30. Das dritte Gespräch

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Hinter Dillen taucht ein anderer Junge auf. Ich weiß, dass ich ihn schon oft bei der Clique von Noah und Kyle gesehen habe, aber im Moment kann ich dem Gesicht keinen Namen zuordnen. Aber das ist mir erstmal auch egal, denn jetzt ist Dillen erstmal abgelenkt und dass gibt mir vielleicht die Chance zu verschwinden.

"Ach und du musst Skylar Evans sein. Ich habe schon wirklich viel von dir gehört. Ich wusste, schon, dass die Evans Zwillinge eine kleine Schwester haben, aber wiedererkannt habe ich dich auch nicht. Und das, obwohl ihr euch wirklich ähnlich seht. Ach Entschuldige, du wirst dich nicht mehr an mich erinnern: Ich bin Marco!", wendet der Junge sich an mich. Richtig, dass ist Marko, aber wieso spricht er mit mir, als würden wir uns kennen?

"Tut mir leid, wenn das jetzt unhöflich wirkt, aber wieso sprichst du von erinnern und wiedererkennen?", frage ich verwirrt.

"Das fragst du am besten Mal deine Brüder. Apropos wo sind die beiden? Nehmen die dich nicht mit nach Hause?", ändert Marko schnell das Thema. Merkwürdig.

"Doch eigentlich schon, aber ich bin noch mit Noah verabredet." Dillen schaut irritiert zu mir. Marko hebt eine Augenbraue und grinst dann.

"Achso, na dann! Und was machst du hier?", wendet Marko sich jetzt an Dillen.

"Ich? Äh, wir haben uns nur kurz unterhalten, aber ich muss jetzt auch los!", verabschiedet Dillen sich hektisch und läuft zu seinem Auto. Ich wiederhole: Merkwürdig!

"Ist alles in Ordnung? Noah hatte mit mir über den Vorfall im Klassenzimmer gesprochen. Hat Dillen dich wieder bedrängt? Ich spreche nochmal mit ihm", wendet sich Marko wieder mir zu.

Ich sehe Noah auf uns zu laufen und antworte schnell: "Nein, alles in Ordnung!"

Marko wirft mir noch einen skeptischen Blick zu und dann kommt auch schon Noah bei uns an.

"Marko? Was machst du denn hier? Gibts ein Problem?", fragt Noah sofort.

"Nein, ich denke, es ist alles in Ordnung, aber ich wollte Skylar doch auch mal kennenlernen", antwortet Marko und verabschiedet sich dann. Noah sieht mich skeptisch an, doch ich setze ein Lächeln auf und frage ihn, ob wir los wollen.

"Fahren wir zu Butlers?", fragt Noah nach einem weiteren skeptischen Blick. Ich nicke und ignoriere seine Verwirrung. Gemeinsam laufen wir zu seinem Auto. Das erinnert mich an meinen ersten Ausflug mit Noah. Da waren wir auch bei Butlers. Wir kannten einander nicht und ich habe ihn für einen Idioten gehalten. Dennoch hatten wir unfassbar viel Spaß zusammen. Und jetzt? Ich weiß nicht, was wir sind. Eine Zeit lang hätte ich gesagt, wir sind Freunde. Aber seit dem Ball?

"Kommst du? Oder soll ich uns nur was holen und wir fahren woanders hin?", fragt Noah plötzlich. Ich gucke hoch und sehe, dass wir bereits da sind. Ich war wirklich vertieft in meine Gedanken.

"Ne, ich komme schon. Aber wollen wir ein bisschen spazieren gehen?", frage ich und steige aus. Noah nickt und so laufen wir zu Butlers, holen uns Getränke und schlendern dann ein wenig durch die Gegend.

"Worüber wolltest du mit mir sprechen?", fragt Noah nach einem kurzen Schweigen. Soll ich es einfach gerade raussagen? Oder muss ich ihn erst irgendwie darauf vorbereiten? Wieso fällt es mir so schwer ihm zu sagen, dass ich wegziehe?

"Ist alles in Ordnung? Ist was passiert?", fragt Noah auf einmal besorgt. Erst dann fällt mir auf, dass sich eine Träne aus meinem Auge gelöst hat. Schnell wische ich die Träne weg und bleibe stehen. Noah bleibt ebenfalls stehen und dreht sich zu mir.

Ich atme noch einmal tief ein und wieder aus und fange dann an: "Am Wochenende waren Joe, Phil und ich bei unserer Mama in London. Als wir da waren, habe ich noch einmal viel stärker gemerkt, wie sehr sie mir fehlt und auch wie sehr mir meine anderen Freunde fehlen und auch London. Und ich habe jetzt entschieden, dass ich zurück nach London gehe. Schon nächsten Samstag!"

"Was?", fragt Noah geschockt, "Ist es wegen den Gangs? Du weißt, dass deine Brüder niemals zulassen würden, dass dir noch einmal was passiert."

"Nein. Es ist nicht wegen den Gangs. Ja, die spielen auch eine Rolle, aber mein Heimweh spielt eine viel größere Rolle."

"Aber du liebst Dublin. So wie deine Augen strahlen, wenn du deine heiße weiße Schokolade trinkst. Und du liebst es mit deinen Brüdern zusammen zu leben. Schon bevor ich wusste, wer deine Brüder sind, hast du mir so viel von deiner Familie erzählt. Das meiste habe ich erst so wirklich verstanden, als ich wusste, dass Joe und Phil deine Brüder sind. Und was ist mit Alicia und dem Rest der Clique? Ihr seid so gute Freund in einer so kurzen Zeit geworden. Willst du das alles wirklich einfach so hinter dir lassen?"

"Ich lasse nichts einfach so hinter mir. Ja, ich liebe Dublin und Alicia und die Clique. Und natürlich liebe ich es, dass ich meine Brüder wieder täglich sehen kann und so viel Zeit mit den beiden verbringen kann."

"Aber?", hakt Noah nach.

"Aber ich liebe auch London und meine Freunde da. Und vor allem ist da meine Mama."

"Es tut mir leid, aber das kaufe ich dir nicht ab. Ja, du hast da auch Freunde und das mit deiner Mutter verstehe ich auch, aber du liebst Dublin definitiv mehr als London. Ich habe dich so viel über London sprechen hören und deine Augen haben nie so gestrahlt wie, wenn du über Dublin und deine Kindheit hier gesprochen hast."

"Natürlich hat Dublin einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen. Ich bin hier groß geworden, aber dennoch ist mein Leben in London."

"Das stimmt nicht. Dein Leben ist hier! Bei deinen Brüdern und deinen Freunden. In deiner Heimatstadt. Und deine Mutter kann doch zu dir ziehen, schließlich hat sie doch auch schon in Dublin gewohnt."

"Du verstehst das nicht!"

"Dann erklär es mir! Sag mir, dass du Dublin nicht liebst. Sag mir, dass du deine Brüder nicht vermissen wirst. Und sag mir, dass du deine Freunde nicht vermissen wirst."

"Natürlich werde ich all das vermissen, aber wenn ich hier bin vermisse ich meine Freunde aus London."

"Dann sag mir, dass du nicht viel lieber, hier wohnen würdest zusammen mit deiner Mutter und deinen Brüdern."

"Das ist keine Option!"

"Ich wusste, dass du es nicht sagen kannst und weißt du warum? Weil ich recht habe. Dein Herz hängt an Dublin und uns allen. Du versuchst dir all das nur auszureden, weil du Angst hast zuzugeben, dass du lieber hier bleiben würdest als nach London zu deiner Mama zurück zu gehen."

Ich bin sprachlos. Natürlich liebe ich Dublin. Ich bin hier groß geworden und es ist meine Heimat. Aber ich habe viel länger in London gelebt, als in Dublin.

"Kannst du mich bitte nach Hause fahren? Ich ziehe Samstag zurück nach London und daran wird sich nichts ändern. Es ist entschieden. Ich wusste, dass du es irgendwann erfährst und da wollte ich es dir lieber selber sagen, als dass du es aus dritter Hand erfährst", sage ich dann, weil ich nicht mehr weiß, was ich sonst noch erwidern kann.

"Natürlich fahre ich dich nach Hause, aber ich hoffe du überdenkst deine Entscheidung noch einmal. Du solltest nichts tun, was ich dich unglücklich macht, denn das ist immer die falsche Entscheidung!", erwidert Noah und wir gehen zurück zu seinem Auto.

Wo gehöre ich hin?Where stories live. Discover now