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Was bildet sich dieser Kerl eigentlich ein? Steht da am Fenster und beobachtet mich wie ein Spanner! Hatte er nicht ein Telefon in der Hand? Wehe, wenn der auch noch heimlich Fotos von mir gemacht hat, dann kann er sich aber warm anziehen

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Was bildet sich dieser Kerl eigentlich ein? Steht da am Fenster und beobachtet mich wie ein Spanner! Hatte er nicht ein Telefon in der Hand? Wehe, wenn der auch noch heimlich Fotos von mir gemacht hat, dann kann er sich aber warm anziehen.

Und wenn schon, das erfährst du eh nicht, erklärt die Stimme in meinem Kopf und ich beiße die Zähne aufeinander. Recht hat sie, das muss ich ihr lassen. Trotzdem steht es ihm nicht zu, ohne mein Einverständnis Bilder von mir zu machen.Womöglich landen die am Ende noch im Internet. Das kann ich wirklich nicht gebrauchen.

Zerknirscht begebe ich mich in die obere Etage, wo ich mir in der Bibliothek eine Schreibecke eingerichtet habe. Notizblock, Stifte, Laptop und ein Stadtplan von Vancouver liegen parat. Für mein nächstes Buchprojekt hatte ich mir bereits vor Wochen die kanadische Metropole im Westen des Landes ausgesucht, daher habe ich auf der Herfahrt auch in einem Buchladen einen Stadtplaner gekauft. Natürlich ist mir bewusst, dass ich mir das alles im Netz heraussuchen kann, aber manchmal brauche ich einfach Papier in den Händen, kann mir das so viel besser vorstellen.

Den großen Plan habe ich mit Stecknadeln an einer freien Wand befestigt und mir schon mal mit einem grünen Textmarker ein paar interessante Sehenswürdigkeiten eingekreist, die ich gern in die Geschichte einbauen möchte.

Voller Elan schnappe ich mir einen Kuli samt Block und setze mich auf das Sofa in der Ecke, um mir einige wichtige Punkte und Szenarien, um die ich den Plott herum basteln will, aufzuschreiben.

Der Stift fliegt geradezu über das Papier.

◇ Hauptprotagonisten: Mira + Jax

◇ Mira macht ein Sabbatjahr in Vancouver

◇ kleiner gemütlicher Bungalow mit Vogelhaus im Garten und Blumenmuster-Vorhängen im Wohnzimmer (zur Miete)

◇ wird Stammkundin im Café am Ende der Straße

◇ Besitzerin des Cafés ist die Schwester des Mannes, der neben Mira wohnt

◇ Jax hat zwei Bernhardiner (Brandy + Whiskey), die ständig aufs Nachbargrundstück laufen, um die neue Nachbarin unter die Lupe zunehmen

◇ Mira ist ein Kaffeejunkie 》Karamel-Latte

◇ Jax ist ein Frühaufsteher und hackt sein Holz für den Kamin gern um sieben Uhr morgens

Schmunzelnd stelle ich mir vor, wie Mira grummelnd aus dem Bett steigt (mit zerzausten Haaren, versteht sich!) und das Fenster aufreißt, um den Nachbarn rund zu machen, der sich daraufhin umdreht und ihr seinen nackten und äußerst ansehnlichen Oberkörper präsentiert. Oh, das wird ein Spaß.

Plötzlich hält meine Hand in der Bewegung inne und ich runzele die Stirn. Was ist das für ein Lärm? Ist das Musik? Schnell lege ich Block und Stift zur Seite, erhebe mich und werfe einen Blick aus dem Fenster, kann jedoch nichts erkennen. Seufzend verlasse ich den Raum und gehe zurück ins Erdgeschoss, wo ich dann eines der Wohnzimmerfenster öffne und sofort mit dem rechen Fuß auf den Boden tappe. Und ob das Musik ist. Weihnachtsmusik sogar. Gerade läuft Christmas (Baby please come home) von Michael Bublé. Ich kann das Grinsen nicht unterdrücken, dass sich auf meinen Lippen ausbreitet, denn ich liebe das Weihnachtsalbum von Michael und höre es jedes Jahr rauf und runter. Auf einmal ertönt eine weitere Stimme und die klingt im Gegensatz zu dem kanadischen Superstar ziemlich schräg. Ist das etwa Colin? Ich meine der Baseballspieler next door? Aufmerksam scanne ich die einzelnen Fenster, kann aber kein geöffnetes entdecken. Wo kommt dann dieser schreckliche Gesang - sorry, das Gekrächze - her? Neugierig gehe ich in die Küche und von dort hinaus auf die Terrasse. Zuerst fällt mir auf, dass die Zweige, die ich vorhin im unteren Bereich von der Tanne abgeschnitten habe, abgezupft sind. Es war also ein Hirsch oder gar Odin hier und hat sie sich schmecken lassen. Glücklich über die Gewissheit, dass ich einem Waldbewohner etwas Gutes getan habe, trete ich nach draußen in die Kälte und spähe zum Nachbarhaus. Dort ist ebenfalls das Terrassenfenster offen, doch von dem großspurigen Hausbewohner ist nichts zu sehen. Als ich mir die Oberarme reibe, kommt eine Gestalt im Hausinneren in Sicht, die die Hüften im Takt zur Musik bewegt. Belustigt neige ich den Kopf zur Seite und beobachte das Schauspiel. Sind alle Baseballspieler so hüftsteif?Wirklich schade, denn unter anderen Umständen würde es sonst sogar recht sexy aussehen.

Der Song endet und geht nahtlos in Whams Last Christmas über. Hier ist Colin überraschenderweise ebenfalls sehr textsicher. Voller Inbrunst schmettert er den Refrain und vollführt eine eher wenig elegante Drehung, so dass sich unsere Blicke treffen. Automatisch versteife ich mich und auch er braucht ein paar Sekunden, ehe er die Situation erfasst. Doch statt sich womöglich zu genieren, dass ich ihn bei seiner Gesangs- und Tanzeinlage gesehen habe, breitet sich ein freches Grinsen auf seinen Lippen aus. Nein, an Selbstbewusstsein mangelt es dem Kerl wirklich nicht.

Völlig selbstverständlich hebt er die Hand und winkt herüber.

Unglaublich. Ich verschränke die Arme vor der Brust und beiße die Zähne zusammen, denn er soll auf keinen Fall sehen, dass ich innerlich schon klappere wie ein Skelett in einem Schneesturm. Bloß keinerlei Schwäche zeigen, Lotta, würde Reed jetzt sagen. Keine Sorge, ich bleibe standhaft, komme was wolle.

»Wie wäre es mit einer Tasse Glühwein? Ich habe grad welchen gemacht?«, ruft er rüber, doch ich schüttele nur den Kopf.

»Nein danke, ich trinke keinen Alkohol.«

Eine glatte Lüge, allerdings muss er das ja nicht wissen.

»Echt? Das ist aber schade. Sie wissen gar nicht was Sie verpassen«, erwidert er und zuckt die breiten Schultern.

»Ja, wirklich bedauerlich. Viel Spaß noch beim Trinken«, und mit diesen Worten drehe ich mich um und gehe zurück in die Küche, wo ich das Fenster hinter mir schließe und mir einen Kräutertee mache.

Wer trinkt schon am Nachmittag Glühwein? Ich nicht, außer ich schlendere mit Alice über den Weihnachtsmarkt, so wie letztes Jahr, als wir für ein verlängertes Wochenende in New York waren und uns den Union Square Holiday Market angesehen haben. Dort haben wir nicht nur in Sachen Essen über die Stränge geschlagen. Sofort beginnt mein Magen zu knurren und ich sehne mich nach einem köstlichen Crêpe. Mir mit einer Hand über den Bauch reibend, überlege ich, was ich jetzt essen könnte, als mir die Äpfel in der Obstschale ins Auge fallen. Gebackene Apfelringe! Oh ja, das ist genau das Richtige.

Soll Mister Baseball ruhig weiter Glühwein trinken und mit den Hüften wackeln. Mir ist es egal! Ich habe Besseres zu tun, immerhin wurde ich vorhin von einer Muse geküsst und muss das ausnutzen. Vielleicht schreibe ich auch Alice und teile ihr mit, dass mein Nachbar scheinbar ein verkappter Sänger und Tänzer ist. Darüber wird sie sich mit Sicherheit ausgezeichnet amüsieren.

Ehe ich mit der Arbeit beginne, entschließe ich mich dazu, dass Fenster wieder ein Stück zu öffnen, denn ein kleiner Teil von mir, möchte weiterhin dem Katzenjammer von nebenan lauschen.



☆°~♡~°☆



Colin ist also ein Fan von Weihnachtsmusik. 🤭 Das gefällt mir. 😂

Und Lotta steht auf Katzenjammer? Interessant. 🤣

Na mal sehen, ob er sie noch mal einlädt oder sie weiter mit seinem Gesangstalent unterhält. 😏

Ice Queen & HeartbreakerWhere stories live. Discover now