Kapitel dreiundzwanzig

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Es war erst gestern, als Keno mich mit der eiskalten Wahrheit konfrontiert hatte. Es war nun Montag und mein letzter Artikel ist dank Karen ohne Probleme in der heutigen Ausgabe veröffentlicht worden. Immer mehr Menschen interessierten sich für die Moretti Reihe und verfolgten diese gespannt, was mich noch trauriger machte, da dies wohl die letzte Ausgabe zu sein scheint.

"Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?", fragte Karen verwirrt, als ich am Morgen meine Tasche über den Bürostuhl hing.

"Wieso fragst du?", meinte ich stirnrunzelnd und bediente sofort die Automatischen Rollos, damit mir die Sonne nicht so ins Gesicht schien.

"Du siehst aus, als würde irgendwas nicht stimmen", erwiderte sie und stellte mir einen Kaffee vor die Nase. Seufzend fuhr ich meinen Laptop hoch und sah dann zu ihr herüber.

"Wenn du es genau wissen willst, gebe ich die Reihe mit der Moretti Familie auf", erklärte ich ihr meine Stimmung und wandte mich dann wieder meiner Arbeit zu, die jedoch von einem lauten Neeeeeeein unterbrochen wurde.

"Doch Karen, dass geht alles viel tiefer da als du dir vorstellen kannst. Ich habe mich selber so weit in Gefahr gebracht, dass ich jeden Moment umgelegt werden könnte", sprach ich panisch und flüsterte den letzten Teil, weil ich nicht wollte, dass man uns hören konnte.

"Was hast du denn getan?", hakte sie interessiert nach und strich sich dabei die Haare hinter die Ohren.

"Dem Sohn eines Mafia Bosses ins Bein geschossen", meinte ich ohne mit der Wimper zu zucken.

"Nein, hast du nicht", lachte sie irritiert, als sie jedoch spürte, dass es mein voller ernst war, entwich auch ihr das grinsen aus dem Gesicht.

"Valentina bist du des Wahnsinns?", quickte sie.

"Die haben sich mit den Morettis angelegt und es wurde langsam brenzlich, dann habe ich einfach geschossen. Worin ich nebenbei bemerkt unfassbar gut bin", erwiderte ich mit ein wenig stolz in der Stimme.

"Wer bist du? Wo ist die alte, ängstliche Valentina?", fragte Karen irritiert.

"Verbring du mal eine Woche in einer Mafia Familie, dann bist du auch nicht mehr die, die du mal warst", seufzte ich auf und lehnte mich in den Stuhl zurück. Ich wusste nicht so Recht wie ich jetzt weiter machen sollte, ohne eine richtige Story, die ich veröffentlichen konnte und wie ich das ganze Miss Thompson erklären sollte, wusste ich noch weniger.

Ich entschied mich dazu, alles weitere morgen anzugehen und für heute erst einmal sämtliche E Mails zu beantworten und die Ereignisse des Wochenendes zusammen zu fassen. Nachdem das geschafft war, hatten wir bereits Nachmittag, weshalb ich mich dazu entschloss, Feierabend zu machen und nach Hause zu gehen. Ich wollte mir heute ein wenig Zeit für mich nehmen und durch die Angebote von Wohnungen stöbern, um hier hoffentlich bald ausziehen zu können.

Ich verabschiedete mich von Karen und lief aus dem Gebäude heraus. Mir stieß die warme Sommerluft entgegen und ich war entschlossen von der Idee, heute mal wieder zu meiner Wohnung zu laufen und nicht ständig Geld für ein Taxi auszugeben.

Als ich los lief, setzte sich ein Auto neben mir in Bewegung. Es war ein schwarzer Mercedes eqv mit getönten Scheiben, weshalb es sofort Alarm im meinem Kopf schlug. Es kann auch einfach nur ein doofer Zufalls sein, weshalb ich mich dazu entschloss keine voreiligen Entscheidungen zu treffen.

Ich lief die Straße entlang und kramte in meiner Tasche nach meinem Handy, das ich entsperrte. Meine Linke Hand behielt ich in der Tasche und umklammerte dort mein Pfefferspray fester, als ich feststellte, dass der Van sich nicht entfernte.

Zitternd entschied ich mich dazu Keno anzurufen. Ich wählte seine Nummer und hielt mir mein Handy ans Ohr. Wir hatten am Anfang Nummern ausgetauscht, falls ich Fragen hatte oder andere Anliegen und ich war mir ziemlich sicher, dass dies ein Anliegen war.

"Was?", brummte er nicht sehr begeistert darüber, dass ich mich meldete.

"Ich habe da eine Frage", fing ich so ruhig wie möglich an. Als er mir nicht antwortete, sprach ich einfach weiter.

"Wie sollte man reagieren, wenn man von einem schwarzen Van verfolgt wird?", fragte ich panisch und spürte, wie sich mein Herz beschleunigte, jetzt wo ich es laut ausgesprochen hatte, in was für einer Situation ich gerade steckte. Ich hörte Rascheln auf der anderen Seite des Handys und schließlich schnelle Schritte.

"Wo bist du?", fragte Keno nun hektisch.

"Ähm, ich laufe gerade ununterbrochen um meinen Arbeitsblock herum weil ich mich nicht nach Hause traue", gestand ich ihm hilflos.

"Henno soll den Wagen vor fahren. Chris, Paul, ihr fahrt mit ihm mit. Sofort!", ertönte seine Stimme von der anderen Seite.

"Okay gut, Valentina bleib in Bewegung ich mache mich auf den Weg", meinte Keno.

"Warte, leg nicht auf! Bitte", flehte ich, bevor er mich weg drücken konnte. Er sagte darauf nichts mehr, legte aber auch nicht auf. Ich hörte, wie der Motor seines Sportwagens gestartet wurde und wie er schließlich los fuhr.

Ich umklammerte mein Handy fester und hoffte, dass er jeden Moment auftauchte. Ich bog wieder um die nächste Ecke, sodass der Fahrer des Vans zu bemerken schien, dass ich ihn gerade verarschte. Er hatte wohl mitbekommen, dass ich genau wusste, dass ich verfolgt wurde, weshalb er nun ein wenig schneller fuhr und mir schließlich an der nächsten Ecke den Weg abschnitt.

Ich blickte gegen die getönten Scheiben und sah mich panisch nach Keno um, bis ich einen lauten Motor hörte und plötzlich zwei Bodyguards neben mir standen.

"Miss Clark, kommen sie", meinte einer der beiden und deutete auf den schwarzen Bulli, in dem Henno saß. Ich warf dem schwarzen Van, der mir unbekannt war, noch einen Blick zu, bis er sich wieder in Bewegung setzte und weg fuhr. Schwer atmend stieg ich in den schwarzen Bulli der Morettis und schnallte mich an.

"Guten Tag Valentina, geht es ihnen gut?", fragte der grauhaarige Fahrer, der die kleine Scheibe herunter gefahren hatte.

"Ja, jetzt wieder", erwiderte ich und das Auto setzte sich in Bewegung. Ich sah aus dem Rückfenster, wie Keno uns folgte und wir uns auf den Weg zu ihnen nach Hause machten. Nach einigen Minuten fuhren wir auf den Hof, wo ich ausstieg und zu Keno sah, der auf mich zu kam.

"Hast du irgendwas gesehen?", fragte er direkt, weshalb ich den Kopf schüttelte. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nichts erkennen konnte, weil die Scheiben rundum getönt waren. Wir liefen herein, wo mir auf halben Weg Raniya entgegen kam und besorgt musterte.

"Komm rein Liebes, das darf ja alles nicht wahr sein", motzte sie und führte mich ins Wohnzimmer, wo bereits Sergio saß und mich ansah. Nervös suchte ich den Raum nach Keno ab, der sich hinter mir in den Türrahmen lehnte.

"Wir haben darüber gesprochen", fing Raniya an und musterte mich dabei.

"Und haben überlegt, dass du vorübergehend wirklich hier wohnen solltest", meinte sie, was mich seufzen ließ. Ich wusste, dass ich praktisch keine Wahl hatte. Wenn ich weiterhin alleine durch New York laufe, könnte es wirklich gefährlich für mich werden. Aber ich wollte hier auch niemanden zur Last fallen und außerdem muss ich auch zur Arbeit kommen.

"Ich weiß nicht so recht. Komme ich denn wenigstens einmal die Woche zur Arbeit? Und ich will mich auch nicht aufdrängen und euch stören", sprach ich meine Gedanken laut aus.

"Du bist wegen uns in der Situation, also haben wir keine Wahl", meinte Keno nun, weshalb ich mich zu ihm drehte. Einfühlsam wie immer. Ich nickte schwach und Raniya nickte auf seine Worte hin zustimmend.

"Wir machen dir ein Zimmer fertig und Keno fährt mit dir in die Wohnung um deine Sachen zu holen. Außerdem wird dich immer jemand zur Arbeit begleiten wenn du dahin musste, damit dir der nötige Schutz geboten ist", erklärte die Frau mir nun.

"Danke", hauchte ich leise und folgte dann Keno zu seinem Auto, damit wir meine Wohnung leer räumen konnten.

Ich hatte wirklich gehofft, dieser Situation ausweichen zu können.

𝐌𝐨𝐫𝐞𝐭𝐭𝐢 ✓Where stories live. Discover now