Donnerstag, 11. November

42 3 0
                                    

"Du bist ein Sorgenkind." Diese Worte schwirrten mir auch am Morgen noch durch den Kopf. Die halbe Nacht hatte ich wach gelegen und mir den Kopf darüber zerbrochen. Recht hatte sie, ich war eins. Egal wem, ich machte der Person nur Sorgen. Ob meiner Mutter, ob Lorena, Christoph., einfach allen. Die Tür öffnete sich und mein Frühstück wurde gebracht. "Iss was, du brauchst es." Sie Krankenschwester schaute bemitleidend und verließ wieder mein Zimmer. Was war das denn? Ich aß etwas und drehte mich dann zum Fenster. Kaum waren mir endlich die Augen zugefallen, riss jemand hektisch die Tür auf. "Schatz es tut mir so leid." Ich schreckt hoch und sah in das entschuldigende Gesicht meiner Mutter. "Was ist denn?" Sie seufzte und schob die Tür leise zu. "Der Arzt hat auf mich eingeredet das du ernsthafte Probleme mit deiner Psyche hast durch den Tod von Kaithlin, also sollst du um 15 Uhr in einer psychiatrischen Klinik ein Gespräch führen ob sich ein Aufenthalt für dich lohnen würde." Eine Weile schwieg ich, dann kapierte ich was Sie mir gerade erzählt hatte. "Das ist ein Witz oder?" Sie schüttelte den Kopf und setzte sich neben mich auf die Bettkante. "Ich hab keine psychischen Probleme, rafft es doch." Sie seufzte. "Aber so ein Gespräch kann dir nicht schaden." Mittlerweile stand ich mit dem Gesicht zum Fenster. "Ich brauche dieses scheiss Gespräch nicht, mir geht es gut. Alles wunderbar, ich schaff das alleine." Ich war wütend das alle glaubten es würde mir schlecht gehen. "Ich bleib bis drei hier und dann fahren wir da hin. Mir egal was du sagst." Ich stöhnte genervt. "Meinetwegen." Eine halbe Ewigkeit herrschte unerträgliche Stille. "Was läuft da eigentlich mit Lorena?", fragte sie und ich konnte hören wie sie grinste. "Keine Ahnung, irgendwas." "Sie schadet dir nicht. Sie würde dir wieder hoch helfen." "Sie ersetzt aber Kaithlin nicht." Wieder unerträgliches schweigen. "Aber du kannst von vorne beginnen." Nun schauten wir uns an. "Und was wenn nicht? Was wenn es so nicht sein soll? Wenn ich weiter so leiden soll?" "Das soll niemand Max. Auch du verdienst Liebe und Glück. Sonst hättest du nicht mich." Ihre Augen glänzten. "Und darüber bin ich froh.", sagte ich und nahm sie in den Arm. Sie schluchzte laut, so hatte ich sie noch nie erlebt auch wenn sie meine Mutter war. "Wenn was ist, dann sag es mir ja?" Ich nickte und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Aber zu dem Gespräch gehen wir trotzdem." Mut früh gefreut. Im drei stieg ich mit meiner Mutter ins Auto und wir fuhren lange, zwei oder drei Stunden bestimmt. Als ich das Ortsschild, auf dem "Aalborg" stand, erkannte, wusste ich sofort das wir sogar mehr als 3 Stunden gefahren waren. Hier wegzukommen war also unmöglich. Wir parkten auf dem großen Parkplatz und betraten langsam das Gebäude. Es war kalt und dunkel. Nein, hier komme ganz sicher nicht her. Da sterbe ich liebe alleine und einsam als mich hier hereinzubegeben. "Guten Tag. Ich weiß wir sind etwas spät aber ich wusste nicht das sie fährt so lange dauern würde. Mein Name ist Senna Søven-Nielsen." Die Frau hinter dem Tresen nickte und blätterte in ihrem Block. "In einer halben Stunden können sie zu Herr Lœf. Warten sie einfach im Warteraum, ich rufe sie