Kapitel Acht

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Am nächsten Morgen standen Yemaya und ich früher auf als sonst. Na ja, ich stand früher auf als sonst. Für Yemaya war das normal.

Direkt in der ersten Stunde hatten wir Verwandlung - wir sollten für den Schüleraustausch und die Prüfung üben, weswegen diese Woche mehr Verwandlungsunterricht stattfand als gewöhnlich. Yemaya und ich wollten allerdings vorher schon etwas üben.

Ich streifte mir eine dünne Jacke über und zog meine Schuhe an. Yemaya band sich gerade die Haare zu einem Zopf zusammen. Sie lächelte mich an. "Bist du fertig?"

Ich nickte und folgte ihr aus dem Raum. Ich war etwas aufgeregt - Natürlich stand die Prüfung jetzt noch nicht an, aber ich wollte jede Möglichkeit, zu trainieren, nutzen. Meine Verwandlungen waren nicht abgrundtief schlecht, aber ich war nicht sonderlich gut darin, mich unter Druck oder in extremen Situationen zu verwandeln. Und Yemaya verwandelte sich immer in den ungünstigsten Momenten.

Yemaya schien außerdem deutlich mehr Probleme damit zu haben, sich in einen Menschen zurückzuverwandeln, als in einen Leoparden. Unsere Lehrer wussten das auch, weswegen sie bei ihr den Fokus darauf legten, sich in einen Menschen zu verwandeln.

Wir zogen uns in den hinteren Teil der Verwandlungsarena zurück, die immer offen stand und zusätzlich genügend Sichtschutz bot.

Yemaya und ich hatten beide ein Handtuch mitgebracht. In der Verwandlungsarena gab es zwei Umkleiden, eine war etwas größer.

"Bereit?", fragte ich. Yemaya nickte. "Gut, dann nimm mal deine Zweitgestalt an.

Problemlos verwandelte Yemaya sich und zeigte mir stolz ihr Leopardengebiss.

Ich grinste und nahm anschließend meine eigene Tiergestalt an. Ich flog ein paar Runden als Maskenweber durch die Arena, bevor ich wieder vor Yemayas Pfoten landete. Früher hatte meine Leoparden-Freundin versucht, mich zu töten und zu fressen, aber zum Glück hatte sie inzwischen gelernt, dem zu widerstehen.

Das hat schon voll gut geklappt, sagte Yemaya begeistert.

ich stimmte ihr in Gedanken zu und konzentrierte mich auf meine Menschengestalt. Ich stellte mir ein kleines, etwas rundliches Mädchen mit dunklen, wirren Haaren und tiefbraunen Augen vor. Ich spürte, wie sich mein Körper verformte und ich größer wurde. Aus meine  Flügeln wurden Arme und aus meinem Schnabel ein Mund und eine Nase.

Schnell nahm ich mir ein Handtuch und wickelte es um meinen Körper. "Und, wie war das?", fragte ich Yemaya.

Super, gab diese zurück. Aber du hast da noch ein paar Federn. Ich hörte sie in meinem Kopf kichern und schaute auf meinen linken Arm, der tatsächlich noch zum Teil mit gelbgrünen Federn  bedeckt war.

Ich stöhnte genervt und stellte mir noch einmal meinen gesamten Menschenkörper vor. Die Federn verschwanden schließlich. Das durfte mir echt nicht passieren, wenn wir im Flugzeug nach Amerika saßen.

Jetzt bist du aber dran, schickte ich Yemaya in den Kopf.

Die erhob sich und schien sich ziemlich zu konzentrieren, aber das einzige, das sich veränderte, waren die Tasthaare und die Pfoten, welche sich langsam zu Fingern formten.

Das wird doch nichts, hörte ich ihre Stimme in meinem Kopf.

Alles gut, sagte ich. Stell dir mal vor, wie du als Mensch aussiehst. Stell dir dein Spiegelbild vor, deine Augenfarbe, deine Haare ...

Der Leopard wurde tatsächlich noch innerhalb der nächsten fünf Minuten zum Menschen. Zwar hatte es etwas lange gedauert, ihre Leoparden-Ohren loszuwerden, aber auch das hatte schlussendlich geklappt und so sah ich mich einem muskulösen Mädchen, das mich um fast einen Kopf überragte und in ein Handtuch eingewickelt war, gegenüber.

Wir übten noch ein wenig weiter, aber als die Cafeteria öffnete, verwandelten wir uns zurück in Menschen und zogen unsere Klamotten an. Wir gingen in die Cafeteria, wo Waris schon auf uns wartete.

Wir stehen in Flammen (Woodwalkers Fanfiction)Where stories live. Discover now