Kapitel 62

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 „Kommen Sie rein, Miss Gaunt", bat jemand, als ich an die Tür des Schulleiterbüros klopfen wollte. Die Stimme kam mir bekannt vor, aber auf eine befremdliche Weise. Vorsichtig legte ich die Hand flach auf das Holz und drückte. Tatsächlich gab die Tür nach.

„Professor?" fragte ich zaghaft und schielte in das Büro. „Setzen Sie sich Miss Gaunt. Der Schulleiter wird jeden Moment zurück sein", erklärte das Gemälde von Dumbledore. Der alte Mann hatte es sich wieder im Rahmen hinter dem Schreibtisch bequem gemacht. Von Snape war keine Spur zu sehen.

Verunsichert schloss ich die Tür hinter mir. Das bedrückende Gefühl, welches mich den ganzen Tag verfolgte, verschwand und ich atmete tief durch.

Ein seltsames Kribbeln zog meine Aufmerksamkeit auf eine kleine Nische. Normalerweise war sie hinter einer Schranktür verborgen, doch heute konnte ich die flache Schale sehen, die dahinter aufbewahrt wurde. Es wirkte beinahe so, als würde sie schweben.

Mit langsamen Schritten lief ich darauf zu. Ich konnte nicht sagen wie und warum, aber die silbrig schimmernde Flüssigkeit strahlte das pure Glück aus. Eine Wärme, die nicht meinen Körper, sondern meine Seele traf. Wie hypnotisiert lief ich darauf zu und streckte die Hand aus.

Bevor ich sie berühren konnte, schlug jemand die Schranktür zu und das beruhigende Gefühl verschwand. Ein eiskalter Schauer jagte meinen Rücken hinab, sodass sich meine Arme schützend um mich schlangen.

„Lassen Sie die Finger von Dingen, die Sie nichts angehen", zischte Snape und baute sich bedrohlich vor mir auf.

„Was war das, Professor?" Ich versuchte, mir meine plötzliche Unsicherheit nicht anmerken zu lassen und lächelte gezwungen.

„Ein Denkarium", seufzte er und sackte kaum merklich in sich zusammen. In einem kurzen Anflug von Mitleid, wollte ich seinen Arm tätscheln, aber ich stoppte in der Bewegung. Unter Snapes misstrauischem Blick erstarrt, sah ich zu ihm hinauf.

„Wie lief Ihr Unterrichtstag?" Es war, als versuchte er die Situation aufzulockern. Er wandte den Blick ab und lief auf seinen Schreibtisch zu. Verwirrt sah ich ihm nach.

„Irgendwelche besonderen Vorkommnisse?" fragte er weiter und wies auf einen der Stühle, die ihm gegenüberstanden.

„Nein", antwortete ich zögernd, aber kam seiner stummen Bitte nach und setzte mich. Wir hatten heute keine neuen Fächer und ausschließlich bei Lehrern, die ich aus dem letzten Jahr kannte.

„Aber deswegen bin ich nicht hier", sagte ich nach einem weiteren Moment der bedrückenden Stille. „Sie wissen was mit mir los ist?"

„Ich habe eine Vermutung", bestätigte Snape und zog aus einer Schublade ein Buch hervor.

„Unsere Vermutung hat sich soeben bestätigt, Severus", mischte sich Dumbledores Gemälde ein.

„Was hab ich denn getan?" fragte ich und überlegte, was geschehen war. Es gab kein Schimmern, keine ungewollten Zauber und meines Wissens ist nichts Seltsames passiert. Wie hatte ich also ihre Vermutung bestätigt?

„Das Denkarium. Es hat sie angezogen, oder?" Dumbledore lächelte wissend.

„Aber warum?" Mein Blick wanderte zurück zum Schrank, in dem das Denkarium stand. Wenn ich mich konzentrierte, konnte ich immer noch das wärmende Gefühl spüren.

„Es war nicht das magische Artefakt, sondern die glückliche Erinnerung darin", erklärte Dumbledore. Noch verwirrter drehte ich mich wieder zu ihm.

„Das Denkarium ist eines der wenigen Hilfsmittel, um Erinnerungen und die damit verbundenen Gefühle für andere Hexen und Zauberer sichtbar zu machen. Ihre Magie nährt sich von positiven Gefühlen, deshalb zog sie die schöne Erinnerung im Denkarium an."

Lucinda - The Mask of a SlytherinWhere stories live. Discover now