> 𝗣𝗿𝗼𝗹𝗼𝗴

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Heute werde ich all meinen Mut zusammen nehmen und Blake Parker meine Gefühle gestehen. Klar, es ist ein Wagnis, weil er ein Jahr älter, total beliebt und dazu noch einer der Footballstars der Schule ist. Alle lieben ihn. Bei seinem Anblick kann ich es auch niemanden verübeln. Wer würde nicht bei einem großen, trainierten Jungen mit wuscheligem braunen Haar, einem strahlenden Lächeln und eine, wunderschönen Gesicht dahin schmelzen?

Auch, wenn ich in der Beliebtheitsskala weit unter ihm stehe, will ich heute endlich meine Chance nutzen, ihn anzusprechen.

„Bist du wirklich sicher, dass du das machen willst?", fragt meine beste Freundin Fiona mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Wir beide stehen im Flur mit den Spinden der zehnten Klasse und warten auf Blake.

„Ja. Wenn ich heute nicht tue, werde ich es bereuen", antworte ich überzeugt. Außerdem wird herumerzählt, dass er am Ende der bevorstehenden Frühlingsferien umzieht und somit die Schule verlassen wird. Also ist das hier meine letzte Chance, ihm über seine verbliebene Zeit hier vielleicht doch noch etwas näher zu kommen. Und ich werde nichts unversucht lassen.

„Wenn du meinst."

Ein lautes Lachen ertönt im Flur. Ich muss mich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, dass es Blake ist. Sofort breitet sich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus.

Vorsichtig spingse ich über meine Schulter zu ihm. Er steht mit drei seiner Freunde vor seinem Schließfach und lacht über etwas, was ein Typ mit blonden Haaren gesagt hat.
Unwillkürlich muss ich lächeln. Ich liebe es, sein Lachen zu hören. Blake sieht so unfassbar gut aus. Heute stehen seine dunklen Haare etwas ab, als wäre er vorhin mit der Hand durchgefahren. In seiner Footballjacke läuft er immer so selbstbewusst durch die Gänge der Schule, als würde alles ihm gehören. Was ja irgendwie auch so ist. Aber wenn er dazu noch lächelt, habe ich das Gefühl, mein Herz explodiert. Wenn Blake lächelt, bemerke ich immer wieder, wie seine Augen beginnen zu strahlen und kann meinen Blick gar nicht mehr von ihm abwenden. Es ist das Schönste, das ich je gesehen habe. Dagegen kommt nicht einmal der junge Leonardo DiCaprio an.

Also ja, Blake Parker ist so ziemlich der perfekteste Junge, den es je gegeben hat.

Gerade verabschieden sich seine Freunde von ihm und gehen in Richtung Mensa. Blake dreht am Zahlenschloss seines Schließfaches und öffnet es. Das ist meine Chance. Mit einem selbstsicheren Grinsen wende ich mich wieder Fiona zu. „Wünsch mir Glück."

„Das wirst du brauchen", höre ich sie noch murmeln, als ich mich bereits umdrehe und über den Flur zu Blake trete.

Ein kleinen Stück neben ihm bleibe ich stehen, doch er zeigt keine Reaktion, dass er mitbekommen hat, dass jemand neben ihm steht. Also räuspere ich mich. Schließlich will ich ihn nicht erschrecken. Er schaut zu mir runter, da er ungefähr einen Kopf größer ist als ich, und schlägt seine Schließfachtür zu. Perfekt. Jetzt habe ich seine ganze Aufmerksamkeit.

„Hi", traue ich mich zu sagen und lächle ihn an. Ich bin ihm bisher noch nie so nah gewesen wie gerade und konnte noch nie einen so direkten Blick in seine wunderschönen braunen Augen werfen. Klar, ich habe vorher schon versucht, irgendwie aufzufallen, sei es mit Plakaten bei seinen Footballspielen oder, dass ich absichtlich Umwege zu meinen Klassenräumen mache, nur um ihm über den Weg zu laufen. Aber nach einem halben Jahr des unentdeckt Bleibens habe ich mich dazu entschieden, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen. Wir sind hier schließlich nicht in einem Liebesroman, in dem der Junge das Mädchen zuerst anspricht. Wir sind im 21. Jahrhundert und wenn man etwas haben will, muss man darum kämpfen und es sich nehmen.

