10. Oneshot ~ I'll be home for Christmas

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"I'll be home for Christmas", summte ich leise vor mich hin, während ich den Tisch deckte. Mein Blick schweifte zu der großen Wanduhr in der Küche der Weasleys. Es war kurz vor acht. Die Sonne war schon längst untergegangen, draußen auf der Fensterbank lag zentimeterhoch eine dicke Schneeschicht und durch den Schein der Kerze auf dem Fenstersims, die langsam vor sich hin schmolz, konnte man die dicken Schneeflocken sehen, wie sie anmutig gen Boden schwebten. Ich seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Der Geruch von gebratenem Truthahn drang aus dem Ofen und das Gemüse brutzelte leise in der Pfanne vor sich hin, während ein Pfannenwender es in regelmäßigen Abständen durch das heiße Öl schob. Mrs Weasley dekorierte mit Ginny und Hermine das Wohnzimmer, die Jungs waren im Wald einen Tannenbaum schlagen. Ich hatte mich bereit erklärt das Essen vorzubereiten. Es war das erste gemeinsame Weihnachten seit dem Krieg. Und obwohl ich froh sein sollte, es mit meinen besten Freunden, meiner Familie feiern zu können, war dieser Tag der schlimmste seit Voldemorts Fall, denn zwei Personen fehlten. Mein bester Freund hatte sein Leben im Krieg gelassen. Fred hatte eine große Leere zurückgelassen, die im ganzen Haus zu spüren war. Tränen stiegen mir in die Augen, als ich an letztes Jahr Weihnachten denken musste. Obwohl Harry, Ron und Hermine auf der Jagd nach den Horkruxen gewesen waren und wir deshalb die Feiertage ohne sie verbracht hatten, hatte Fred die angespannte Zeit mit seinen Witzen und seiner positiven Art aufgelockert und entspannt. Sein Lachen erfüllte den vom prasselnden Kaminfeuer erleuchteten Raum. George und er hatten uns ihre neuesten Scherzartikel vorgeführt und Percy ordentlich auf den Arm genommen. Ich erinnerte mich noch genau, wie seine Augen vor Freude leuchteten, als ich sein Geschenk öffnete und ein silbernes, filigranes Armband hervorholte. Der aus Silber angefertigte Buchstabe F war darin eingebunden und funkelte, als ich das Kettchen ins Licht des Feuers hielt, um es genauer zu betrachten. Eine wohlige Wärme durchströmte meinen Körper. Er legte es mir vorsichtig an, seine Fingerspitzen streiften die weiche Haut meines Handgelenks. Sein Handgelenk umfasste ein ledernes Armband in das der Buchstabe C eingraviert war. Die, die uns nicht kannten, hätten denken können, dass wir ein Paar waren. Aber er war mein Freund, mein bester Freund, mein Bruder. Er war Fred Weasley, der liebevollste Mensch, den es nur gab, der immer für mich da war. Er war mein Fels in der Brandung gewesen, an den ich mich immer wenden konnte, sei es, um ihn um Rat zu fragen oder wenn ich eine Schulter zum ausheulen brauchte. Und er hatte mich unterstützt, war mir zur Seite gestanden, als ich mich von allen anderen verlassen gefühlt hatte. Er war derjenige gewesen, der meine Liebe zu Draco Malfoy akzeptiert und verstanden hatte und der all unsere Freunde von deren Echtheit überzeugt hatte. Und dieser Junge, dem ich mein Herz geschenkt hatte, hatte mich vor einem Jahr verlassen. Als er eines Nachts in meinem Zimmer stand und mir gestand, dass es das letzte Mal sein könnte, dass wir uns jemals wiedersehen, brach eine Welt in mir zusammen. In dieser Nacht hatte er mir ein Versprechen gegeben. Das Versprechen, dass er spätestens an Heiligabend im darauffolgenden Jahr zurückkehren würde. Nun stand ich hier, alleine, ohne meinen besten Freund und ohne meine große Liebe. Und auch, wenn alle Anderen noch da waren und mir zur Seite standen, waren es doch genau diese Beiden, die mein Leben komplett gemacht hatten und deren Verlust auf ewig ein riesiges, klaffendes Loch in mir zurücklassen würde. Mein Blick fiel auf mein linkes Handgelenk, an dem das Silberne Armkettchen neben dem ledernen Band im Kerzenschein glitzerte. Ein Räuspern riss mich aus meinen Gedanken und mein Blick schweifte zur Tür, in der Mr Weasley stand. Seine Lippen umspielte ein zaghaftes Lächeln, sein Blick ruhte mitleidig auf mir. "Claire", flüsterte er und kam auf mich zu. Vorsichtig legte er seine Arme um mich und zog mich nah an sich heran. Ich konnte meine Tränen nicht mehr halten. Mit einem lauten Schluchzer in seine warme Brust überströmte das salzige Nass mein blasses Gesicht. Er drückte mich noch etwas fester an sich. All die Gefühle, die ich schon die ganze letzte Zeit versucht hatte zurückzuhalten, um meine Familie und meine Freunde nicht damit zu belasten, brachen wie eine riesige Welle über mich hinein. Arthur wusste immer, wie ich mich fühlte, denn ihm ging es nicht anders. Für Molly versuchte er stark zu sein, doch einen Sohn zu verlieren, das ist etwas das man nicht einfach so beiseite räumen kann. Ich weiß, dass Freds Verlust für immer eine Leere in ihm zurücklassen wird, die sich vermutlich nie wieder komplett füllen lassen wird. Wir standen noch eine Weile so da, ich, schluchzend und mich an ihn klammernd, während er mit einer Hand beruhigend über meinen Rücken strich und mich einfach nur hielt und schwieg. Irgendwann löste ich mich von ihm und strich mir die feuchten Spuren meiner Tränen mit dem Handrücken aus dem Gesicht. Ich versuchte ein Lächeln hervorzubringen, das jedoch vermutlich nicht im Ansatz meine Augen erreichte. Wie sollte es auch? Es gab an diesem Tag absolut nichts zu lächeln, jedenfalls nicht für mich. "Ich muss mich um das Essen kümmern", brachte ich mit einem Räuspern, das meine gebrochene Stimme kaschieren sollte, hervor und wendete mich von ihm ab. Ich konnte ihn hinter meinem Rücken schwer seufzen hören, bevor er eine Hand auf meine Schulter legte. "Du kannst immer zu mir kommen, Claire. Egal was ist, ich bin für dich da, das sind wir alle." "Ich weiß, danke", brachte ich hervor und nahm behutsam seine Hand von meiner Schulter, um mich dem Truthahn im Ofen zuzuwenden. Ich hörte das knarrende Holz unter seinen Füßen, als er den Raum verließ und seufzte. Egal wie sehr er auch versuchen würde eine Art Vaterfigur für mich zu sein und mir durch diese Zeit zu helfen, es würde nichts bringen, nicht heute Abend. Als ich gerade begann die Soße herzurichten, hörte ich es an der Haustür klopfen. Die Tür öffnete sich quietschend, aber anstatt Stimmen zu hören, die mir verrieten wer es war, wurde es mit einem Mal eigenartig still im Haus. Das einzige Geräusch, das ich vernehmen konnte, war das brutzelnde Gemüse auf dem Herd vor mir. Doch dann konnte ich wieder hören, wie sich ein paar Personen unterhielten. Zuerst leise, dann immer lauter. Ich konnte Harry hören, dessen Stimme immer lauter wurde und wie er zugleich trotzdem versuchte, sie möglichst leise zu halten. Dann mischten sich zuerst Hermines und Rons Stimmen zu, kurz darauf die von Ginny und George. Sie versuchten gedämpft zu reden und es war ein einziges Wirrwarr an Tönen, die ich nicht zu Worten formen konnte, da sie alle durcheinander redeten. Dann mischte sich auf einmal Arthurs Stimme dazu, der plötzlich laut "Ruhe!" rief. Sofort verstummten alle und ich hörte Schritte, die sich in Richtung Küche bewegten. Kurz darauf öffnete sich die Tür und ich drehte mich schnell zum Herd und rührte weiter in meiner brodelnden Soße, als hätte ich nichts von alldem mitbekommen. "Claire", konnte ich Arthur hinter mir vernehmen, "kommst du mal bitte kurz mit? Da ist jemand an der Tür, der dich gerne sprechen würde, falls du das möchtest." Ich drehte mich zu ihm um und in meinem Kopf flogen die wildesten Gedanken durcheinander. Ich wurde nervös. War er es wirklich? Ich nickte schnell und folgte ihm zur Eingangstür. Alle waren im Eingangsbereich versammelt und starrten mich mit gemischten Blicken an. Harry, Ron und George schienen wütend, Hermine hingegen eher unschlüssig, was sie von der Situation halten sollte und Ginny und Molly lächelten mich aufmunternd, jedoch mit einem leicht skeptischen Ausdruck in ihren Augen an. Arthur stellte sich neben Molly und legte einen Arm um sie. In meinem Bauch kribbelte es nervös und ich versuchte mir ebendiese Nervosität soweit es ging nicht anmerken zu lassen. Als ich mich allerdings zur Tür drehte und die Person, die davor stand, von dicken Schneeflocken übersäht und leicht zitternd, erblickte, wich mir jegliche Farbe aus dem Gesicht und mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Ich schluckte schwer und ohne den Blick von seinen eisgrauen Augen zu lösen, die mich unentwegt anstarrten, flüsterte ich: "Könntet ihr uns für einen Moment allein lassen, bitte?" Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die anderen schweigend im Wohnzimmer verschwanden und hörte, wie sie die Tür hinter sich zuzogen. Mit einem klacken fiel die Tür ins Schloss und wir waren allein. Schwere Stille legte sich um uns, begleitet vom eisigen Wind, der einige Schneeflocken ins Haus wehte. Ich wollte etwas sagen, doch ich konnte mich nicht von diesem Anblick lösen. Seine platinblonden Haare waren vom Wind zerzaust und hingen ihm ins Gesicht, seine Haut leichenblass, die Haltung kerzengerade. Sein pechschwarzer, langer Mantel war von weißen Schneeflocken übersäht und auch die Spitzen seiner schwarzen Lackschuhe waren voller Schnee. Doch obwohl sein ganzes Aussehen diese Unnahbarkeit und Kälte ausstrahlte, waren seine Augen voller Wärme und Zuneigung. Mein Blick fiel auf seine Hände, die fest einen Strauß dunkelroter Rosen, die an den Rändern ihrer Blüten bereits gefroren waren, umklammerten. Langsam streckte er einen Arm aus und hielt sie mir entgegen. "Für dich", hauchte er, sein Atem verflog wie Rauch in der Luft. Ich konnte nicht anders, als sie entgegenzunehmen und sie anzustarren. Er wusste noch, wie sehr ich Rosen liebte? Vor allem diese Farbe? Mein Herz hämmerte heftig gegen meine Brust, als ich die kühlen Stiele mit meiner Hand umschloss. Mein Blick richtete sich wieder auf ihn, er hatte seine Hände in den Jackentaschen verstaut und sah mich unschlüssig an, doch seine steife Haltung blieb. Erinnerungen an seinen Vater blitzten vor meinen Augen auf, die ich schnell wieder verdrängte. Es war zu viel passiert in den letzten Jahren, zu viel, das sich nicht so einfach verdrängen ließ. Und trotz alledem war er tatsächlich hier, an diesem Abend. Er hatte sein Versprechen gehalten. Ich versuchte die richtigen Worte für meine Gefühle zu finden, aber ich wusste nicht, wie ich das, was ich fühlte, ausdrücken konnte. "Warum bist du hier? Wieso heute?" Das war die Frage, die mich die ganze Zeit beschäftigte. Warum war er erst heute gekommen? Wieso erst jetzt? Weshalb war er überhaupt hier? "Weil ich es dir versprochen habe." "Aber wieso erst jetzt? Du hast gesagt spätestens Heiligabend. Ich dachte du kommst nie wieder zurück, ich dachte du bist vielleicht schon längst tot! Du bist verschwunden, ohne mir zu sagen warum und ohne auch nur ein einziges Lebenszeichen von dir zu geben! Wäre es so schwer gewesen mir einen Brief zu schreiben oder mir irgendein anderes Zeichen zu schicken, das mir gezeigt hätte, dass du überhaupt noch am Leben bist? Ich habe gewartet, Draco! Ich habe über ein Jahr lang auf dich gewartet! Weißt du überhaupt, was alles passiert ist in der Zeit, in der du praktisch vom Erboden verschluckt warst?!" Alle Gefühle, die ich mühsam versucht hatte zurückzuhalten, brachen mit einem Mal aus mir heraus und verwandelten sich in eine Welle der Wut, die mich einnahm. Draco atmete tief durch und ging einen Schritt auf mich zu. Ich wich zurück, ich wollte nicht, dass er mir näher kam, nachdem er mich so sehr verletzt hatte. Tränen stiegen mir in die Augen, als ich seinen Gesichtsausdruck auf meine Reaktion sah. Es verletzte ihn, er war verzweifelt. "Claire, es tut mir Leid, wirklich. Glaub mir, ich wollte zurückkommen so schnell es ging, aber ich konnte nicht. Ich möchte dir wirklich alles erzählen, alles, was im letzten Jahr passiert ist und ich möchte nichts anderes, als dir zu erklären, warum ich gehen musste. Bitte gib mir eine Chance das zu tun. Ich habe die ganze Zeit, in der ich weg war an nichts anderes denken können, als an dich und das letzte, das ich wollte, war, dich verlassen zu müssen, aber ich hatte keine Wahl! Ich wünsche mir jeden Tag, dass das alles nie passiert wäre und du glaubst nicht, was ich mir für Vorwürfe mache für das, was passiert ist. Ich möchte nur, dass du mir die Möglichkeit gibst alles zu erklären, bitte. Ich liebe dich, Claire und ich habe nie damit aufgehört, bitte glaub mir das." Tränen formten sich in seinen Augen, während er sprach. Sein Anblick brach mir das Herz. Ich spürte die starke Bindung zwischen uns, die schon immer geherrscht hatte und zugleich die meterdicke Mauer, die uns trennte. Ich schloss die Augen und versuchte den Schmerz, den er mir zugefügt hatte runterzuschlucken. Schließlich trat ich einen Schritt zur Seite und machte den Weg frei. "Komm rein. Wir können drinnen über alles reden. Hier draußen ist es zu kalt."

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Hallöchen meine Lieben, tatsächlich gibt es mich auch noch. Es tut mir wahnsinnig leid, dass so lang nichts mehr von mir kam, aber ich bin derzeit leider extrem im Schulstress und da kommt das Schreiben leider etwas zu kurz. Ich hatte dieses Weihnachtsspecial mal angefangen und dachte mir es wäre zu schön, um es euch vorzuenthalten. Ich wünsche euch ein wunderschönes Jahr 2022 und bleibt bitte alle gesund! ☺️

Draco Malfoy {Oneshots}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt