Die Beerdigung

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Die Beerdigung

Bilbo saß eingequetscht zwischen Dora und Dudo Beutlin und hatte Kopfschmerzen von der stickigen Luft in der Kutsche. Dora war in ein langes schwarzes Kleid gekleidet. Ihr krauses Haar hatte sie sich hochgesteckt und ihr Gesicht wurde von einem dunklen Schleier verhüllt. Sie weinte ununterbrochen und stopfte sich mit Toffee voll. Dudo Beutlin war genauso bullig wie seine Schwester und auch sonst ähnelten sich die beiden im Aussehen mit den dunklen Locken und den vielsagenden braunen Augen.

Dudo war still und hatte mit Bilbo bisher nur wenige Worte gewechselt. Das einzige Geräusch, was man von ihm hörte war, wenn er alle paar Minuten seinen Flachmann aus der Jackentasche holte, ihn aufschraubte und einige tiefe Schlücke trank. Bilbo wunderte sich, dass der Flachmann noch nicht alle war, schließlich war die Fahrt lange. Dudo trug ebenfalls schwarz und Bilbo glaubte mittlerweile, dass der hohe Alkoholkonsum nicht nur an der Trauer um seinen Bruder lag. Bilbo versuchte sich zwischen Cousine und Cousin auf ein Buch zu konzentrieren und sprach nicht.

Die einzige, die ununterbrochen redete, war Margerite Beutlin, Dudos Tochter, die ihm aber überhaupt nicht ähnlich sah. Sie war schlank, gebräunt, hatte langes blondes Lockenhaar und hellgrüne Augen. Sie trug ein schwarzes Kleid, was aber nicht wirklich zu einer Beerdigung passte und hatte einen süßlichen Duft aufgetragen, von dem Bilbo fast schwindelig wurde. Margerite war 30 und so am Ende ihrer Zwiens, wie die Hobbits das unreife Alter zwischen der Kindheit und dem Mündigwerden mit 33 nannten. Aber Margerite wirkte nicht wirklich so, als ob sie bald mündig werden würde. Sie rauchte Pfeife in der Kutsche, spielte mit ihren Locken, lästerte über Freunde und Bekannte, die niemand der drei anderen kannte, beschwerte sich über die Unbequemlichkeit der Kutsche (obwohl sie die ganze Bank für sich hatte) und sinierte darüber, wie es wohl im Brandygut sein würde. Anscheinend hatte sie die Ernsthaftigkeit, warum sie nach Bockland fuhren, nicht verstanden.

Als Bilbo glaubte, dass er nicht länger in der von Pfeifenkraut und Parfüm verpesteten stickigen Luft sitzen konnte, hielt die Kutsche und Bilbo stürzte heraus. Draußen war es kühl und grau. Es roch nach frischem Regen. Er atmete einige Male tief ein und aus und sah sich dann um. Der Hobbit verstand nun, warum das Gut der Brandybocks auch Brandyschloss genannt wurde. Das Smial war riesig und man konnte deutlich erkennen, dass hier eine sehr wohlhabende Hobbitfamilie wohnte. Bilbo wusste, dass das Brandygut eines der letzten Clan-Smials neben den Groß-Smials, wo die Tuks lebten, des Auenlandes war. Es hatte mindestens 100 runde Fenster, drei Haupteingänge und viele versteckte Nebeneingänge. Das Gut nahm den ganzen unteren Teil des niedrigen Berges, dem Bockberg, ein. Bilbo staunte, weil er noch nie hier gewesen war. Er wusste, dass es im Brandygut anders zulief als zum Beispiel in den Groß-Smials. Bilbo konnte sich noch gut daran erinnern, wie er als Kind mit seinen Eltern seinen Großvater, den Alten Tuk, besucht hatte. Und auch wenn dieser große Feste feierte, gab es bei den Tuks immer strenge Regeln und Sitten.

Das Brandygut sollte dagegen ein richtiger Kaninchenbau sein, so hatte Hamfast es zumindest gesagt. Hier lebten über 100 Hobbits und es wurden ständig ausgelassene Feste gefeiert. Auch dass die Brandybocks auf der anderen Seite des Flusses lebten und anders als die anderen Hobbits Boote mochten und etwas davon verstanden, hatte ihnen zu ihrem eher fragwürdigen Ruf verholfen. Direkt neben dem Gut lag ein breiter schneller Fluss, der goldbraun war. Dies war der Brandywein. Dora, Dudo und Margerite stiegen ebenfalls aus und sahen sich skeptisch um. ,,Ich weiß nicht, wie man so nah an einem Fluss leben kann", meinte Dudo und deutete zum Brandywein. Seine Tochter zuckte bloß mit den Schultern und fummelte an ihrer Lockenpracht herum.

Auf einmal öffnete sich eine der großen runden Türen und ein Hobbit, ganz in schwarz gekleidet, watschelte auf sie zu. Er war klein und hatte einen prallen Bauch. Sein krauses Haar war dunkelblond und reichte ihm bis auf die Schultern. Seine kleinen Augen huschten hin und her und waren von der goldbraunen Farbe des Brandyweins. Der Name dieses Hobbits war Rorimac Brandybock. Er war das Oberhaupt der Familie Brandybock und der Herr über Bockland. ,,Guten Tag", sagte Rorimac und nickte seinen Gästen höflich zu, ,,es rührt mich, dass ihr, Dora und Dudo gekommen seid. Euer Bruder hätte das sicher gewollt". Dora schnaubte bloß leise und Dudo erwiderte: ,,Ich weiß gar nicht mehr, was mein Bruder gewollt hätte und was nicht. Ich habe ihn zu lange nicht mehr gesehen. Er war meistens nur hier."

Der Schatten des Ringes| BagginshieldWhere stories live. Discover now