Kapitel Zwei

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Yemaya, Waris und ich betraten den Klassenraum, in dem schon zwei Schüler saßen: Youma Scott und Anayo Mavuso.

Youma, die aufgrund ihrer Zweitgestalt (Kongo-Löwe) ziemlich kräftig und dennoch schlank gebaut war, hatte im Vergleich zu uns relativ helle Haut, sie wirkte eher goldbraun. Youma hatte flammend bernsteinfarbene Augen und welliges, goldblondes Haar.

Anayo hingegen hatte ziemlich kurzes schwarzes Haar und kalt wirkende, eng beieinander stehende dunkelbraune Augen und war eher drahtig und im Vergleich zu Youma klein. Anayo hatte ein schmales, kantiges Gesicht. Youma hatte feine Gesichtszüge, hohe Wangenknochen und schmale Lippen.

Anayo und Youma saßen nebeneinander und schauten auf, als wir laut schwatzend den Raum betraten.

„Hey!", rief Waris, mal wieder überaus gut gelaunt. „Wisst ihr schon, dass wir dieses Jahr einen Schüleraustausch machen?"

Während Waris den beiden aufgeregt erzählt, was er erfahren hatte, erklärte ich Yemaya, worum es sich bei einem Schüleraustausch handelte.


Ein paar Minuten später tauchte unsere Lehrerin für Menschenkunde, Mrs Ledwaba, auf. Sie war eine hochgewachsene, breitschultrige Frau, die um ihren Hals eine bunte Perlenkette trug.

„Guten Morgen", begrüßte sie uns mit einem schwachen Lächeln.

Hinter ihr trottete Ashanti in den Raum, ein eher kratzbürstiges Mädchen, das gerne alleine war.


Mrs Ledwaba sah sich um und runzelte die Stirn. „Wo sind die Anderen?"

„Ich hab Lamia und Hidaya in der Pausenhalle gesehen", sagte Ashanti bevor sie sich auf einen Stuhl in der zweiten Reihe fallen ließ.

Wir hatten hier nur Einzeltische, die ihn drei geraden Reihen aufgestellt waren. Ich saß zwischen Waris und Yemaya, rechts neben Yemaya saß Ashanti.

In der Reihe hinter uns saßen Lamia, Hidaya, Anayo, Vuyo und Shaquan.

In der ersten Reihe waren die Plätze von Aba, Caven, Yero, Youma undSekou.


Mrs Ledwaba seufzte – Es war fast schon normal, dass die Hälfte der Klasse zu Menschenkunde zu spät kam. Die meisten hatten keinen Bock auf das Fach – zum Beispiel Lamia, die als Mensch aufgewachsen war, und das Fach häufig schwänzte, weil sie schon alles wusste.


Ich tauschte einen Blick mit Yemaya, als die Tür wieder aufging und Sekou, Yero und Vuyo eintraten. Alle drei waren klassische Klassenkasper, obwohl Vuyo eigentlich noch klarging.

Man hatte die drei schon reden hören, als sie noch gefühlte drei Kilometer entfernt waren.

Mit einem strahlenden Grinsen und ausgebreiteten Armen betrat Yero den Raum, während Sekou seinen Rucksack zu seinem Platz schleuderte.

„Was geht?!", grölte Yero.

Ichv erdrehte die Augen und packte meinen Collegeblock und Stifte aus.

Mrs Ledwaba gab Yero einen strengen Blick. „Setz dich jetzt bitte hin und pack deinen Kram aus, Yero!"

Yero grinste nur und setzte sich hin. Was nicht unbedingt half, denn er fing sofort an, sich lautstark mit Sekou zu unterhalten, während Vuyo und Waris sich mit einem Faustcheck begrüßten.


Fünf Minuten später tauchten auch Caven und Aba auf.

Mrs Ledwaba erzählte uns, dass sie heute mit uns über Berufe in der Menschenwelt reden wollte.

„So, Leute. Heute sprechen wir über verschiedene Berufe. Wisst ihr denn alle, was ein Beruf ist?"

Da in unserer Klasse einige Schüler waren, die nicht als Mensch aufgewachsen waren, war es nicht abwegig, dass nicht jeder die Definition von Beruf kannte.

Zögerlich meldete sich Youma, die als Löwe aufgewachsen war, und entsprechend wenig mit der Menschenwelt zu tun gehabt hatte.
Immerhin war sie schon 13 Jahre alt gewesen, als sie sich das erste mal verwandelt hatte, und war dann direkt an die Black Rock High gekommen.


Anayo warf ihr einen aufmunternden Blick zu. Ein Lächeln erschien auf Youmas Gesicht und sie sprach mit mehr Kraft: „Ein Beruf ist etwas, dass von Menschen gemacht wird, wenn sie Geld verdienen wollen oder in ihrer Freizeit Langeweile haben."
Yemaya und ich grinsten uns an. Mit der Ausdrucksweise haperte es bei unserer Lieblingslöwin zwar noch etwas, aber sie machte richtig gute Fortschritte.

Ich war immer ziemlich stolz auf meine Freunde, die als Tier aufgewachsen waren, wenn sie etwas unerwartetes über die Menschen wussten. Ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Herzen aus, wenn ich an ihre Erfolge dachte.

Ich war zum Beispiel stolz auf sie, wenn sie sich aus eigenem Interesse neues Wissen über die Menschenwelt aneigneten und mir dann davonerzählten, auch wenn ich meistens ohnehin schon viel über das Themawusste.

Vorkurzem hatte mir Yemaya erzählt, dass sie sich jetzt mehr für Geschichte interessieren wollte, weil es echt spannend war.


Mrs Ledwaba nickte und lächelte aufmunternd. „Gut, Youma. Das stimmt. Ein Beruf ist etwas, dass, meist gegen Bezahlung, von Menschen ausgeübt wird. Es gibt sehr viele verschiedene Berufe, kennt ihr denn welche?"

Ich beschloss, mich zu melden – Jeder kannte mindestens einen Job und ich wollte mich nicht blamieren, wenn ich die einzige war, die sich nicht meldete, einfach weil ich zu schüchtern im Unterricht war.


Ich kam jedoch nicht dran, denn Mrs Ledwaba wählte Ashanti aus.


Ashanti richtete ihre starren goldgelben Augen auf Mrs Ledwaba. „Mein Vater ist Filmregisseur und meine Mutter ist Model und Designerin", sagte sie mit ihrer üblichen kühlen, ruhigen Stimme. Selbst, wenn jeder in Panik geriet, schaffte sie es ruhig zu bleiben, sie wirkte einfach immer so, als wäre ihr alles gleichgültig.

Vuyo stöhnte genervt und Sekou gab irgendeine Beleidigung von sich.

„Musst du immer so angeben mit deinen Eltern? Du tust so, als wären die total cool und reich, nur weil sie Model und Regisseur sind", sagte Aba kalt. Sie hatte pechschwarze Haare, die zu Braids geflochten waren, und zusätzlich waren pinke und violette Braids eingeflochten. Gerade starrte sie auf ihre violett lackierten Fingernägel, anstatt Ashanti anzusehen.

„Ihr seid doch nur eifersüchtig, weil eure Eltern beschissene Jobs haben", fauchte Ashanti, obwohl ihre Miene immer noch wie steinern wirkte.

Yero zog die Augenbrauen hoch und Mrs Ledwaba schritt dazwischen, bevor Sekou, der gerade ziemlich wütend aussah, ausrasten konnte.

Ich schüttelte leicht den Kopf. Meine Klasse war echt ein Sonderfall.

Yemaya fing meinen Blick auf und schob mir einen zusammengefalteten Zettel zu.

Die diskutieren noch ne weile, was denkst du wohin der Schüleraustaush geht?, stand darauf. Und ja, mit den Rechtschreibfehlern. Sie war eben noch nicht so lange in der Menschenwelt.


Ich schaute zu Mrs Ledwaba, die gerade kopfschüttelnd versuchte, den aufkochenden Streit zwischen Sekou, Aba und Ashanti zu unterbinden, und kritzelte dann schnell eine Antwort auf den Zettel.

Wir stehen in Flammen (Woodwalkers Fanfiction)Where stories live. Discover now