Reparo

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Ich blinzelte und machte meine Augen auf. Ich lag mit Harry auf unserem Hügel. Er lag ausgestreckt auf der Wiese und schaute mit geschlossenen Augen und zufriedenem Gesichtsausdruck zur Sonne. Ich lag neben ihm, mein Kopf lag auf seiner Brust und ich genoss die prickelnde Wärme auf meiner Haut. Alles war so friedlich, so, wie ich es mir die ganzen letzten Monate gewünscht hatte. Mein Blick wanderte zu Harry und ich musste lächeln, als ich ihn so sah. Er machte die Augen auf und grinste mich an. "Na, wieder aufgewacht, Schlafmütze? Du musst einen Albtraum gehabt haben, so wie du rumgezuckt hast." Ich sah ihn verwirrt an.
"Das...das war ein Traum? Was ist mit Voldemort, was ist passiert?" Ich richtete mich auf.
"Ja, seinen Namen hast du auch ständig gerufen. Du hast mir schon beinahe Angst gemacht." 
Ich atmete erleichtert aus und ließ mich wieder auf seine Brust sinken. Es war nur ein Traum.
Harry hob seine Hand und ich war mir sicher, dass er über mein Gesicht streicheln wollte, doch stattdessen spürte ich einen dumpfen Schlag an meiner Schläfe. Wieso hatte er mich geschlagen? Wieso machte er das? Doch er grinste mich weiterhin an und ich wollte ihm schon vergeben, als er es plötzlich wieder tat. Wieder und wieder.
"Nein, Harry.", sagte ich verwirrt. "Lass das, nein, ich möchte nicht..."
Ich schlug meine Augen auf. Meine Schläfen pochten. Ich roch den Duft von verdorrtem Gras. Sämtliche Gliedmaßen schmerzten mir. Ich merkte, dass ich mit meinem Gesicht nach unten lag, der Untergrund fühlte sich an wie eine Wiese. Ich versuchte mich umzudrehen, doch mein Körper wollte nicht gehorchen. Sämtliche Kraft war mir entwichen, ich war unfähig, auch nur irgendetwas zu tun. Selbst meine Gedanken wollten sich nicht zusammen raufen lassen. Das Einzige, was mir in diesem Moment bewusst wurde war, dass ich nur geträumt hatte. Es wurde mir schwarz vor Augen und ich trat weg.
Als ich wieder zu mir kam, bemerkte ich, dass es dunkel war. Es musste Nacht sein. Ich schloss meine Augen gänzlich um einen Teil des stechenden Kopfschmerzes zu unterdrücken. Für einen Moment verweilte ich so, bis mein Gehirn auf einmal wieder anfing zu arbeiten.
Wieso war ich hier? Ach ja, Voldemort. Wäre ich tot, hätte ich keine Schmerzen. Oder doch? Nein, für dieses Mal hatte er nicht gewonnen. Ich war nach Hogsmade apperiert, um uns zu retten. Aber diese Wiese fühlte sich nicht an wie Hogsmade... Moment, uns retten. Was war mit Harry? Hatte ich es geschafft, mit ihm Seit-an Seit zu apperieren? Ich spürte die all zu vertraute Panik in mir aufsteigen. Ich musste mich aufraffen, aufraffen, um nach ihm zu suchen. Er konnte doch nicht dort geblieben sein, dort bei ihm. Mit aller Kraft versuchte ich mich aufzurichten, doch es ging nicht. Mein Körper war wie festgeklebt auf dem Boden. Nein, Harry, nein, er musste hier sein. Er musste es einfach. Auf einmal nahm ich neben mir ein Keuchen wahr, doch ich konnte es in meinem Zustand nicht zuordnen. Ich wollte Harrys Namen rufen, doch aus meinem Mund kam nur ein unvernehmliches Wispern. Anhand des schweren Atems wurde mir bewusst, dass die Person neben mir ebenfalls mit ihren Kräften zu kämpfen hatte. Ich hörte, wie sie sich am Boden entlang schliff, näher in meine Richtung. Ich bekam Hoffnung und Angst zugleich, als sich die Person mühsam näherte. Mein Atem wurde schneller und mein Herzschlag beschleunigte sich.  
Und auf einmal lag ich in seinen Armen. Vergessen war das Schreckliche, was wir in jener Nacht erleben mussten. Vergessen war der Schmerz und die Angst, die wir durchlebt hatten. Alles was zählte war, dass ich hier in seinen Armen lag, sicher und friedlich. Ich roch seinen herrlichen Duft, der mir nur all zu vertraut war, ich hörte seinen Herzschlag, der unter seiner warmen Haut lebendig schlug.
"Shh.", beruhigte er mich, als ich plötzlich in ein Schluchzen ausbrach.
"Shh, Sidney, alles ist gut. Alles ist gut, wir haben es geschafft. Du hast es geschafft."
Ich vergrub mein Gesicht in seine Schulter. Auch, wenn wir beide gerade Schmerzen hatten und schwach waren, durchströmte mich in diesem Moment die pure Glücksseeligkeit.
Doch plötzlich wurde es warm und nass an meinem Gesicht. Ich bemerkte, dass es Blut sein musste. Erschrocken sah ich auf und sah, dass an Harrys Schulter eine große, klaffende Wunde war. Vor Schreck riss ich meine Augen auf. Er musste beim Apperieren gesplittert sein. Harry bemerkte meinen Blick und drehte sich schnell weg, damit ich es nicht weiter sah. Er musste schreckliche Schmerzen durchleiden, und das nur wegen mir. 
"Das wird schon wieder.", sagte er und erst jetzt bemerkte ich seine seinen stockenden Tonfall, da er den Schmerz kaum ertragen konnte. Aber er wollte stark sein, stark für uns. Mit seinem Gesunden Arm hob er seinen Zauberstab und sprühte rote Funken in die Luft. Dann sackte er wieder auf den Boden.
"Sie werden bald kommen und uns holen.", sagte Harry und versuchte denSchmerz mit seiner Zuversicht zu überdecken. "Du hast das klasse gemacht, Sidney. Weltklasse. Wir sind nur ein paar hundert Meter vom Dorf gelandet. Sie werden die Funken sehen und uns retten, Sidney. Hörst du? Sie werden kommen. Halt durch." Ich spürte seine Lippen, die er auf meine Stirn presste. Ich wollte noch etwas erwidern und ihm antworten, doch aufeinmal wurde es mir wieder schwarz vor Augen und ich spürte, wie ich in die endlose Dunkelheit zurück gesogen wurde. 

"Das ist ein furchtbarer Eklat, ein Skandal ist das!" Ich vernahm gedämpfte Stimmen, als ich zu mir kam.
"Stellen Sie sich nicht so an! Niemand trägt hierfür die Schuld! Wer hätte denn ahnen können, dass..." 
"Und wie soll ich das der Presse erklären? Schüler zum Ausflug bei Voldemort ? Ich fange wirklich an, an der Kompetenz dieser Schule hier zu zweifeln."
"Das Einzige, was Ihnen im Moment einfällt, ist sich um Ihren Ruf als Zaubereiminister zu sorgen? Sehen Sie sich an, was diese beiden Schüler hier geleistet haben! Sie sind wohl auf, das ist wohl das Einzige, was im Moment wirklich zählt." 
Es dauerte nicht lange, bis ich die Stimme  McGonnegals und die des Zaubereiministers erkannte. Wo war ich? Ich war noch nicht bereit, meine Augen aufzuschlagen. Ich bemühte mich, weiter den Worten der beiden folgen zu können. 
"Sie stellen mich hier als Unmenschen dar, Minerva! Als ob mir mein Ruf wichtiger wäre, als..."
Nur zu gut hatte ich jetzt McGonnegals prüfenden und strengen Blick vor Augen, den sie Fudge nun zuwarf.
"Es reicht, für beide von Ihnen." Mir stockte der Atem, als ich Dumbledores Stimme erkannte. Er war auch hier? Und vorallem, wo war hier? Gleichzeitig nahm ich wahr, wie sich schlagartig die Stimmung im Raum veränderte, als er anfing zu sprechen. McGonnegal und Fudge waren prompt verstummt. Ich hörte einen Stuhl über den Boden schleifen und hörte, wie Dumbledore darauf Platz nahm. 
"Es ist fürchterlich, was den Beiden widerfahren ist." In seiner Stimmte lag Sorge und Erschöpfung. "Es ist ein Wunder, dass die Beiden das so gut überstanden haben. Niemand trägt hierfür die Schuld. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Dinge ihren Lauf genommen hätten. Es war die unbrechbare Macht der Liebe und der ungeheure Mut, der den zweien hierbei geholfen hatt." Dumbledore machte kurz eine Pause, ehe er fortfuhr.
"Machen Sie Ihre Pressemitteilung, Fudge. Sagen Sie den Leuten die Wahrheit, es wäre eine noch größere Katastrophe, wenn die Leute angelogen werden würden. Achten Sie auf Harrys und Sidneys Privatsphäre, doch stellen Sie die Dinge nicht anders dar, als sie es sind." Fudge schien für einen Moment sprachlos, da seine Autorität derart in Frage gestellt wurde, doch schließlich sagte er: "Ich werde mein Bestes geben. Minverva, Albus. Einen schönen Tag Ihnen beiden noch." Ich hörte, wie sich Schritte entfernten und sich eine große Tür schloss. Auf einmal wurde mir der sterile Geruch des Raumes bewusst und als ich meine Augen zu einem kleinen Spalt öffnete, sodass es niemand sehen konnte, erblickte ich den Krankenflügel. Durch die leicht herunter gelassenen Rollos sah ich Sonnenlicht herein strahlen. Eine Woge der Erleichterung durchströmte mich. Wir waren in Sicherheit. Aber wo war Harry? Ich traute mich noch nicht zu zeigen, dass ich wach war. Mich interessierte, über was sich Dumbledore und McGonnegal noch unterhielten würden. Meine Neugier wurde jedoch rasch zerstört, als Dumbledore schließlich sagte:
"Dies ist nicht der richtige Ort, um Formalitäten zu klären, Minerva." Hatte er etwas gemerkt, dass ich wach war? Ich spitzte weiter die Ohren. "Vorerst sollten wir die beiden schlafen lassen. Sie werden noch genug mit ihren Erlebnisen der gestrigen Nacht konfrontiert werden. Lassen Sie uns in mein Büro gehen, nach Ihnen." Ich hörte Schritte und eine Tür knarzen, die schließlich hinter sich zufiel. Eigentlich hätte ich enttäuscht gewesen sein müssen, dass ich ihrem Gespräch nicht weiter hatte folgen können, doch etwas anderes war in diesem Moment wichtiger. Aus Dumbledores Satz hatte ich entnehmen können, dass es Harry gut ging. Als die Tür in ihre Angeln fiel, schlug ich mit einem Mal meine Augen auf. Ich musste mich zuerst an das helle Licht gewöhnen, bis ich mich umsehen konnte. Alle Betten des Krankenflügels waren leer, bis auf eines ganz am Ende des Raumes, welches mit einem Vorhang verdeckt wurde. Ich schlich mich leise aus meinem Bett und stellte überrascht und zugleich erleichtert fest, dass ich so gut wie keine Schmerzen mehr hatte. Madam Pomfrey musste mich über Nacht schon so gut sie konnte zusammen geflickt haben. Ich gab mir Mühe, leise zu sein, doch ich war noch etwas aus dem Gleichgewicht, weshalb ich etwas taumelte. Am Vorhang des verdeckten Bettes angekommen, stoppte ich kurz. Würde ich es ertragen können, wenn Harry nach wie vor schwer verletzt war? Oder es gar jemand anderes war, der dort liegen würde? Mir blieb nur eine Möglichkeit, ich musste es herausfinden. Erst vorsichtig, doch dann von meinen Emotionen übermannt, riss ich den Vorhang beiseite. Und da lag er. Den Mund leicht geöffnet, die schwarzen Haare verstrubbelt wie eh und je, die Augen geschlossen und bei jedem Atemzug pfiff er leicht durch die Nase. Ich musste lächeln. Um seine Schulter war eine dicke Bandage gewickelt, doch da sie weiß und sauber aussah, erlaubte ich es mir zu glauben, dass auch dies Madam Pomfrey einwandfrei hinbekommen hatte. Es war bizarr, ihn vom einen auf den anderen Moment in solch unterschiedlichen Situationslagen zu sehen. Neben seinem Nachttisch lag seine Brille, die nach den gestrigen Ereignissen etwas mitgenommen aussah. Ich nahm sie vorsichtig in die Hand und zog meinen Zauberstab, der sich zu meiner Überaschung noch in meiner Hosentasche befand. 