auf." Meine Mutter nickte und setzte sich in Bewegung. Ich blickte mich noch etwas um. "Warum seid ihr hier?" Ich drehte mich zu Seite und schaute der Frau hinter dem Tresen in ihre knallgrünen Augen. "Sie sind der Meinung ich sei gestört, ich bräuchte Hilfe. Dabei geht's mir gut." "Die Narbe an deinem Arm verrät mir anderes. Was ist passiert?" Ich schluckte, eigentlich hätte mir geschworen nie wieder darüber zu reden. "Meine Freundin hat sich wegen mir umgebracht." Sie blickte mich noch immer an, während ich durch die Eingangshalle lief und mir die Bilder an den Wänden anschaute. "Wie alt bist du?" "16." Schweigen. Ja da hatten wir es wieder, niemand wollte mir glauben das man mit 16 schon so etwas erlebt hat. Die halbe Stunde verging schnell und nun saß ich mit meiner Mutter in meinem kleinen Büro und starrte gegen die Wand. "Maximilian?" Ich schwenkte meinen Kopf zu dem Mann mit einem langen weißen Kittel. "Ja?" "Wie geht es dir?" Ich überlegte. Lügen. "Gut.", sagte ich und lächelte so überzeugend wie möglich. "Wieso bist du dann hier?" Er war hartnäckig. "Weil ich meine Freundin verloren habe und mich umbringen wollte." Er nickte und schrieb etwas auf. "Wieso wolltest du dich umbringen?" "Weil sie sich wegen mir umgebracht hat und ich es nicht mehr wert bin zu leben. Ich habe es nicht mehr verdient." Erneut schrieb er etwas auf. "Hast du immer noch den Drang dich umzubringen?" Ich schüttelte den Kopf. So gingen die Fragen noch eine weitere Stunde. "So Frau Søven-Nielsen. Ich kann nicht viel sagen als das sie es zuerst mit einer Therapie versuchen sollten. Wenn dies nicht anschlägt oder es sich sogar verschlimmert, rufen Sie mich an, wir werden sofort handeln." Meine Mutter nickte und nahm seine Visitenkarte an. "Ich wünsche euch noch einen schönen Tag und hoffe das es besser wird Maximilian." Er schüttele uns die Hand und wir verließen die Klinik. "Dann suchen wir dir morgen direkt einen Therapeuten. Und wehe du gehst da nicht hin.", sagte meine Mutter und stieg ins Auto. Therapeut war mir lieber als so eine dämliche Psychiatrie. Ich war ja nicht gestört, ich wollte nur zurück zu meiner Freundin. Wobei, war Kathy überhaupt noch meine Freundin? Ich hatte ja immerhin Lorena. Und wann wenn ich doch wieder abrutsche und dahin muss? Fragen dessen Antworten ich gar nicht wissen wollte. "Schatz?", riss mich meine Mutter aus meinen Gedanken. "Hm?" "Ich muss dir etwas sagen. Bitte Hass mich nicht dafür." "Ich kann dich nicht hassen, was ist es?" Sie schluckte und wendete ihren Blick nicht von der Straße ab. "Du bekommst einen neuen Vater." Und da war es wieder, dieses schreckliche schweigen. Nach einigen Minuten sammelte ich mich dann wieder. "Seit wann?" "2 Jahre." "DU HAST ES MIR ZWEI JAHRE LANG VERHEIMLICHT?" Sie schniefte. "Okay tut mir leid. Das war nicht so gemeint." Ich legte meinen Kopf auf ihre Schulter und schwieg nur. "Er ist ein guter Mann. Du wirst ihn mögen. Morgen lernt ihr euch kennen wenn ich dich aus dem Krankenhaus abgeholt habe und wir nach einem Therapeuten gesucht haben." Ich nickte und lehnte mich aus dem Fenster. Die kühle Abendluft strich mir sanft durchs Gesicht. Ein normaler Abend der mal normal endete. Aber darauf folgte ein unnormaler Tag, mit einem beschissenen Anfang.

The Song of the DeadWhere stories live. Discover now