15. Eine Verfolgungsjagd

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Am nächsten Morgen wache ich wegen der Stimmen auf dem Flur auf. Es ist kurz nach neun und ich war die Nacht ständig wach, von daher kann ich mir schon, ohne in den Spiegel zu gucken, vorstellen wie ich aussehe. Blass, Haare durcheinander und dunkle Schatten unter zu kleinen Augen.

Ich stehe auf und gehe auf die Toilette, einen Blick in den Spiegel kann ich dabei nicht vermeiden und ich hatte recht, ich werde von meinem Aussehen nicht enttäuscht. Ohne mich groß darum zu kümmern, lege ich mich wieder auf mein Bett und versuche mich abzulenken, indem ich mein Handy zur Hand nehme. Keine gute Idee, wenn das Hintergrundbild ein Bild von Noah und mir ist, wie wir uns schlapp lachen.

Ich erinnere mich noch genau, wie wir auf dem Schulhof standen und Kyle irgendwas witziges über seine Oma erzählt hat und wir beide den übelsten Lachflash bekommen haben. Kyle hat das ganze fotografiert und Noah geschickt, welcher es mir weitergeleitet hat. Daraufhin habe ich einen weiteren Lachflash bekommen und habe es als Hintergrundbild genommen. Seitdem muss ich jedes Mal wenn ich auf mein Handy blicke grinsen. Jetzt weiß ich nicht ob ich grinsen soll oder doch weinen. Was wenn es das letzte Mal war, dass wir so miteinander lachen?

Es wird ein grinsen, bei dem ich dann anfange zu weinen. Plötzlich klopft es an der Tür. Ich ignoriere es. Ich will meine Brüder gerade nicht sehen.

"Sky? Ich weiß du willst uns nicht sehen, aber hier ist ein Mädchen und sie droht, dass wenn wir sie nicht zu dir lassen, sie die Tür eintritt", höre ich Joe sagen.

Das klingt ganz nach Alicia Keys. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Trotzdem bleibe ich ruhig. Ich höre wie Joe runter geht und unterwegs etwas sagt. Dann höre ich andere Schritte.

"Skylar Evans! Wenn du die Tür nicht sofort öffnest, trete ich die Tür ein. Ich weiß, dass ich nicht gerade sehr stark bin, aber wenn ich mir etwas in den Kopf setze, dann ziehe ich das auch durch, das weißt du!", spricht jetzt Alicia und ich kann mir das Funkeln in ihren Augen bildlich vorstellen. Und ich traue ihr zu, dass sie das wirklich durchzieht, also öffne ich die Tür und lasse sie rein. Sie hat zwei Becher von Butlers und einen großen Stoffbeutel dabei, den sie achtlos in eine Ecke wirft und mich in den Arm nimmt.

"Och süße, nimm es mir nicht übel, aber du siehst echt Kacke aus! Aber ich hab einiges dabei!"

"Wie könnte ich dir das übel nehmen, dass weiß ich doch selbst." Ich weiß genau, dass Alicia das nicht böse meint und nehme es ihr auch nicht übel, es stimmt schließlich. Sie schiebt mich zu meinem Bett, auf welches ich mich dann fallen lasse, und kramt in dem Stoffbeutel. Jetzt sehe ich, dass sie selbst nur eine Jogginghose und irgendein Tshirt trägt. Aus ihrer Tasche holt sie zwei Tüten vom Bäcker und Schokolade.

"Wir peppeln dich jetzt wieder auf! Als erstes essen wir etwas!"

Sie schmeißt mir eine Tüte vom Bäcker zu und gibt mir eine heiße weiße Schokolade. Sie selbst nimmt sich das gleiche und setzt sich zu mir. Sie hat uns jedem ein Schokocrossaint und einen Schokodonut mitgebracht.

Wir essen schweigend und es tut wirklich gut zu essen und dann auch noch so schön viel Schokolade. Dazu nehme ich immer mal wieder einen Schluck aus meinem Becher. Sobald wir beide fertig sind, liegen wir erstmal schweigend nebeneinander.

"Wie geht's dir?", fragt Alicia mich.

"Naja! Wie wohl? Scheiße!", gebe ich ehrlich zu.

"Dann brauchen wir wohl noch mehr Schokolade! Irgendwo habt ihr doch wohl noch welche. Ich hol kurz was!"

Ich bin viel zu überrumpelt um irgendwas zu sagen oder sie davon abzuhalten. Und als ich checke was los ist, poltert Alicia schon wieder ins Zimmer.

"Du wolltest doch wissen was die Jungs so treiben, richtig?"

"Ja!" Natürlich will ich das wissen, denn mehr als das sie sich hassen und irgendetwas illegales treiben, weiß ich nicht.

"Gut! Dann mach dich fertig! Warst du schon mal bei einer Verfolgung dabei?"

"Was?"

"Deine Brüder müssen irgendwo in einer halben Stunde sein und sehen Zitat "das Arschloch Noah". Also hop hop! Such dir dunkle Kleidung und hast du für mich eine schwarze Hose?"

