> 𝗞𝗮𝗽𝗶𝘁𝗲𝗹 𝟰𝟵

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Bri lacht mich aus, während ich den Tomaten wieder einmal Konkurrenz mache. „Das ist nicht lustig!"

„Sorry, aber..." Sie hält sich den Bauch, während ich versuche, meine Wangen zum Abkühlen zu bringen. Gerade habe ich ihr von meinem gestrigen Gedichtsdebakel mit Blake erzählt und wie schlimm das für mich war und noch immer ist. Doch so, wie Freundinnen nun einmal sind, lacht sie mich nur aus „Das ist wieder so typisch für dich. Geheime Liebe. Oh Mann."

„Ja ja, ich habe es verstanden", erwidere ich und verdrehe die Augen. „Jetzt krieg dich mal wieder ein."

Bri hustet und stellt sich wieder aufrecht hin. „Ja, du hast recht. Tut mir leid. Du kannst froh sein, dass du nicht seinen Namen erwähnt hast."

Sie hat recht. Ich habe nie expliziert erwähnt, dass ich über meine geheime Liebe zu Blake geschrieben habe, aber trotzdem war es ungemein erniedrigend, als er mein Gedicht gelesen hat. Auch wenn er zum Glück nicht verstanden hat, dass es über ihn ist, war es mir total peinlich. Ich habe mich noch entblößter gefühlt, obwohl er nicht einmal gelacht hat. Warum eigentlich nicht? Statt mich auszulachen, hat er es bewundert, obwohl ich bezweifle, dass Blake Parker jemand ist, dem Gedichte gefallen.

„Hast du mir zugehört?"

Verwirrt blinzle ich meine Freundin an. „Was?"
Kopfschüttelnd lehnt Bri sich an die Mauer des Schulgebäudes. Ich musste ihr unbedingt von diesem Vorfall berichten und wollte nicht riskieren, dass jemand etwas auf dem Flur davon mitbekam. Deswegen haben wir uns hier getroffen. „Ich fragte warum du es so offen liegen gelassen hast."

„Jetzt ist es meine Schuld, dass er meine Sachen liest?" Verärgert verschränke ich die Arme vor der Brust. „Ich habe es zwischen meine Bücher gelegt und... und sein Geschichtsbuch daraufgelegt." Beschämt schlage ich mir die flache Hand vor die Stirn. „Oh mein Gott, bin ich dumm! Warum habe ich es da liegen lassen? Aber andererseits habe ich auch nicht gedacht, dass er so plötzlich in meinem Zimmer steht."

„Hey", redet meine Freundin sanft auf mich ein. „Ist doch nicht schlimm. Er hat dir doch geglaubt, dass es eine Schulaufgabe war, oder?"

„Ja. Oh Mann und ich habe sie zerknüllt. Ich würde niemals eine Hausaufgabe zerknüllen. Oh Gott. Oh Gott, er weiß es. Er..." Es fühlt sich so an, als würde mir jemand die Luft abdrücken. Nicht mehr lange und ich werde anfangen, zu hyperventilieren. Warum ist mir gestern nichts Besseres eingefallen? Warum habe ich ihn nicht einfach aus meinem Zimmer geschmissen und gesagt, dass er nicht mehr durch mein Fenster klettern soll? Weil es Blake war. Weil er meine Schwachstelle ist, von der niemand erfahren darf.

„Trink einen Schluck." Bri hält mir eine Wasserflasche hin, aus der ich einen großen Schluck nehme. Ich schraube sie wieder zu und bedanke mich bei ihr. „Du machst dir zu viele Gedanken darüber, Avery. Du kennst ihn doch mittlerweile ziemlich gut. Denkst du wirklich, dass Blake sich darüber so den Kopf zerbricht wie du gerade?"

Ich halte einen Moment inne und überlege. Nein. Er denkt zwar viel nach, aber ich bezweifle, dass er über mein Geschreibsel nachdenkt. Was ist nur los mit mir? Warum raste ich bei jeder Kleinigkeit so aus?

„Okay, Ave. Weißt du, was wir machen? Du übernachtest am Wochenende bei uns." Bri legt mir einen Arm um die Schultern. „Ein bisschen Abstand wird dir guttun. Wir gucken Filme, lackieren uns die Nägel und machen, worauf du sonst noch so Lust hast. Du darfst Entscheiden. Was hältst du davon?"

Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt habe, kann ich sogar ein kleines Lächeln hervorbringen. „Danke, Bri. Du bist die Beste."
„Sag's ruhig weiter", sagt sie mit einem Lachen und wir gehen ins Gebäude.