„Hey", erwidert er und musterte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen.

„Ich bin Avery. Ich bin eine Jahrgangstufe unter dir und wollte dir etwas sagen."
Überrascht hebt er beide Augenbrauen. Okay, ich sollte endlich mal zum Punkt kommen und das Pflaster abreißen, bevor ich mich noch an meinen Worten verschlucke. „Also, Blake, ich wollte dir sagen, dass ich dich echt cool finde und..."

„Warte mal", unterbricht er mich. „Willst du mir gerade sagen, dass du auf mich stehst?"

Ich spüre, wie Hitze in meine Wangen steigt. Nervös streiche ich mir eine Strähne hinters Ohr. „Also, wenn du es so sagen willst, ja. Ich mag dich, Blake."

Mit wild klopfendem Herzen warte ich auf seine Reaktion. Schon so oft habe ich mir diesen Moment vorgestellt: Ich würde Blake Parker meine Liebe gestehen. Dann würde er mich auf ein Date einladen. Wir würden uns perfekt verstehen und dann würde er sagen, dass er mich ebenfalls mag, ich ihm aufgefallen bin, er sich aber nie getraut hat, mich anzusprechen. Danach würde er sich langsam zur mir rüber lehnen und mich küssen. Bei einem total romantischen Spaziergang im Park, würde Blake mir seine Jacke geben, wenn mir zu kalt ist. Heimlich würde ich seinen Duft einatmen. Ich kenne seinen Geruch nicht, aber ich weiß einfach, dass Blake gut riecht.

Doch das genaue Gegenteil davon passiert. Statt einer Einladung, breitet sich ein belustigtes Grinsen auf seinen Lippen aus und er fängt an zu lachen. Mein Lächeln verrutscht und ein Stich durchfährt mich. Mein Tagtraum zerplatzt in tausend Teile und verwandelt sich in einem Albtraum.

„Was ist los?", frage ich und versuche mir meine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen.
Bevor er mir antworten kann, werden wir von Blakes Freunden gestört, die auf uns zukommen und hinter mir stehen bleiben.

„Was will die denn von dir?", fragte einer abschätzig.

„Sie hat mir gerade ihre Liebe gestanden", antwortet Blake. Sofort brechen seine Freunde ebenfalls in schallendem Gelächter aus.

Ich spüre, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildet. So habe ich mir das nicht vorgestellt.

„Wie lächerlich. Als ob du dich mit einem Neuntklässler-Nerd abgeben würdest", brachte ein anderer Freund hervor.

„Tut mit leid, Kleine, aber Blake will ganz sicher nichts von dir. Nicht wahr, Parker?", verspottete mich wieder ein anderer.

Ich spüre, wie sich meine Augen mit Tränen füllen, aber ich werde hier nicht weinen. Nicht vor Blake und seinen Freunden. Diese Blamage werde ich ihnen nicht auch noch gönnen.

Abschätzig musterte Blake mich von oben bis unten und wieder nach oben, bevor er in mein Gesicht sieht. „Sorry, Ally. Aber du bist echt nicht mein Typ. Such dir vielleicht jemanden aus deiner Liga." Dahinter stößt er noch einen widerlichen Lacher aus, der mich in Frage stellen lässt, wie ich mich jemals in diesen Lachen verlieben konnte.

Mich auslachen verziehen sich Blake und seine Freunde. Natürlich können sie sich nicht zurückhalten, laute Sprüche über den Flur zu rufen. Was genau sie sagen, nehme ich nicht mehr war. Ich höre nur noch ein Rauschen und kann meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Erst in diesem Moment wird mir bewusst, was gerade passiert ist und ich kann förmlich spüren, wie mein Herz zerbricht.

Am Ende des Schultages weiß jeder Schüler – und wahrscheinlich auch jeder Lehrer – von meiner Abfuhr. Noch nie im Leben habe ich mich so gedemütigt gefühlt. Wenn das nicht schon schlimm genug ist, wird diese ganze Sache nach den Ferien nicht einfach so vergessen sein. Sie werden mich weiterhin an meine verdammt dämliche Aktion erinnern und alles daran setzen, dass ich diese auch ja nicht so schnell vergessen werde.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt