Januar 1996

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Severus stand auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Apotheke, in der Winkelgasse und beobachtete das Geschehen in dieser. Die Luft war am heutigen Tag so kalt, dass sein Atem sich sichtbar zu einer kleinen Wolke formte und er leicht fröstelte. Doch all das interessierte ihn nicht, sein Blick war auf das Innere der Apotheke fixiert. Er wollte sie unbedingt wiedersehen nach ihrer Begegnung am Vortag und so hatte er sich um kurz nach neun dort wieder gefunden, wo er nun stand. Sie hatte ihn dadurch, dass sie in ihre Arbeit vertieft war nicht bemerkt. Die Apotheke war an diesem Tag gut besucht, alleine in der Zeit die Severus schon hier stand, waren es bestimmt zwanzig Leute gewesen. Sie war wieder in ihrem weißen Kittel gekleidet und ihre Haare waren zu einem Dutt frisiert, aus dem bereits an der Seite einige Strähnen raushingen, was er sehen konnte als sie in den hinteren Teil des Ladens ging.

Severus Snape holte einmal tief Luft und ging auf die Tür, die aus einem Holzrahmen mit Glas und der Aufschrift Mr. Mullpeppers Apotheke, Trankzutaten und Zaubertränke für jeden Anlass bestand. Dann öffnete er diese und die Türglocke ging, während er den leeren Laden betrat. „Einen kleinen Moment. Ich komme sofort", hörte er Isabellas Stimme rufen. Severus holte nochmals tief Luft und sah sich in der Apotheke um. An den Wänden hingen Regale in denen etliche kleine Phiolen standen und hinter der Theke waren Schränke, die bis zur Decke gingen, mit Schubladen. Bevor sich Severus jedoch fragen konnte, was wohl in den Schränken war, kam Isabella nach vorne und fragte ihn mit fragender Stimme, als sie ihn erblickte: „Was machst du hier?" Severus Snape war schon wieder erstarrt und brachte kein Wort heraus, sondern starrte sie nur an. Sein Mund öffnete sich leicht, als würde er etwas sagen wollen, doch kein Ton kam heraus. „Hast du gestern etwas vergessen?", fragte die Blonde ihn. Einige Sekunden verzögert nickte er und meinte dann: „Ja...Ja, ich habe etwas vergessen gestern." Isabella sah ihn fragend an und als Severus nicht antwortete fragte sie ihn schließlich: „Was hast du denn vergessen, Severus?" Dieser sah sie an, schloss einmal kurz die Augen und meinte dann: „Fledermausmilz." Severus hatte Mühe gehabt sich in den wenigen Sekunden bis seine Antwort erwartet wurde etwas zu überlegen was er gestern vergessen haben konnte. Eigentlich stimmte es nicht. Er war nicht hier, weil er etwas vergessen hatte, sondern weil er sie sehen wollte. Aber das hätte er niemals auch nur im geringsten zugegeben. Lieber würde er sterben als zu behaupten, dass auch nur noch ein Fünkchen Wahrheit darin lag, dass er immer noch etwas für sie empfand. Es war absurd, nicht zuletzt deshalb weil er all die Jahre an ihr gehangen hatte und noch immer hing. „Wie viel brauchst du?", fragte die Frau. Severus antwortete nicht, weil er sich in seinen Gedanken gerade ausmalte, was passieren würde wenn er sie jetzt einfach in seinen Arm ziehen und küsste. Als Severus nicht reagierte fragte Isabella nochmals nach. Severus wurde dadurch aus seinen Gedanken gerissen und meinte: „2 Unzen." Isabella nickte und verschwand im hinteren Teil der Apotheke. Währenddessen hätte Severus sich am liebsten selbst geohrfeigt. Er verstand nicht, wie diese Frau immer noch solche Gefühle und Gedanken bei ihm auslösen konnte. Sie schaffte es ihn so aus der Fassung zu bringen, dass er nur mit Mühe seine Maske die er sich über Jahre erschaffen hatte bewahrte. Wenn er auch in ihrer Nähe nicht alles komplett verdecken konnte, was sie allerdings nicht zu bemerken schien. Ihre Augen dagegen verrieten ihm viel. Isabella war ein Mensch, dem man immer genau ansah was gerade in ihrem Inneren vorging und er hatte bemerkt, wie überrascht sie sowohl gestern als auch heute gewesen war ihn zu sehen. Sie war schon immer so gewesen und in all den Jahren hatte sich nichts daran geändert.

Isabella kam mit der Fledermausmilz wieder nach vorne und stellte diese auf den Tisch. „Hier", sagte sie lächelnd, „Das macht dann 1 Galleone." Severus kramte ohne den Blick von ihr abzuwenden in seinem Umhang und zog das Geld hervor, was er auf den Tresen legte. Er beobachtete still wie sie es in die Kasse eingab und das Geld dort hineinlegte, immer noch unfähig sich zu bewegen. In ihrer Nähe war immer alles anders gewesen und würde auch immer alles anders für ihn sein. Isabellas Nähe genoss er und sie schien der einzigste Mensch in diesem Universum zu sein zu der er nicht so ein unausstehlicher Snape war. Das hier war etwas anderes und wenn er genau darüber nachdachte, dann war sie auch etwas besonderes. Er hatte sich in ihrer Nähe nie verstellen müssen und konnte immer so sein, wie er wirklich war und trotzdem war diese Situation für ihn völlige Überforderung. Isabella sah ihn mit einem Blick an, der fragte ob er noch etwas wollte und Severus meinte dann emotionslos: „Ich gehe dann mal." Isabella nickte und er ließ seinen Blick über sie streifen. Sein Blick blieb kurz auf ihrem Namensschild hängen, welches ihren Mädchennamen zeigte. Dann wanderte sein Blick hinunter auf die schmalen Finger um einen Ehering zu suchen, doch da war keiner. Severus sah wieder auf und hatte für einen kurzen Moment das Gefühl, dass Isabella etwas sagen wollte. Doch so schnell wie er das Gefühl hatte, so schnell war es auch wieder verschwunden. Severus verabschiedete sich höflich und drehte sich um. Dann ging er mit wehenden Umhang durch den Laden auf die Tür zu. Als er an dieser angekommen war, hörte er Isabella plötzlich seinen Namen durch den Laden rufen. „Severus", rief sie und er drehte sich um, tief in seinem inneren die Hoffnung, dass ihre Begegnungen auch etwas in ihr ausgelöst hatten. Er zog eine Augenbraue nach oben und sah sie fragend an. „Es war schön dich nochmal gesehen zu haben", sagte sie und lächelte ein wenig schüchtern. Severus nickte und verließ dann den Laden. Ein wenig enttäuscht war er schon gewesen, dass ihr anscheinend nichts besseres eingefallen war als das.

Nachdem Severus die Apotheke verlassen hatte, sah Isabella ihm nachdenklich nach als sich ihre Kollegin, die die ganze Situation beobachtet hatte, neben sie stellte. „Komischer Kauz", sagte diese und Bella sah sie fragend an. „Hast du nicht gemerkt wie komisch er sich verhalten hat? Seine Miene und seine Augen völlig ausdrucklos, dazu ist er komplett in schwarz gekleidet und er hat dich die ganze Zeit beobachtet. Also mir ist der nicht gerade geheuer.", antwortete diese. „Das ist typisch Severus", sagte die blonde Frau schmunzelnd und starrte auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte. Jetzt sah Amanda sie fragend an. „Woher kennt ihr euch?", fragte sie. Isabella seufzte und meinte dann: „Wir kennen uns schon seit unserer Schulzeit. Wir waren jahrelang miteinander befreundet bis unsere Freundschaft schließlich auseinander brach.

Isabella und Severus gingen, den Arm mit Büchern bepackt, den Korridor im 4. Stock entlang und unterhielten sich. „Du hast echt einen super tollen Trank heute in Zaubertränke gebraut. Dafür bekommst du bestimmt ein Ohnegleichen von Professor Slughorn", sagte Isabella und lächelte Severus an. „Meinst du?", fragte dieser. „Klar, dein Trank war mehr als perfekt", schwärmte das blonde Mädchen, „Alle Tränke die du brauhst sind mehr als das. Ich wünschte ich wäre so gut wie du." Severus sah sie an und meinte dann: „Deine Tränke sind auch sehr gut. Ich würde mir wünschen, dass ich nur halb so gut wie du in Geschichte der Zauberei wäre. Professor Binns ist echt super langweilig. Es ist ein Wunder, dass da noch kein Schüler eingeschlafen ist." Isabella gluckste leise. Sie wollte gerade etwas sagen, als Lily zu den beiden gestürmt kam. „Hallo Severus", sagte diese und bekam ab der Sekunde ihrer Auftauchens seine volle Aufmerksamkeit. Isabella mochte Lily nicht wirklich auch wenn sie es vor Severus nicht zu geben würde, aber jedes mal wenn Lily in der Nähe war, dann bekam sie seine volle Aufmerksamkeit und das mochte Bella nicht. Severus sollte ihr solch eine Aufmerksamkeit widmen wie er es bei Lily tat. Auch wenn das Mädchen es nicht zu gab, sie war eifersüchtig auf Lily Evans. Ziemlich sogar. „Ich muss los. Der Aufsatz für Professor Binns schreibt sich nicht von alleine. Bis nachher, Severus", sagte sie und verschwand genervt.


„Warum ist eure Freundschaft auseinander gebrochen?", fragte Amanda interessiert, doch Bella schwieg. „Bella?", fragte diese erneut. „Das tut nichts zur Sache", antwortete diese, weil sie darauf nicht antworten wollte. Nach einer kurzen Pause redete die Frau weiter: „Severus stand gestern plötzlich hier in der Apotheke und...naja, die Situation wo er mich erblickt hat war genauso bizarr wie heute." Amanda sah sie durchdringend an und scherzte dann: „Bist du etwa verliebt?" Isabella sah sie mit einem unverständlichen Blick an und sagte dann laut: „Nein, Quatsch!"

Nachdem Isabella die Tür zum Haus geöffnet hatte kam ihr schon der Geruch von Currysuppe entgegen, die Grandma Mariann gekocht hatte. Grandma Mariann war eine ältere Hexe, die eine Vorliebe für ausgefallene Outfits hatte und nie ein Blatt vor den Mund nahm. Isabella war bei ihr aufgewachsen, nachdem ihre Mutter starb als sie noch ein Baby war. Ihren Vater kannte Isabella nicht. Ihre Großmutter war schon immer ihre Vertrauensperson gewesen und egal wie nervig sie manchmal auch sein konnte, Bella liebte sie abgöttisch.

„Ich bin in der Küche", rief Grandma Mariann und Bella folgte dem Flur in eine kleine Küche, in der gerade mal die Küchenzeile und ein Tisch mit zwei Stühlen Platz fanden. Insgesamt sah es in der Küche eher vollgestopft aus. Im Regal neben dem Tisch stand alles voll mit Töpfen, Pfannen, Gläsern sowie Tassen. Auf dem Tisch standen all die Sachen, die nirgendwo mehr unter zubringen waren und am Herd stand Grandma Mariann und schmeckte gerade die Suppe ab. Bella sah auf die Uhr, die über dem Tisch an der Wand hing. Es war kurz vor acht und Haley, ihre Tochter musste bereits schlafen. Grandma bestätigte dies, in dem sie sagte: „Ich habe Haley ins Bett gebracht. War ganz schön müde nachdem wir auf dem Muggelspielplatz waren." Isabella lächelte und ließ sich von ihrer Großmutter einen großen Teller Suppe in die Hand drücken mit dem sie am Tisch Platz nahm. Ihre Großmutter setzte sich ihr gegenüber und beobachtete sie wie sie in ihrer Suppe rumrührte ohne auch nur einen Löffel von ihr zu nehmen. Nach einer Weile durchbrach sie schließlich die Stille: „Was ist los, Isabella?" Bella sah auf und in ihre hellbraunen Augen. Ihr konnte sie nichts vormachen. Das hatte sie noch nie gekonnt. Grandma Mariann merkte sofort, wenn irgendetwas war. Die junge Frau seufzte laut und meinte dann leise, während sie ihren Kopf wieder sinken ließ und in die Suppe starrte: „Ich habe Severus getroffen. Er stand gestern plötzlich in der Apotheke und wollte eine Trankzutat kaufen. Er hat mich natürlich sofort erkannt und heute...also heute war er wieder da." Ihre Großmutter hatte ihr zugehört allerdings nicht ohne bei dem Namen Severus ein lautes stöhnen los zulassen. Sie legte ihre Hand auf Bellas, deren Hand angefangen hatte zu zittern und versuchte sie zu beruhigen in dem sie darüber streichelte.

„Ist er...?", fragte sie vorsichtig und Isabella wusste sofort worauf Grandma Mariann hinaus wollte. Isabella holte einmal tief Luft und sagte dann mit zittriger Stimme, den Blick immer noch in die Suppenschüssel gerichtet: „Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht. Ich denke ja, aber vielleicht will ich das einfach nur weil...ich es mir wünsche."

HeterochromieWhere stories live. Discover now