> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟮𝟯

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Gerade will ich den Teig umrühren, als die Klingel mich von meinem Vorhaben abhält. Da ich Mom und Dad heute Morgen weggeschickt habe, liegt es an mir, an die Tür zu gehen.
Auf dem Weg dorthin nehme ich mir ein Geschirrtuch und wische meine Hände daran ab. Ich reche mit einem Postboten, der vielleicht ein Paket für uns hat, doch er ist es nicht.

„Hi", begrüße ich Blake und bin überrascht, ihn zu sehen.

„Hey, Avery. Ich wollte euch nur eure Schüssel vorbeibringen", sagt er und deutet auf die graue Schüssel in seiner Hand.

Nachdem ich einige Sekunden brauchte, um meine Wort wiederzufinden, verschwinden sie genauso schnell auch wieder, weil Blake mich mit zusammengezogenen Augenbrauen und schiefgelegtem Kopf mustert.

„Was ist?", frage ich und hoffe, kein Mehr im Gesicht zu haben.

„Ich wusste gar nicht, dass du eine Brille hast", erwidert er und inspiziert mein Gesicht genau. Sein Blick ist mir extrem unangenehm. Ich fühle mich wie bei einem Vorstellungsgespräch und werde schlagartig auch genauso nervös. Bisher hat er mich noch nie mit Brille gesehen, weil ich sonst immer Kontaktlinsen trage. Okay, er hat die neue Avery noch nie mit Brille gesehen, aber heute habe ich nicht mit ihm gerechnet und dachte daher, dass sich meine Augen etwas ausruhen können und ich mal die Brille anziehe. Tja und jetzt sehe ich exakt so aus wie die alte Nerd-Avery. Nicht nur wegen der Brille, sondern auch wegen meines alten und dreckigen T-Shirts und der schlabbrigen Jogginhose, die ich gerade trage. Na super.
Sofort wächst das Gefühl des Unbehagens in mir. Am liebsten würde ich ihm die Tür einfach vor der Nase zuknallen. Was ich aber natürlich nicht mache.

„Oh", ich fasse mir an die Brille. „Ja. Eigentlich trage ich auch Kontaktlinsen", füge ich hinzu. Zum Glück klingt es beiläufig und nicht so, als würde ich mich gerade für mich selbst schämen. Aber ein Gutes hat die Brille: sie lenkt von der rosafarbenen mit Herzchen bestickten Schürze ab, die ich trage. So langsam bemerke ich, wie ich unter seiner Musterung erröte und hoffe, dass er bald endlich damit aufhört.

„Wieso? Die Brille steht dir", sagt er in einem normalen Tonfall und einem kaum merklichen Lächeln.

Hat er mir gerade wirklich ein Kompliment gemacht? Zu meiner Brille? „Äh... danke."

„Was machst du eigentlich mit dem Geschirrtuck?", fragt Blake wieder und deutet auf das Tuch in meiner Hand.

Muss ich mich heute eigentlich nur  noch rechtfertigen? „Ich backe gerade und habe mir daran die Hände abgeputzt."

Sein Blick wandert über meine Schürze, die ebenfalls mit Mehl und Teig voll ist und zieht amüsiert die Augenbrauen nach oben.

„Was ist so lustig?" Ich verschränke meine Arme vor der Brust.

„Brauchst du vielleicht Hilfe?"

Ich habe klar und deutlich gehört, was er gesagt hat, aber ich habe es eindeutig nicht verstanden. Hat er mir ernsthaft seine Hilfe angeboten?

„Eigentlich sollte Bri mir helfen, aber sie kann nicht, weil sie sich eine fiese Erkältung eingefangen hat, also bleibt der ganze Spaß an mir hängen.

Am Donnerstag haben wir besprochen, dass Bri mir heute hilft, die Muffins für den Geburtstag meines Dads morgen zu machen, doch sie hat heute morgen angerufen und gesagt, dass sie nicht herkommen könne. Na ja, sie hat versucht, es zu sagen, denn alles, was aus ihrem Mund herauskam, hat sich eher wie ein Krächzen angehört.

„Okay. Zu deinem Glück hat Conor mir heute Morgen ebenfalls abgesagt, weil er krank ist. Also habe ich heute einen freien Tag und kann dir helfen."

Bevor ich irgendwas dazu sagen kann, hat Blake sich bereits durch den Türrahmen gedrückt und ist auf dem Weg zur Küche. Schnell schließe ich die Tür und laufe ihm hinterher.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt