Kapitel 34

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Am nächsten Tag saß ich etwas mittiger im Raum, aber trotzdem mit dem Rücken zur Wand. Ich wollte alles im Auge behalten können. Meinen Koffer hatte ich fertig gepackt auf meinem Zimmer stehen gelassen. Ein Aufrufzauber und er wäre in meiner Hand. Ich vertraute Draco, dass er alleine kommen würde, aber wollte trotzdem sicher gehen. Es musste nur einer der Todesser Verdacht schöpfen und ihm folgen. Dann wäre ich geliefert.

Der Stuhl vor mir wurde gerückt und Draco setzte sich. Sein Gesicht war ausdruckslos, als er den Mund öffnete. „Du wolltest mit mir sprechen?" Seine Stimmer war ruhig und seine Körperhaltung schrie förmlich, dass er hier nicht sein wollte. Jetzt hatte ich es also doch geschafft, ihn von mir zu stoßen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, als ich ein ungalantes: „Ähm" von mir gab.

„Willst du mir irgendeine absurde Erklärung geben, warum du vor unserer Zeremonie abgehauen bist oder erzählst du lieber wieder Lügen, so wie bei der Sache mit Potter?" fragte er trocken weiter und legte seine Arme verschränkt auf den Tisch ab. Ich wusste, dass ich diese Abweisung verdient hatte und auch den Vorwurf, der in seinen Worten mitklang. Trotzdem hielt sich mein Gehirn an einem ganz bestimmten Wort in seiner Frage fest.

„Unserer?" wiederholte ich und zog den Kopf etwas ein. Als könnte ich mich unter der Antwort hinweg ducken. Ich hatte irgendwie gehofft, dass die Zeremonie mit meiner Flucht ausfiel oder das Draco sich weigerte. „Ja, unserer", erklärte er und wandte sich ab. Er atmete tief durch. Wahrscheinlich um sich wieder zu beruhigen oder er erinnerte sich an die Zeremonie. Ich stellte es mir schmerzhaft vor, aber konnte es trotzdem noch nicht ganz glauben.

Meine Hände schoben sich unter dem Tisch hervor und griffen nach seinem linken Arm. Er zuckte zusammen und sein Blick schnellte zu mir. Ich ließ mich von den zusammengezogenen Augenbrauen und der Wut, die in seinen Augen aufblitzte nicht aus der Ruhe bringen. Etwas bestimmender zog ich seinen Arm über den schmalen Tisch. Er gab den Widerstand auf und beobachtete, wie meine Hand seinen Ärmel nach oben schob.

Ich zog erschrocken die Luft ein, als ich die dunklen Linien des Totenkopfes mit der Schlange auf seinem Unterarm sah. Die Haut kämpfte gegen die Tinte und pulsierte unruhig, während die Schlange sich durch die Augenhöhlen des Schädels zu schlängeln schien. Hatte ich ihn so falsch eingeschätzt? Aber wenn ich ehrlich war, hatte er keine andere Wahl. Ich hätte ihn mitnehmen sollen, als ich an dem Abend geflohen bin.

Federleicht strich ich mit den Fingern über die untere Linie und zuckte sofort zurück. Ein Schock ging durch meinen Körper und ließ mich für einen Moment die dunkle Magie, die das Mal in sich trug, spüren. Ich hob die Hand, die ihn eben noch berührt hatte, leicht an und entdeckte einen kleinen, schwarzen Punkt an meiner Fingerspitze. Entsetzt starrte ich ihn an und beobachtete, wie er immer dunkler und dunkler wurde. Die Stelle schien in Flammen zustehen und das brennen hörte erst auf, als die kleine Kugel sich von meiner Fingerkuppe löste und sich in einem weißen Schimmer auflöste.

Die ruckartige Bewegung, als Draco seinen Ärmel wieder schützend über den Unterarm streifte, zog meine Aufmerksamkeit zurück auf meinen Gegenüber. „Guck nicht so", meinte er scharf und verschränkte die Arme schützend vor sich. Diese Reaktion schenkte mir jedoch wieder Hoffnung. Er hatte mir das Mal nicht zeigen wollen. Er wollte es verstecken. Es war ihm unangenehm. Er stand nicht voll dahinter. Also war es für ihn noch nicht zu spät. Er konnte sich immer noch für das Richtige entscheiden. Auch wenn es durch das Mal um einiges schwieriger würde, ihm daraus zu helfen.

„Es ist nichts", erklärte er und zuckte mit den Schultern. Das riss mich aus meinen Gedanken zurück in das hier und jetzt. Kurz war ich verwirrt und zog die Augenbrauen hoch, aber ich war mir sicher über meine Entdeckung. Selbst wenn er jetzt wieder dieses unsichtbare Schutzschild aufgebaut hatte; diese falsche Stärke und scheinbare Gleichgültigkeit.

Lucinda - The Mask of a SlytherinWhere stories live. Discover now