Epilog: Am Strand von Valinor

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3023 D.Z

Bilbo lächelte, als er den kleinen Eichenbaum goss. Damals, bei seiner Abreise aus Mittelerde, hatte er eine kleine Eichel aus seinem eigenen Garten mitgenommen. Hier, in Valinor, dem Land der Valar auf dem entrückten Kontinent Aman, wuchs alles viel schneller. Bilbo lebte zusammen mit Frodo seit zwei Jahren hier und liebte diesen Ort. Valinor war schön und prächtig. Die Valar hatten hier ihre Gärten, Paläste und Türme errichtet. Das Licht schien hell und es war ein gesegnetes Land, in dem nichts krank wurde, nichts verdorrte und sogar die Steine und die Wasser heilig waren. Bilbo und Frodo lebten in einem großen schönen Haus, zusammen mit Gandalf und vielen Elben, die sie schon aus Mittelerde kannten. Das Haus stand am Meer und hatte einen prächtigen fruchtbaren Garten, in dem Bilbo jeden Tag spazieren ging.

Hier in Valinor fiel ihm alles leichter, auch sein hohes Alter. Bilbo hatte vor kurzem seinen 133. Geburtstag gefeiert und galt nun als der älteste lebende Hobbit. Selbst sein Großvater, der Alte Tuk, war nur 130 geworden. ,,Bist du fertig, Onkel?", fragte Frodo da, der mit dem Rücken an einem Baum saß und in einem Buch las. Frodo sah gut aus. Sein krauses Haar ließ er langwachsen, es reichte bereits zu den Schultern. Er trug ein blaues elbisches Gewand und einen Stirnreif. Bilbo fand, dass er wie ein etwas zu kleingeratener Elb aussah. Der Krieg war gewonnen, Sauron vernichtet und der Eine Ring war endlich zerstört wurden. Es gab nichts mehr, was Frodo und Bilbo fürchten mussten. Auch Frodos Verletzung an der Schulter machte ihm nur noch selten zu schaffen.

,,Ja, mein Junge", erwiderte Bilbo und lächelte leicht. Er selbst trug noch immer typische Hobbitkleidung. Kniehosen, Weste, Hemd und den Schal, den er von Thorin bekommen hatte. Frodo sprang auf und stützte seinen Onkel. ,,Wollen wir noch zum Strand?", fragte Frodo munter.

Bilbo nickte und sie folgten einem kleinen Pfad, am Haus vorbei und auf den Strand zu. Dort setzte Bilbo sich schwerfällig auf eine Bank und Frodo legte sich in den weichen, weißen Sand und las in seinem Buch weiter. ,,Was liest du da, mein Junge?", wollte Bilbo interessiert wissen und betrachtete das Buch. Es hatte einen abgenutzten Einband aus dunklem Leder, in denen goldene Runen, die Bilbo nicht lesen konnte, eingelassen waren. Die Seitenränder waren golden und das Buch wirkte sehr alt und edel. ,,Es heißt Die Erschaffung von Arda", erwiderte Frodo und sah von den gelblichen Seiten auf. „Es ist auf Quenya geschrieben."

,,Respekt, Frodo", meinte Bilbo anerkennend und lächelte den jüngeren Hobbit an. ,,Es ist eine schwere Sprache. Du wirst von Tag zu Tag klüger und elbischer."

Bilbo selbst hatte das Quenya lernen irgendwann aufgegeben. Er hatte beschlossen, dass er nun nichts mehr lernen wollte, sondern einfach nur noch den Rest seines Lebens genießen. In den letzten Wochen hatte er gespürt, dass sich sein Leben dem Ende zuwandte. Bilbo hatte sich nicht krank gefühlt. Oh nein, aber er hatte sich vorbereitet gefühlt. Vorbereitet auf ein Ende, welches gleichzeitig ein Neuanfang war.

,,Danke, Onkel", sagte Frodo erfreut und konzentrierte sich wieder auf das Buch. Bilbo blickte auf das ruhige klare Wasser. Es dämmerte bereits und bald würde die Sonne untergehen. Dann würden sie wieder zum Haus gehen, um mit den anderen zu essen. Bilbo würde von den köstlichen Speisen essen und den guten Wein trinken, den ihm Elrond in Maßen wieder erlaubt hatte. Bilbo war ihm dafür sehr dankbar und war immer da für seinen alten Freund, denn Arwen, Elronds Tochter, war ja in Mittelerde geblieben und war nun Königin von Gondor. Elrond musste sie sehr vermissen. Auch Bilbo vermisste Aragorn und Arwen sehr. Mit einem zufriedenen Seufzer lockerte Bilbo den Schal um seinen Hals. Er sah Frodo noch eine Weile beim Lesen zu und summte leise vor sich hin.

Plötzlich kam Wind auf, der Schal löste sich von seinem Hals und wurde vom Wind fortgetragen. Frodo sah es, sprang flink auf und hechtete dem Schal hinterher.

,,Schon gut. Lass ihn fliegen", sagte Bilbo.

Vollkommen friedlich sah er Thorins Schal nach, wie er über das Meer in Richtung Osten getragen wurde. Dort, wo in weiter Ferne Mittelerde lag.

,,Geht es dir gut, Onkel?", fragte Frodo zögerlich, der seinen alten Platz im Sand eingenommen hatte und wusste, wie viel Bilbo der Schal bedeutet hatte.

,,Es ging mir noch nie besser, mein lieber Frodo", erwiderte Bilbo, lehnte sich leicht zurück und schloss friedlich die Augen. ,,Lies mir vor", bat er seinen Neffen leise. ,,Ich möchte deine Stimme hören."

Ein letztes Mal, fügte Bilbo in Gedanken hinzu, denn er spürte, dass das Ende gekommen war.

Frodo war leicht verwundert, nickte aber, setzte sich neben seinen Onkel auf die Bank und las die auf Quenya geschriebenen Wörter in der gemeinsamen Sprache vor. Bilbo lauschte ihm aufmerksam. Schließlich ging die Sonne unter und Frodo wollte aufbrechen. Er legte das Buch weg und versuchte seinen Onkel aufzuwecken.

,,Bilbo!", meinte er leise. ,,Wir wollen los. Steh auf!"

Aber Bilbo reagierte nicht. ,,Bilbo? ... Bilbo ... was ist los?", fragte Frodo und erst dann bemerkte, dass Bilbo aufgehört hatte zu atmen und sein Herz aufgehört hatte zu schlagen, doch er war mit einem Lächeln auf den Lippen gestorben. Tränen traten in Frodos Augen, während er immer wieder Bilbos Namen murmelte.

Aber Bilbo konnte ihn nicht mehr hören. Er war bereits bei Fili, Kili, Balin und all den anderen. Er war wieder mit Thorin vereint.

Nun geht eine weitere Geschichte zu Ende. Ich hoffe, sie hat euch gefallen. Ja, ich weiß, dass diese Bagginshield Fanfiction sehr traurig war aber ich wollte mich einfach mit Bilbos Trauer beschäftigen, weil Trauer ein sehr wichtiges Thema ist. Lasst doch gerne ein Feedback da. <3



Der Schatten des Ringes| BagginshieldWhere stories live. Discover now