Die Sonne geht bereits unter, als Linea am Schiff ankommt. Erstaunt betrachtet sie die Männer am Strand. Die einen hacken Holz, die anderen schleifen es und wiederum andere bringen es an den Bug des Schiffes.
Selten hat sie so viele Menschen so strukturiert arbeiten gesehen.
Die Bemalten und die Crew des Kapitäns arbeiten Hand in Hand, während er in der Mitte des Treibens steht und auf alles ein Auge hat.
Die Kapuze wieder ins Gesicht gezogen, geht sie auf ihn zu. Mit jedem Schritt sinken ihre Füße in den warmen Sand ein, sodass sie eher schlurft als wirklich geht.
"Ihr seid gut voran gekommen", stellt sie fest, als sie neben ihn tritt.
Der Kapitän neigt kurz den Kopf und grinst daraufhin zufrieden.
"Die Männer hier sind wie fleißige Bienen. Da spornt meine Männer an endlich mal ihre Faulheit abzulegen", antwortet er zufrieden und sieht sie kurz daraufhin an.
Fast geheimniskrämerisch beugt er sich zu ihr rüber, hält die Hand an seinen Mund und flüstert: "Wir haben übrigens ein kleines Problem."
Linea tritt einen Schritt von ihm weg und betrachtet ihn.
"Welches?", fragt sie nach und sieht ihn unter zusammengezogenen Augenbrauen an.
Er sieht sich um. "Folg mir", fordert er sie im nächsten Moment auf und läuft auf Trola zu.
Wieder auf dem Schiff angekommen, führt der Kapitän sie auf direktem Weg in seine Kajüte, während Linea die ganze Zeit die Frage beschäftigt, welches Problem sie jetzt noch haben könnten. Trola wird repariert und sie können bald wieder in See stechen.
Vor der Tür bleibt der Kapitän stehen und mustert sie im dämmrigen Licht der Gaslampen. Eine Ernsthaftigkeit hat in seinem Gesicht Einzug gefunden, die ihn viel älter wirken lässt.
"Erschrick dich nicht", sagt er und bevor Linea auch nur den Mund öffnen kann, um zu fragen, was er meint, öffnet er die Tür.
Zuerst sieht Linea nichts, was einen Schreck auslösen könnte. Mittig in der Kajüte steht ein riesiger Tisch, auf dem unzählige Papiere und Karten liegen. Links an der Wand steht ein Bett, dass so aussieht, als sei es seit Tagen nicht benutzt worden. Genau daneben steht ein Waschtisch und ihm gegenüber an der rechten Wand ein Schrank.
Doch dann hört sie etwas, etwas was ihre Augen an die Stelle neben des Schranks schweifen lässt. Erst ist es leise, doch als Linea den Raum betritt wird es lauter. Panisch laut.
"Mhm, mhmm... Mhmmmm!"
Zwischen Schrank und der Wand hockt etwas und als Linea noch näher heran geht, stellt sie fest, dass es nicht Etwas sondern Jemand ist.
"Oh", entkommt es ihr leise, als sie das zusammengesunkene Bündel betrachtet, das bei ihrem Erscheinen sich noch näher an die Wand drückt und sie aus aufgerissenen Augen anstarrt.
"Er hat mir interessante Dinge erzählt", stellt der Kapitän fest und tritt neben sie. Gemeinsam blicken sie auf den Mann herab.
Linea hockt sich hin und zieht dem zitternden Mann den Knebel aus dem Mund. Husten schlägt ihr entgegen, gefolgt von hektischem Atem.
"Du scheinst an deinem Leben nicht sehr zu hängen", flüstert sie ihm zu. Der Mann beginnt sich zu winden, während seinem Mund zusammenhangslose Wörter entkommen.
"Was mache ich nur mit dir? So voller Angst und dennoch konnte diese dich nicht bewahren..." Sie lässt den Satz offen nachklingen und begibt sich wieder in den aufrechten Stand.
"Auf ein Wort", sagt sie zum Kapitän und verlässt mit federnden Schritten die Kajüte.
Der Mann scheint seine Sprache wiedergefunden zu haben, denn er neigt sich dem Kapitän bittend entgegen und fleht: "Ich habe nichts gesehen, nichts gehört. Ich werde, bitte, ich werde nicht..."
"Und doch hast du es bereits", unterbricht der Kapitän ihn schroff und atmet tief ein. Er hockt sich vor ihm hin, "Dieses Mal kann ich dir auch nicht mehr helfen, Sabid. Das ist so viel größer, als du oder ich es sind. Trag die Konsequenzen für dein Handeln und trag sie mit Ehre sowie jeder Seefahrer es tun würde."
Mit diesen Worten stopft er den Knebel zurück und lässt den Mann alleine, der seinen Rat nicht befolgen will und laut in den Knebel schreit.
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The Crows
AdventureIm Volksmund "Doves" genannt standen die weißmagischen Hexen seit Jahrhunderten für den Schutz der Menschen ein, während sie ihren Gegenpart die Crows bekämpften und die Städte von ihren Lakaien säuberten. Doch die Welt wandelte sich. Die Crows, die...
