oberfläche, ihre Fingernägel schlugen dabei durchgängig auf das Holz, immer einer nach dem anderen. Tack, tack, tack, tack. Nervös schielte Claire zu der alten Wanduhr ihrer Eltern. 17:58 Uhr. Wieso musste die Zeit auch so langsam vergehen? Und wo blieb Dracos Brief?

Seit dem Vorfall in der Bücherei hatten sie nicht mehr darüber gesprochen, er hatte sich zwar erklärt gehabt, doch Claire konnte und wollte ihm das nicht glauben. Sie ließ es allerdings darauf beruhen und hatte mit Draco noch eine ganz angenehme und nette Zeit verbracht. Nun saß sie daheim, es war Freitagabend, ihre erste Begegnung somit genau eine Woche her. Nach dem letzten Wochenende hatte sie wieder arbeiten müssen, musste die Jungs somit sich selbst überlassen und fühlte sich damit extrem unwohl. Draco hatte ihr versprechen müssen, ihr jeden Tag zu schreiben oder mindestens alle zwei Tage, damit sie sicher sein konnte, dass es den beiden auch gut ging, besonders aber Draco. Sie machte sich Sorgen um den jungen Mann, was vielleicht auch daran lag, dass sie in den letzten fünf Tagen Abends viel Zeit zum nachdenken gehabt hatte und zu dem Entschluss gekommen war, dass da definitiv etwas in ihr war, dass sich da echte Gefühle in ihr für den Blonden befanden, die sich nur mit dem Wort Liebe bezeichnen ließen. Ja, sie war definitiv verliebt in Draco Malfoy, das war ihr am Mittwochabend bewusst geworden, als sie sich einen Film angesehen hatte, in dem ein blonder, wirklich gut aussehender Mann die Hauptrolle gespielt hatte und sie während des ganzen Films nur Draco vor ihrem geistigen Auge an der Stelle des Schauspielers gesehen hatte und dabei mehr als eifersüchtig auf die Schauspielerin an seiner Seite gewesen war. Zudem hielten sie ihre Gedanken an ihn die halbe Nacht über wach und auch in ihren Träumen durfte ihr einstiger Klassenkamerad natürlich nicht fehlen.

17:59 Uhr. Sie hatte sich vorgenommen, dass sie, wenn er sich bis 18 Uhr nicht melden würde, zu drastischen Mitteln greifen würde. Bereits gestern hatte er sich nicht gemeldet und am Tag davor war sein Brief sehr kurz und ziemlich krakelig geschrieben gewesen, nicht wie sonst mit der ordentlichen, wunderschön geschwungenen Schrift. Knapp waren seine Briefe immer, das war nichts besonderes, er war kein Mann, der sich gerne in Briefen ausdrückte, er redete, wenn er überhaupt reden wollte, vorzugsweise persönlich mit der betreffenden Person. Claire war das nur recht, sie hasste es ewig lange Briefe zu schreiben, im Gegensatz zu Dracos, war ihre Schrift nicht gerade die schönste und teils schwer zu entziffern, das wollte sie niemandem antun. Der Sekundenzeiger bewegte sich gefühlt in einer Minute um eine Sekunde weiter, es war erst eine halbe Minute vergangen. Bei Merlin, seit wann verging die Zeit bitte so langsam?! Das war ja nicht auszuhalten! Wo blieb nur Dracos Brief? Nervös rutschte sie auf ihrem Stuhl herum. Das Fingertippen hatte sie aufgehört, nun spielte sie an einer ihrer braunen Haarsträhnen herum und kaute angespannt auf ihrer Unterlippe.

Drei Sekunden, zwei, nur noch eine, null. 18:00 Uhr. Claire erhob sich so ruckartig von ihrem Stuhl, dass dieser nach hinten kippte und mit einem harten Aufschlag auf den Boden knallte, doch das beachtete sie nicht weiter. Sie sprintete die schmale Treppe ihrer kleinen Haushälfte nach oben in ihr Büro und begann aufgewühlt eine Schublade nach der anderen aufzureißen, durchzuwühlen und mehr oder weniger ordentlich wieder hineinzuschieben. Verdammt, wo könnte er denn nur sein?! Hätte sie sich das nicht vorher überlegen können? Sie ging weiter zum nächsten Schrank, kramte in diesem herum, fand nicht was sie suchte, machte weiter mit der Nächsten. Warte! Es durchfuhr sie wie ein Blitz, als ihr wieder einfiel, wo sie ihn wahrscheinlich reingelegt hatte. Langsam drehte sie sich um und starrte auf ihren Schreibtisch, der mit einer Schublade unter der Arbeitsplatte versehen war. Auf einmal war sie die Ruhe selbst, nein, so konnte man es nicht bezeichnen, sie war ruhig, ja, aber sie hatte Angst, fürchterliche Angst. Mit zitternden Fingern griff sie nach dem Henkel der Schublade und zog vorsichtig daran. Sie öffnete sich und zum Vorschein kam eine längliche, dunkelgrüne Schachtel. Bedächtig holte sie sie heraus, schloss die Schublade wieder und legte sie auf den Tisch. Sie ließ sich auf ihren Schreibtischstuhl fallen und hob unsicher den Deckel der Schachtel. Die roten Seidentücher stachen ihr in die Augen, die sie mit ihren Fingerspitzen anhob und das, was darunter verborgen war, freilegte. Da lag er. In grünem Samt gebettet, nach Jahren noch immer genau so, wie sie ihn in Erinnerung gehabt hatte, direkt vor ihr.

Draco Malfoy {Oneshots}Where stories live. Discover now