16. Kapitel

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Fingon eilte zu ihr und umarmte schützend die schluchzende Asgariel. Earehtë erhob sich elegant und schenkte einen Krug Wein ein den sie der Elbin brachte. Dankbar nahm die Prinzessin an und nahm ein paar Schlucke. »Was hast du gesehen?« fragte Earehtë und nahm wieder gegenüber von ihr Platz. Asgariel sammelte sich und fügte Wörter zusammen. »I-Ich sah...ich kann es nicht genau sagen, ich...« Fingon legte ihr beruhigend die Handfläche an ihre Wange. »Atme tief durch und konzentrierte dich.« Sie nickte und tat wie er sagte und begann erneut. »Ich war im Schatten einer großen Burg. Ich wusste nicht, wo das war, aber es sah nicht viel anders als hier aus. Danach sah ich uns beide, Fingon, friedlich schlafend, doch wurde ich plötzlich von einem Schmerz fortgerissen, der mich ummannte. Dann folgten schreckliche Szenen, die mir Angst bereiteten, ich sehe es noch genau vor mir: Feuer um Feuer über weites Land, fast alles stand in Flammen, danach erblickte ich eine Armee in silberner Rüstung mit bunten Bannern und glänzenden Waffen und schließlich das abscheulichste von allem: ein großer dunkler Hügel, der nur aus Leichen bestand...« sprach sie. Earehtë blickte nachdenklich abseits. »Sprich weiter.« sagte sie schließlich. »Und dann tauchte ein dunkles Tor vor mir auf und herauskam ein schwarzer Schatten mit einer schimmernden Krone und einer schrecklichen Keule. Er stellte sich einer Lichtgestalt entgegen...« Fingon horchte auf, als erinnerte ihn das an etwas, von dem er schon lange nicht mehr gesprochen hatte, und naja, das war auch der Fall. »Anschließend wurde jemand gekrönt. Er blickte mir in die Augen und ich fühlte eine starke Verbindung zwischen ihm und mir, die tief zu sein schien. Er erinnerte mich an dich, mein Geliebter.« erzählte Asgariel an ihren Mann gewandt. »Ich fand mich danach in Falas wieder, wie ich schweigend über das Meer schaute...dann wurde ich fortgezogen und blickte ohne physische Form über das Land. Es war von alter Schönheit: weite Wälter, verzaubernde Gärten, majestätisches Licht, wundervolle Paläste und eine hohe, schöne Stadt. Ich weiß nicht wieso, aber mir fiel bei diesem Anblick dein Lied wieder ein. Wie ging es noch gleich? Nórëssë, laurëa nóresse, enta nélmë. Apa autiëlvë...Rimbë mahtali sí, apa cestalvë silmarilli. In einem Land, einem goldenen Land, dort waren wir. Aber wir gingen fort...viele Kämpfe gibt es hier, doch wir suchen die Silmarils.« Asgariel lächelte Fingon an und trocknete ihre Tränen. »Das Land das ich sah hat mich an das aus deinem Lied erinnert. Ist das möglich?« Er nickte bestätigend. »Ja. Es gibt nur ein Land, dass Orte besitzt wie du es beschreibst und das ist Valinor im Westen, in dem meine Sippe einst lebte. Ein paar sind noch immer dort, wie Amarië, die Geliebte von Finrod.« Asgariel nickte. »Ruh dich erst mal ein wenig aus.« sagte Fingon und stand auf um mit Earehtë zu reden. »Was denkt Ihr, bedeuten diese Visionen?« fragte der Prinz leise genug damit seine Frau ihn nicht hören konnte. »Ich kann es nicht sagen. Sie hat viel gesehen, auch schreckliche Dinge. Wenn man auf den Traumpfaden wandelt, dann kann man nicht mit Sicherheit sagen, was man sehen wird. Es könnte sich um die Vergangenheit, die Gegenwart oder vielleicht auch die Zukunft handeln. Ich denke, dass jene Versionen die Zukunft behandelten.« Fingon nickte ruhig und warf seitlich einen Blick auf Asgariel, die am Teppich saß und mit ihren Fingern spielte. Er sprach: »Dann hat sie viel vor sich.« Earehtë legte ihre Hand an seinen Arm. »So muss es wohl sein. Zerbrecht euch nicht den Kopf darüber. Nichts ist gewiss. Beschützt sie so gut Ihr könnt und lasst uns hoffen, dass diese Visionen sie nicht im Traum heimsuchen.« Nachdem die Elbin fertig gesprochen hatte ging sie zu einem Schrank und holte ein Amulett hervor. Der Anhänger war aus verzierten Stahl und ein blauer Stein war darin eingearbeitet. »Das wird die bösen Träume von ihr fernhalten und sie beschützen. Sie muss es stets tragen. Es kann nicht zerstört werden außer von den stärksten Kräften. Möge es seine Wirkung erzielen.« Fingon nahm es entgegen und lächelte. »Ich danke Euch, Earehtë« Gemeinsam verließen Asgriel und Fingon das Zelt. Earehtë blieb beim Tuchvorhang stehen und schaute den beiden nach, wie sie Hand in Hand nebeneinander fortgingen. Bevor sie wieder unter die Sonne traten, gab der Prinz ihr das Amulett und hängte es ihr um den Hals. Die Prinzessin betrachtete es lächelnd und sagte etwas zu ihm bevor sie ihn umarmte und küsste.

The Fate of DoriathWhere stories live. Discover now