"Reparo.", sagte ich leise und die Brille sah wieder makellos und glänzend aus. 
"Was würde ich nur ohne dich machen.", murmelte eine verschlafene, aber fröhliche Stimme neben mir. Ich blickte überrascht auf. Harry blinzelte ein wenig mit den Augen und kniff wie nach einem langen und ausgibigen Schlaf die Augenbrauen zusammen. Ich legte meine Hand auf seine Wange.
"Wie geht es dir?", fragte ich behutsam. Seine Hand fand die meine und er drückte sie leicht.
"Jetzt gut." Ich lächelte ihn an und strich ihm mit meiner anderen Hand durch die Haare. 
"Es gibt so viel, was ich dir im Moment jetzt sagen will, aber das kann warten. Das Einzige, was jetzt zählt ist, das wir beide in Sicherheit sind, hier und zusammen." Harry nickte zustimmend. 
"Jetzt nicht reden. Bleib einfach hier." Ich sah ihm in seine verschlafenen Augen, er schien mir noch nicht ganz wieder da zu sein. Dann fiel mein Blick auf eine Arznei, die ebenfalls auf seinem Nachttisch stand. Schlaf und Schmerztrunk pflanzlicher Art stand darauf. Ich nickte lächelnd. Das erklärte so einiges.
"Hast du Schmerzen?", fragte ich ihn mit einem Blick auf seine einbandagierte Schulter.  
"Schon okay.", sagte Harry und lenkte seinen Blick in meine Richtung. "Jetzt bist du ja da.", fügte er noch hinzu, in seinem Mund als wäre das die sinnvollste Antwort auf meine Frage. Ich strich ihm nocheinmal durch seine rabenschwarzen, weichen Haare. 
"Ich lass dich jetzt mal allein. Du musst wieder gesund werden.", sagte ich und drehte mich gerade um, als sich plötzlich Finger um mein Handgelenk schlossen.  
"Du bist das einzige Heilmittel, das wirkt.", sagte er, sein Tonfall schien zwar immer noch leicht benebelt, aber entschlossen. Ich schenkte ihm ein Lächeln. 
"Ich möchte dir aber nicht wehtun.", sagte ich und bedenkte seine Schulter mit einem kritischen Blick.
"Das nehme ich in Kauf." Er klopfte neben sich auf das Bett und grinste mich an. Ich konnte einfach nicht anders. Vorsichtig krabbelte ich zu ihm und schlüpfte unter die warme Bettdecke. Ich roch wieder einmal seinen fantastischen Duft. Bedacht legte ich meinen Kopf auf seine gesunde Schulter und spürte, wie sich seine Lippen auf meine Stirn legten und er flüsterte:
"Ich liebe dich so sehr, Sidney." Ich lächelte und strich mit zwei Fingern über seine Brust.
"Ich dich auch." Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich diese Worte laut aussprach, oder bereits in einen tiefen Schlaf gesunken war, als ich sie erwiderte. Was ich wusste war, dass ich hier bei Harry war, weit und breit kein Voldemort, Zaubereiminister oder Dumbledore, mit dem wir noch einiges zu klären hatten in Sicht. Ich träumte nichts, das Einzige, was ich während des gesammten Schlafes spürte, war Glück.


Dieses Kapittel widme ich T/F, meiner Person. Entschuldige die "mental-connection-Ansteckung" - Gute Besserung! 
Ps: Always.

Plötzlich in Hogwarts - Harry Potter FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt