Kapitel 36

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𝓐ls ich meine verschlafenen Augen langsam öffne, blicke ich in die von Milan, welcher mich scheinbar schon länger anschaut. Daraufhin verdecke ich schnell mein Gesicht mit der linken Hand.

»Guten Morgen, Nala«, flüstert er mit einem breiten Grinsen und drückt mir einen Kuss auf die Stirn, nachdem er meine Hand zur Seite geschoben hat.

»Guten Morgen«, erwidere ich. »Wie lange starrst du mich schon an?«

»Ich bin auch eben erst aufgewacht, keine Sorge.« Sein warmes Lachen füllt den Raum und ich wünsche mir in diesem Augenblick jeden Morgen so aufzuwachen. Neben ihm.

»Wie hast du geschlafen?«, frage ich, noch immer müde.

»Es hätte nicht besser sein können. Und du?«

»Geht mir genauso.« Ich habe wirklich lange nicht mehr so gut und ruhig geschlafen.

»Ich habe Hunger, kommst du mit frühstücken?«, will Milan wissen und setzt sich auf. Ich nicke, auch wenn ich gar nicht hungrig bin.

»Was möchtest du essen? Soll ich Brötchen vom Bäcker holen oder willst du Müsli?«

»Müsli reicht, danke. Ich gehe nur kurz ins Bad«, antworte ich und nachdem ich meine Hose angezogen habe, stehe ich langsam auf — ohne dass mir schwarz vor Augen wird. Ich erinnere mich nicht mehr daran, wann das das letzte Mal der Fall war. Dass ich ausnahmsweise nicht beinahe umgekippt wäre.

»Lass dir Zeit«, kommt von Milan, welcher bereits im Bad seine Zähne putzt und danach in der Küche verschwindet.

Auch ich lasse mich von meinen schweren Beinen ins Badezimmer tragen und putze mir ebenfalls die Zähne, wasche noch mein Gesicht und versuche meine Haare etwas zu bändigen, was sich ohne Bürste als gar nicht so einfach herausstellt.

Als ich in die Küche gehe, sehe ich, dass Milan in Boxershorts und T-Shirt vor seinem Herd steht und bereits die Milch aufwärmt. Ich schmiege mich von hinten an ihn und lege meinen Kopf gegen seinen warmen Rücken und meine Arme um seinen weichen Bauch. Dann dreht er sich zu mir um und küsst mich vertraut und liebevoll, woraufhin ich lächeln muss.

Mir wird immer bewusster, dass ich das Gefühl nicht mehr missen möchte, welches Milan mir schenkt.
Und deshalb wird mir bei jedem Kuss klarer, dass ich kämpfen muss und mittlerweile auch möchte. Es ist richtig.

Nach dem Frühstück habe ich mich umgezogen, Milan machte sich auch fertig, und anschließend sind wir zu mir nachhause gefahren.

»Ich möchte eigentlich gar nicht nachhause. Es war so schön bei dir«, seufze ich, während ich dabei zusehe, wie die kahlen Bäume an uns vorbeiziehen.

»Süße, du kannst jederzeit wiederkommen und ich hole dich immer gerne ab«, antwortet er, den Blick konzentriert auf die Straße gerichtet. »Aber ich stimme dir zu, es war sehr sehr schön.«

»Sehen wir uns morgen?«, frage ich hoffnungsvoll. Ich fühle mich gut und bin glücklich, wenn Milan in meiner Nähe ist, weshalb ich mehr davon will.

»Klar, ich kann nach der Arbeit vorbeikommen oder dich zu mir holen«, schlägt er vor und legt noch kurz seine Hand auf mein Bein, bevor wir in die Straße abbiegen, in der ich wohne.

»Gerne. Ich habe nur vorher noch Therapie, aber danach habe ich Zeit.« Ehrlich gesagt habe ich gar keine Lust darauf, morgen zu meiner Psychologin zu gehen. Immerhin geht es mir gerade gut. Wozu dann das Ganze?

»Ich kann dich danach auch gerne dort abholen«, schlägt Milan vor. »Wenn du Lust hast, können wir uns dann noch was zu essen holen oder Essen gehen. Natürlich nur, wenn du möchtest.«

Die magere WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt