43. Unerwünscht

42 1 0
                                    

Wir sitzen weitere Minuten vor der Lagerhalle. Immer wieder sind Stimmen von drinnen zu hören, die jubeln und fluchen. Aber ich versuche mich auf Joes Stimme zu konzentrieren. Er flüstert mir beruhigende Worte zu und streicht mir über den Rücken. Ich beruhige mich immer weiter, bis ich wieder normal atme.

"Sollen wir nach Hause fahren?", fragt Joe. Ich nicke. Ich verkrafte es nicht nochmal darein zu gehen.

"Ist es für dich in Ordnung, wenn ich einmal Phil Bescheid sagen gehe?", fragt Joe sanft. Ich nicke wieder.

"Soll er mitkommen?" Ich zucke mit den Schultern: "Muss er nicht, wenn er nicht will!", antworte ich leise.

Joe gibt mir einen Kuss auf den Scheitel und betritt die Halle. Jetzt ist lauter Jubel zu hören, was wohl heißt, dass der Fight zu Ende ist. Ich höre noch, wie der nächste angesagt wird, bevor die Tür zufällt.

Jetzt sitze ich alleine hier draußen. Ich atme tief durch und blicke mich um. Es ist ein anderer Eingang, als der, wo wir vorhin reingegangen sind. Ich sitze auf einer Art Innenhof und drumherum sind Bäume. Außerdem ist der Innenhof umgeben von Mauern. Kurz habe ich Angst, dass ich wieder darein muss, um zum Auto zu kommen, doch dann sehe ich ein Tor.

"Sky?", höre ich plötzlich eine erstaunte und mir nur allzubekannte Stimme. Ich drehe mich um und behalte Recht. Noah steht in der Tür. Ich lächel ihn leicht an.

"Hey", gebe ich schwach von mir. Ich bin nicht in der Lage gegen meine Gefühle anzukämpfen oder Noah etwas an den Kopf zu werfen.

"Was machst du hier?", fragt Noah und setzt sich neben mich auf den Platz, wo Joe bis eben saß. Ich sehe, dass Noah ein paar Kampfspuren hat, aber alles in allem scheint es ihm gut zu gehen.

"Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Es war ein innerer Impuls, dass ich hier her wollte", gebe ich ehrlich zu.

"Sky? Das was du heute alles in der Schule zu mir gesagt hast: es tut mir unfassbar Leid für jeden Augenblick in dem ich dich verletzt habe. Das ich dich beim"- Noah wird durch das öffnen der Tür unterbrochen. Aiden steht in der Tür.

"Äh, was wird das?", fragt Aiden sofort und ist sehr offensichtlich im Beschützermodus. Er zieht mich am Arm hoch und stellt sich zwischen Noah und mich.

"Lass sie los!", springt Noah sofort auf und stellt sich Aiden entgegen.

"Sie steht unter dem Schutz der Dark Angels, Noah! Das heißt unter meinem Schutz!"

"Aber du musst sie vor mir nicht schützen, wir sind"- sein Satz bleibt unvollendet in der Luft stehen. Ja, was sind wir? Wir waren Freunde. Waren wir mal ein Paar? Ich weiß es nicht.

"Ja, was seid ihr?", fragt Aiden provozierend.

"Weißt du, dass geht dich gar nichts an, was zwischen Sky und mir ist. Das geht nur mich und sie etwas an! Alles was dich angeht, ist, dass Sky bei mir sicher ist und immer sicher sein wird und du hier unerwünscht bist!", bei seinen Worten blickt Noah kurz sanft zu mir, bevor er sich wieder ebenso provozierend an Aiden wendet.

"Ach, ist das so? Und wo warst du als sie entführt wurde? Ach oder wo warst du vor einigen Minuten als sie eine so große Panikattacke hatte, dass sie fast vollständig das Bewusstsein verloren hat?" Noahs Augen weiten sich und er schaut mich an.

"Ich"- setzt Noah an, doch Aiden unterbricht ihn: "Du hattest einen Fight und warst verhindert. Schon klar! Aber weißt du was? Ich war da! Und deshalb verpiss dich! Ich passe auf Skylar auf. Außerdem muss sie jetzt gehen, ihr Bruder wartet auf sie."

"Aber du kannst sie nicht einfach mitnehmen!", versucht Noah ihn davon abzuhalten, mit mir zu gehen. Ich merke, dass er überfordert ist und nicht weiß, wie er handeln soll. Ich denke, er will nicht handgreiflich werden, da Aiden mich nach wie vor festhält. Außerdem weiß er vielleicht, dass Aiden ein guter Freund meiner Brüder ist und er sich daher keine Sorgen machen muss.

"Guck sie dir an! Sieht sie so aus, als möchte sie mit dir reden? Sie trägt eine Dark Angels Jacke, das sollte dir eindeutig zeigen, dass du hier unerwünscht und fehl am Platz bist! Sky, wir gehen! Joe wartet auf dich", bei seinen letzten Worten wendet Aiden sich an mich und schiebt mich dann in Richtung Tor.

Bevor ich mich vollständig in die Richtung drehe, sehe ich noch kurz wie Noahs Maske fällt und er uns traurig nachschaut. Trotzdem wende ich meinen Blick ab. Dieser Tag war schon viel zu lang. Ich habe schon so viele Tränen geweint und das obwohl ich noch nicht einmal im Bett liege. In den Schlaf weinen, zählt bei mir inzwischen zum Alltag. Dafür habe ich es geschafft tagsüber stark zu sein. Aber heute?

Am liebsten möchte ich einfach in mein Bett und schlafen. Morgen geht es dann nach London und ich kann endlich alles hinter mir lassen.

Doch so verlockend wie das auch klingt, steht heute Abend noch feiern an. Meine Motivation dazu ist zwar nicht vorhanden, aber ich habe zugesagt und ich weiß, wie besonders Hailey und Alicia sich darauf freuen.

"Alles klar?", fragt Joe als wir am Auto ankommen. Phil ist nicht da. Anscheinend bleibt er noch beim Fight. Ich nicke.

"Noah, war bei ihr!", antwortet Aiden.

"Und?", hakt Joe nach und schaut mich an. Aber bevor ich antworten kann, antwortet wieder Aiden: "Ich habe Skylar da weggeholt, bevor er ihr etwas antun konnte."

Joe guckt mich verwirrt und besorgt an. Ich schüttel nur den Kopf in der Hoffnung, dass er es lässt und wir reden können, wenn wir alleine sind.

"Alles klar, danke Aiden! Wir sehen uns!", verabschiedet Joe sich von Aiden. Dieser nimmt mich im Anschluss zur Verabschiedung kurz in den Arm. Ich bleibe stocksteif stehen. Ich fühle mich unwohl und bin froh als er seine Hände wieder wegnimmt.

"Komm!", wendet Joe sich wieder an mich. Wir setzen uns ins Auto und fahren zu uns.

"Was wollte er?" Ohne, dass er seinen Namen nennt, ist es klar, dass er von Noah spricht. Und so erzähle ich Joe von unserer Unterhaltung aus der Schule und von dem jetzigen Zusammentreffen.

Ich weiß nicht, ob ich froh sein soll, dass Aiden uns unterbrochen hat oder nicht. Ich würde gerne wissen, was Noah noch sagen wollte. Andererseits kann ich meinem Körper im Augenblick nicht trauen und wäre ihm vermutlich um den Hals gefallen und das wäre in der aktuellen Situation mehr als unangebracht.

Wo gehöre ich hin?Where stories live. Discover now