In gedruckter Haltung bewegen Aorian und Linea sich durch das ausladende Blattwerk. Sie bleiben immer mal wieder stehen, lauschen und setzen ihren Weg dann fort.
Der Boden ist nass. Jedes Mal, wenn sie anhalten, um zu überprüfen, ob die Luft noch rein ist, versinken Lineas Füße in dem kühlen Matsch und jedes Mal, wenn es dann weiter geht, erzeugt das Befreien der Füße ein lautes Schmatzen.
Linea würde lieber einfach laufen, denn dann sind die Geräusche weitaus leiser und verursachen ihr nicht jedes Mal einen halben Herzinfarkt, weil sie sich so unnatürlich laut in ihren Ohren anhören.
Aorian, der voraus geht, hindert sie allerdings daran ihren Wunsch in die Tat umzusetzen. Er gibt den Weg vor und entscheidet auch wie schnell sie vorankommen. Sie sieht in dem Grün, das vom Mondlicht blass beschienen wird, lediglich seinen nach vorn gebeugten Rücken.
Die Blätter der Farne umgeben sie vollständig. Sie kann nicht mal mehr die Hütten sehen, seitdem sie in das Grün abgetaucht sind.
Aorian wird langsamer, hebt die Hand in Höhe seines Kopfes und hält an. Er dreht sich nach Linea um und zeigt mit dem Daumen kurz nach links, dann macht er eine Bewegung, die so aussieht, als würde er die Luft vor seinen Bauch nach unten drücken.
Sie versteht ihn ganz genau.
Sie wird langsamer und hält bei ihm an, sodass ihre Schultern sich leicht berühren.
Er legt den Finger an die Lippen und zeigt erneut nach links.
Linea lauscht und hört nach einiger Zeit wie sich ihnen Schritte näheren.
Dumpfe Geräusche, die in einem regelmäßigen Abstand erklingen.
Stimmen wehen zu ihnen herüber.
Zunächst versteht sie nicht, was sie sagen, doch als die dumpfen Geräusche fast auf ihrer Höhe angekommen sind, wird sie zu einem stillen Zuhörer und das trotz einem laut schlagenden Herzen.
Zwei Crows gehen den Weg zwischen den Hütten entlang und somit auch vorbei an den Farnen.
Ihr Gang ist nicht besonders schnell, wirkt eher entspannt, als hätten sie ihr Tagwerk erledigt.
Beide sind relativ schmale Gestalten und würde man sie nur aus dem Abstand betrachten, könnte man kaum Unterschiede an ihnen feststellen. Die gleiche schwarze Kleidung, eine Hose, und ein ärmelloses Oberteil, das die blassen Arme im Mondlicht leuchten lässt und der gleiche kurze Haarschnitt.
Nur bei näherer Betrachtung fallen die Unterschiede im Gesicht auf. Während der eine ein markantes mit hohen Wangenknochen und schmalen Augen besitzt, hat der andere ein weicheres fast feminines Gesicht mit Pausbacken und feinen Lippen.
"Jetzt können sich andere darum kümmern. Ich bin es leid", kommt von dem Crow mit dem femininen Gesicht. Er wirft seinem Nebenmann einen genervten Blick zu und schüttelt daraufhin den Kopf, "Was weiß ich, wo er wieder steckt. Ich bin doch kein Kindermädchen. Habe weitaus wichtigere Aufgaben." Er wirft die Hände in die Luft.
Der andere, der bisher keinen Ton von sich gegeben hat, sieht ihn mahnend an, "Vorsichtig, man könnte dich hören."
"Ach", antwortet der Feminine langgezogen und macht eine wegwerfende Handbewegung, "Die meisten sehen das wie ich."
"Und dennoch sind sie so klug ihre Gedanken nicht verlauten zu lassen."
"Was soll schon passieren? Dann sitze ich im Kerker. Ewig ist das auch nicht."
"Ich wäre an deiner Stelle trotzdem vorsichtig. Du warst da schon mehrere Male. Irgendwann werden sie dich anders korrigieren", mahnt der mit dem markanten Gesicht erneut und fügt hinzu, "Wir müssen uns einfach damit abfinden, dass er ab und an nicht da ist. Er wird schon seine Gründe haben. Die sollten wir nicht hinterfragen."
Das Gespräch verflüchtigt sich je weiter die Beiden gehen. Linea atmet geräuschvoll aus und beißt sich im nächsten Moment auf die Zunge. Ihr Herz macht einen Salto.
"Hast du das gehört?", hört sie eine der Stimmen fragen und könnte sie durch die Farne hindurchsehen, würde sie jetzt beobachten können, wie sich einer der Feminine der beiden umdreht und den Weg hinunterblickt.
Linea hält den Atem an, als die Schritte wieder näher kommen.
Auch Aorian spannt jeden Muskel in seinem Körper an, um nicht mal einen einzigen Ton und wenn's nur ein Rascheln ist, von sich zu geben.
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The Crows
AdventureIm Volksmund "Doves" genannt standen die weißmagischen Hexen seit Jahrhunderten für den Schutz der Menschen ein, während sie ihren Gegenpart die Crows bekämpften und die Städte von ihren Lakaien säuberten. Doch die Welt wandelte sich. Die Crows, die...