Verwirrt nicke ich, laufe zu meinem Kleiderschrank und werfe Alicia eine schwarze Hose zu. Mir selbst nehme ich auch eine raus und dazu einen schwarzen dicken Pulli. Alicia werfe ich noch eine dunkle Strickjacke zu, da es wahrscheinlich noch nicht so warm draußen ist. Dann laufe ich ins Bad und mache mich etwas frisch und ziehe mich um. Mein ganzer Körper ist erfüllt von Adrenalin. Ich erfahre wo sich meine Brüder rum treiben und woher ständig die ganzen Verletzungen kommen.

Meine Haare flechte ich schnell zu zwei Zöpfen, wasche mein Gesicht und creme es ein. Danach sehe ich schon viel frischer aus. Ich trete aus dem Bad und Alicia sieht mich geschockt an.

"Was ist? Habe ich noch irgendwo Creme?", frage ich sie irritiert.

"Wie hast du es geschafft, dich so schnell von einem Zombie in ein hübsches Mädchen zu verwandeln? Ich kann das nicht mal nach einer normalen Nacht!", erklärt Alicia mir. Ich zucke nur mit den Schultern. Mehr Zeit zum antworten bleibt auch nicht, da meine Brüder rufen, dass sie nochmal weg müssen und dann fällt auch schon die Tür zu.

Alicia und ich gucken uns an, stürmen die Treppe runter und ziehen unsere Schuhe an.

"Beeil dich! Ich sehe sie gleich nicht mehr!", drängelt Alicia. Sie steht schon an der Tür, aber Shucks anziehen dauert nun mal etwas länger. Wir rennen nach draußen, werden dann aber sofort langsamer, da wir uns ja unauffällig benehmen müssen.

"Setz deine Mütze auf!", zischt Alicia mir zu. Und ich mache was sie sagt. Wir schleichen hinter meinen Brüdern her. Phil trägt Sportkleidung, während Joe einfach Jeans und Tshirt trägt. Sie sind anscheinend sehr in ihr Gespräch vertieft, denn sie bemerken Alicia und mich nicht und das obwohl ich das Ganze zum ersten Mal mache. Alicia scheint es schon öfter gemacht zu haben,  zumindest wirkt es so oder sie ist einfach von Natur aus die Ruhe selbst.

Ich bin gerade eher das komplette Gegenteil. Ich bin mega aufgeregt. Und stolpere die ganze Zeit. Was wenn Joe oder Phil sich umdreht? Oder sogar beide? Das würde großen Stress geben! Konzentration Skylar!

Wir verlassen das Villengebiet und landen in einer sehr heruntergekommene Gegend, um es mal vorsichtig auszudrücken. Es sind nur verlassene Gebäude und Gassen zu sehen. Bei manchen "Häusern" muss man glaub ich schon aufpassen, dass man nicht zu doll atmet, weil die sonst auseinander fallen.

Die Jungs biegen um eine Ecke und kurz darauf hören wie sie andere Leute begrüßen. Alicia und ich schleichen zur Ecke und gucken erstmal. Wir sehen eine große Runde an Jungen und vielleicht zwei oder drei Mädchen dabei. Ein paar der Jungs habe ich glaub ich schon mal an unserer Schule gesehen. Ganz sicher bin ich aber nicht. Aus der Gruppe sind fast alle normal gekleidet, bis auf zwei weitere Jungs, die wie Phil Sportkleidung anhaben.

"Was ist das hier?", frage ich Alicia leise.

"Ich habe keine Ahnung, aber soweit ich weiß, sind das alles Dark Angels. Guck mal sie gehen rein!"

Sie hat recht. Die Truppe setzt sich in Bewegung und verschwindet in einem der Gebäude, das im Gegensatz zu dem meisten Rest halbwegs stabil aussieht und ziemlich groß ist.

"Und jetzt?", frage ich unsicher.

"Hinterher! Was sonst?"

"Lass uns noch zwei Minuten warten!"

Somit warten wir noch zwei weitere Minuten und laufen dann auch zu dem Gebäude. Auf dem Boden liegen Tausende Zigarettenstümmel und auch anderer Müll. Wir kommen beim Gebäude an und öffnen leise die Tür. Das hätten wir wahrscheinlich gar nicht gebraucht, denn bemerkt hätte uns wahrscheinlich sowieso niemand. Im inneren sind super viele Menschen. Hauptsächlich Jungs oder Männer, weibliche Personen sind nur vereinzelt vertreten. Der größte Teil der Menge trägt Jeans und Tshirt, ein paar wenige Sportkleidung und ein Mann trägt einen Anzug.

Wuwu! Schon wieder ein neues Kapitel! Gewöhnt euch bloß nicht dran, bin nächste Woche nochmal im Urlaub und kurz darauf beginnt wieder die Schule und damit mein letztes Jahr! Aber ich versuche in den nächsten Tagen noch viel zu schreiben, das nächste Kapitel ist schon fast fertig :)

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