Kapitel 31

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Bereits als wir die schwere Holztür öffneten, kam uns ein schreckliches Geschrei entgegen. Der Ton wurde von den kalten Wänden der Eingangshalle zurückgeworfen. Meine Schritte waren langsam und bedacht, während Bellatrix freudig quiekte. Draco zeigte keine Regung.

Wir folgten seiner Tante und je weiter wir gingen, um so lauter wurde das Geschrei. Die Tür zum Salon war nur angelehnt und endlich kehrte Ruhe ein. Alles in mir sträubte sich dagegen, diesen Raum zu betreten. Ich wollte weder die Person sehen, die so geschrien hatte, noch die, die sie zum Schreien gebracht hatte.

Draco schien es ähnlich zu gehen, denn wir blieben beide wie angewurzelt vor der Salontür stehen. Bellatrix stieß sie auf und lief weiter. Ein kalter Wind kam uns entgegen und ich kämpfte gegen den Drang, die Arme um meinen Oberkörper zu schlingen, an. Widerwillig folgte ich Draco und Bellatrix in den Salon.

Da stand er. Ich war mir unsicher, wie ich mich verhalten; wie ich ihn nennen sollte. Unser Gast war er nicht mehr. Durch Lucius Inhaftierung war er zum Hausherr über das Manor geworden. Jedenfalls glaubte ich das. Dunkler Lord würde ich ihn nicht nennen, da er kein Adliger war und ich ihn nicht als solchen sehen würde. Mein Herr, wie ihn seine Todesser nannten, sah ich auch nicht ein. Schließlich war er weder „Mein Lord" noch „Mein Herr".

Am liebsten hätte ich rein gar nichts mit ihm zu tun, aber das würde schwierig werden, da wir unter einem Dach lebten. Jedenfalls für die Ferien. Den Namen mit V traute ich mich nicht mal zu denken, wenn er in der Nähe war. Ein bisschen schämte ich mich dafür, aber so mutig, wie ich immer tat, war ich dann doch nicht. Besonders nicht unter dieser bedrückenden Ausstrahlung.

Irgendwie kam es mir vor, als gäbe es nichts positives mehr auf der Welt. Außerdem wurde jede meiner Bewegungen förmlich beobachtet. Er traute mir ebenfalls nicht. So wie die Meisten, wenn sie mich trafen. Zwar konnte er es besser verstecken, als alle anderen, aber trotzdem sagte mir der Blick, den er mir zuwarf, dass ich recht hatte.

Seine Gestalt schien noch mächtiger geworden zu sein, jetzt wo er sich nicht mehr verstecken musste. Die Schlange war nirgendwo zu sehen. Dafür kauerte zu seinen Füßen etwas anderes. Anfänglich hielt ich es für ein Stoffbündel, doch das leise Wimmern, welches es von sich gab, ließ auf einen Mann schließen.

„Mein Lord, ich bitte euch", keuchte er mit erschöpfter Stimme. Als er den Blick hob, sah man deutlich die Angst, die sich in seinen Augen spiegelte. Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn und seine Wangen glühten.

„Du willst das also wieder in Ordnung bringen?" Sein Lord wirkte beinahe gelangweilt. Dann blitzte etwas anderes in seinen Augen auf. „Das wirst du in der Tat. Du wirst eine Mahnung an alle sein, die sich gegen mich stellen", erklärte er mit ruhiger Stimme und der Mann zu seinen Füßen nickte heftig.

„Was soll ich tun, mein Lord?" fragte er und senkte seinen Kopf auf den Boden. Er robbte vorsichtig auf seinen Meister zu und es wirkte, als wolle er ihm die Füße küssen. Angewidert musterte ich die Szene. Wie tief konnte ein Mensch sinken, um so einen Umgang mit sich zu erlauben?

„Sterben." Augenblicklich schnellte der Kopf des Angesprochenen in die Höhe und er sah seinen Lord angsterfüllt an. Dieser schob seinen knochenähnlichen Zauberstab aus dem Ärmel seines Umhangs und zeigte auf sein nächstes Opfer.

„Aber...", wollte er widersprechen, doch das leise Zischen einer Schlange, ließ ihn erneut erschaudern. „Du weißt warum, Gordon", hauchte der Mann mit dem Zauberstab. „Mein Lord." Gordon war noch blasser geworden.

„Ach, du möchtest nicht sterben?" fragte sein Meister und Gordon senkte betroffen den Blick. „Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du mich hintergangen hast", zischte der selbsternannte Lord und mit einem Wink seines Zauberstabes schnitt es Gordon die Kehle auf.

Lucinda - The Mask of a SlytherinWhere stories live. Discover now