*

Bri hatte recht. Das Wochenende bei ihr hat mich wirklich abgelenkt. Doch leider ist meine gute Laune in dem Moment vorbei, als ich am Sonntagnachmittag wieder nach Hause komme und Blake bei uns auf dem Sofa sitzen sehe, der mit meinem Dad ein Footballspiel guckt. Verdutzt bleibe ich stehen und schaue auf den Fernseher.

„TOUCHDOWN!", ruft Blake und ich zucke erschrocken zusammen. „Schon wieder einer. Ich sage ja, Patrick Mahomes ist der beste."

„Ach, bitte." Dad macht eine wegwerfende Handbewegung.

„Hast du das nicht gesehen? Bisher hat er in diesem Spiel noch keine Interception geworfen. Die Steelers aber schon."

Ah. Das erklärt so einiges. Dad ist ein großer Fan der Pittsburgh Steelers. Irgendwie war er das schon immer. Wahrscheinlich, weil sein Dad das auch war. Blake ist Fan der Kansas City Chiefs und sein größtes Vorbild ist ihr Quaterback Patrick Mahomes. Er hat mir mal erklärt, dass er es toll findet, wie er mit seinem Team umgeht und dass er einfach ein unglaublich guter Spieler und Stratege ist. „So möchte ich auch spielen können", schwärmte er.

Wahrscheinlich hat Blake mich reinkommen hören, denn er dreht sich um und sieht mich mit einem breiten Grinsen an, das seine Augen strahlen lässt. „Hey, Avers. Willst du mitgucken?"

Nun dreht sich auch Dad um und mustert mich neugierig. „Äh... ja. Wenn noch Platz für mich ist." Ehrlich gesagt habe ich nicht wirklich Lust auf dieses Spiel und noch weniger Lust auf Blakes Gegenwart, aber ich wollte Dad nicht enttäuschen. Das Strahlen in seinem Gesicht zeigt mir, dass ich die richtige Antwort gegeben habe. Er zwingt mich nie dazu, ein Footballspiel mitanzusehen, aber ich weiß, dass er sich jedes Mal freut, wenn er mir etwas darüber erklären kann.

Mit leisen Schritten gehe ich zu ihnen und lasse mich neben Blake auf das Sofa fallen, der mich anlächelt. Sofort erhöht sich mein Herzschlag. „Hey."

„Hey", flüstere ich und bin froh, dass das Spiel endlich weitergeht.

Um ehrlich zu sein, achte ich gar nicht so sehr auf den Bildschirm, sondern eher auf den Jungen, der neben mir sitzt. Ich bemerke, wie Blakes angespannte Miene sich wieder entspannt, wenn jemand aus seinem Team den Ball fängt. Ich bemerke, wie stolz er lächelt, wenn ein Spieler die ten yard Markierung geschafft hat, zu überqueren und es wieder zum first down kommt. Ich bemerke an seinen auf und ab wippenden Knien, wie schwer es ihm fällt, sich ruhig zu halten, um nicht aufzuspringen und wild herumzutanzen, als das Spiel zu Ende ist und die Chiefs gewonnen haben.

Dad seufzt. „Glückwunsch. Ihr schafft es bestimmt in die Playoffs."

„Danke." Mit einem breiten Grinsen wendet Blake sich wieder mir zu. „Hast du gesehen, wie gut Patrick Mahomes war? Der letzte Catch war einfach der Wahnsinn, als Travis Kelce den kurz vor der Endzone gefangen und dann den Touchdown gemacht hat."

Ich habe keine Ahnung, wovon er spricht, weil ich kein bisschen auf das Spiel geachtet habe, aber ihn so glücklich erzählen zu sehen und zu hören, lässt ein warmes Gefühl in mit hochsteigen. Das ich aber eigentlich nicht fühlen sollte. So viel also zu Bris Ablenkung.

„Sorry. Football ist ja nicht so mein Ding."
Blake steht auf. Ich ebenfalls. „Das Spiel war trotzdem wirklich spannend."

Seine Lippen verziehen sich zu einem kleinen Lächeln. „Finde ich auch. Ich muss dann  mal rüber und mir mal Gedanken um Weihnachtsgeschenke machen."

Stimmt ja. Nächste Woche ist schon Weihnachten. Wie konnte das nur an mir vorbeigehen? Wie Bri bereits sagte, ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich in meinen besten Freund verliebt bin.

(𝗡𝗼𝘁) 𝗬𝗼𝘂 𝗔𝗴𝗮𝗶𝗻Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt