𝐟𝐢𝐟𝐭𝐲/𝐭𝐡𝐫𝐞𝐞

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Ungefähr eine halbe Stunde sitze ich neben Harry's Tür an die Wand gelehnt und sehe dem Kuchen dabei zu, wie er immer mal wieder Stückchenweise von der Wand kracht. Mein Notizbuch liegt noch in der Ecke, in welche ich es hineingepfeffert habe und ich könnte schwören, es grinst mich dämlich an.

Das alles ist ein absoluter Alptraum.

Wer hätte gedacht, dass es mich jemals so verzweifelt machen würde, jemanden haben zu wollen?

Ich stütze mich an der Wand ab, stehe auf und bleibe geradewegs vor Harry's Tür stehen. Seitdem er mir die Tür buchstäblich vor der Nase zugeknallt hat, habe ich keinen Mucks mehr von drinnen vernommen.

„Harry, bitte mach die Tür auf." sage ich verzweifelt und lege meine Hand an die Tür, fast schon so, als könnte ich ihn dadurch spüren.

Ich bekomme - wie vermutet - keine Antwort und das lässt mich fast durchdrehen.

„Harry, mach auf, verdammt!" sage ich jetzt etwas lauter und schlage dabei mit der flachen Hand gegen die Tür. Es darf nicht Zuende sein.

„Mr. Tomlinson!" vernehme ich eine Stimme, die einen warnenden Unterton beinhaltet, weshalb ich mir über's Gesicht streiche und mich dann umdrehe.

„Gibt es hier ein Problem? Ich möchte nicht, dass Sie einen der Schüler belästigen. Wenn er die Tür nicht öffnet, möchte er vielleicht nicht mit ihnen sprechen, schon mal daran gedacht?"

„Ach, was Sie nicht sagen, wäre ich überhaupt nicht selber drauf gekommen." sage ich ironisch und wische eine aufkommende Träne weg. Vor einem Lehrer zu heulen, steht nicht gerade oben auf meiner Wunschliste.

„Und der Kuchen ist auch von Ihnen nehme ich an? Bis acht Uhr ist das weg, verstanden? Und wenn ich Sie dann noch immer hier rumlungern und andere Schüler belästigen sehe, geht's auf direktem Weg zum Direktor."

Gott, ich hasse diese Frau.

Sie wirft mir noch einen warnenden Blick zu, bevor Sie den Gang verlässt und ich die Tortenstücke mit bloßer Hand aufsammele und wegwerfe. Den Rest werde ich mit ein paar Tüchern los und auch das Notizbuch landet direkt in der Tonne.

Ich schleppe mich den Flur entlang zu meiner Wohnung und kaum ist der Schlüssel im Schloss umgedreht, fangen die Tränen an zu fließen. Ich kann mich einfach nicht mehr zurück halten, es geht nicht.

Ich betrete die Wohnung, lasse die Tür ins Schloss fallen und lehne mich gegen diese, während unverständliche Töne meinen Mund verlassen. Was ich dabei nicht bemerkt habe, ist, dass Liam mit Sophia an unserem Küchentisch sitzt und mich jetzt total überrascht ansieht.

„Louis." er springt von seinem Stuhl auf, nur um zu mir zu kommen und mich in den Arm zu nehmen. Das liebe ich an Liam; er ist einfach da und stellt keine blöden Fragen.

Ich lege meine Arme um seinen Körper und drücke mein Gesicht an seine Brust, woraufhin er seine Hand an meinen Hinterkopf legt und ich bin mir ziemlich sicher, er und Sophia tauschen verwirrte Blicke aus.

„Möchtest du mir sagen, was passiert ist?" fragt er sanft nach und löst sich dann ein Stück von mir, um mich ansehen zu können. Er wischt mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und sieht dann zu Sophia, die jetzt auch neben uns steht. Unschlüssig sieht sie zwischen Liam und mir hin und her, doch ich schüttele den Kopf. Sie kann bleiben, sie ist schließlich seine Freundin.

Ich versuche mich ein wenig zu sammeln und sehe dann weg. „Harry hat Schluss gemacht."

„Was?" fragen Sophia und Liam gleichzeitig und sehen mich beide unglaubwürdig an. Das macht es nur noch schlimmer.

„Er hat das beschissene Buch gefunden und jetzt denkt er, ich habe ihn von vorne bis hinten verarscht! Nicht schlimm genug, dass er die ganze Zeit schon dachte, ich hätte was mit Travis, aber jetzt auch noch das!" ich drücke mich zurück an Liam, der leise aufseufzt und über meinen Rücken streicht. „Ach, Louis."

„Welches Buch?" fragt Sophia und als Liam ihr ein wenig dazu erklärt, sieht sie ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Sowas macht ihr in eurer Freizeit? Gott, Louis, es war doch klar, dass er es irgendwann herausfinden und dir nicht glauben wird." ich spüre eine kleinere, zierliche Hand auf meiner Schulter, die ebenfalls versucht, mir Komfort zu spenden.

„Hast du versucht es ihm zu erklären?"

„Er hat mich kaum zu Wort kommen lassen und dann wollte er mich nicht mehr sehen... Er hat mir so viele Dinge an den Kopf geworfen..."

„Aber du hast ihn nicht betrogen, richtig? Er stand zwar auf deiner Liste, aber du hast wirklich Gefühle für ihn entwickelt und nicht bloß mit ihm gespielt. Klar, ist die Situation scheiße, aber es gibt so viele Missverständnisse. Du musst das klären, Louis. Versuch mit ihm zu sprechen und um das zu kämpfen, was ihr hattet." Sophia schüttelt leicht den Kopf. „Liebe ist so kurz, das Vergessen viel zu lang."

Ich hasse es, wenn jemand Recht hat, der nicht ich ist.

Ich nicke leicht und löse mich von Liam, bevor ich mir über die Augen streiche.

„Aber zuerst solltest du dich ausruhen, Lou. Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus, hm?" zuversichtlich lächelt Liam mich an, was mir tatsächlich für einen Augenblick mein gebrochenes Herz erwärmt.

Zu dritt machen wir es uns auf der Couch gemütlich - Liam hat spontan beschlossen, dass wir eine Übernachtungsparty schmeißen, da er mich ungerne alleine in meinem Zimmer zurück lassen will.

Außerdem hat er Niall eingeweiht und gleich will dieser mit Pizza hier aufschlagen. Als würde Pizza meine Probleme lösen. Sie löst vielleicht meinen Hunger, aber sicherlich nicht meine Probleme. Dabei habe ich nicht mal Appetit.

Ich schnappe mir mein Handy und versuche es wieder und wieder bei Harry. Er reagiert nicht. Mittlerweile sind es 19 Anrufe, die er ignoriert hat und so langsam komme ich mir vor, wie ein Stalker, der seinem Opfer Angst machen will.

Ich spüre Liam's Hand auf meinem Bein, weshalb ich meinen Blick aufschnellen lasse. „Gib ihm Zeit, Lou. Wenn du ihn jetzt bedrängst, wird er vor dir wegrennen. Versuch es morgen nochmal, hm?"

Ich nicke schwach und tippe noch eine letzte Nachricht, bevor ich mein Handy ausmache und bei Seite lege.

Ich:
Ich weiß, du willst nicht mit mir reden, aber ich vermisse dich. Es tut mir Leid.

Als es kurz darauf an der Tür klopft, gebe ich den beiden ein Zeichen, dass ich aufmache, weshalb ich mich aus meiner Decke quäle und durch den Flur schlurfe. Niall hat besser Peperoni Pizza und Bacardi dabei, sonst kann ich heute für nichts mehr garantieren.

Ich öffne die Tür und sehe in zwei blaue Augen, die mir einen mitleidigen Blick schenken. Schnell hat Niall die Pizza auf dem Schrank abgestellt und mich in seine Arme gezogen. „Es tut mir Leid, Louis. Ich fühle mich so schlecht, es ist ja irgendwie auch meine Schuld."

Ich schüttele leicht den Kopf und halte die aufkommenden Tränen zurück. „Nein, es ist ganz alleine meine Schuld. Schließlich habe ich mich wie das größte Flittchen überhaupt benommen und jetzt muss ich die Rechnung dafür zahlen."

Niall hält mir meinen Rucksack hin, den er noch in der anderen Hand hatte. Der ist mir vorher gar nicht aufgefallen.

„Woher ist der?" frage ich, da ich ihn vorhin definitiv nicht von Harry mitgenommen habe.

„Stand vor der Tür." seufzt er entschuldigend und schenkt mir ein kleines Lächeln.

Wow, das ging schnell. Harry konnte es wohl kaum erwarten, mich loszuwerden.

favorite crime [L.S.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt