Die Geschichte der Lämmer

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Die Lämmer.

Die zwei ihrer Erkenntnis erlebend, damit weitergebend.

Die zwei, sich gegenseitig gegenüberstehend, am Meckern unentwegt und damit noch so lebend.

„Nimm dieses Wissen von mir.", kommt stets zurück, „Nimm dieses Wissen von mir."

So wird hingeschrieben, wo es nicht gehört, wird von jemanden der es sagt, heraufbeschwört. Damit der andere eine Erkenntnis daraus zieht, damit Wissen nicht aus der Herde flieht.

Im Aussprechen das eigene Denken erkannt. Gemeckert, Wort für Wort damit der Herde entnommen und für alle verkannt. Mit jedem Überlegen, die Ablage der eigenen Wolle gezeigt, stets den eigenen Geist, nur am anderen Schaf geneigt.

Neu hier, jung hier sein, welch ein Graus. Welch Hürde in den schwellenlosen Boden eingebaut. Erstes Erleben, erstes Erheben. Wollend hier verstanden zu sein. So jung, so unverstanden, damit rein. Die Schafe wissen aber wohl, die Lämmer sind wie sie, nur in der Seele noch hohl. Befüllt sollten sie sich unterscheiden, den Unterschied aber meiden. Sollten sein wie die als heutige Jungend werden wollen, wo Lämmer morgen bessere Schafe sein sollen.

Die zwei Lämmer, aus derselben Herde, stellen sich gegenüber: „Was ich dir heute lerne!"

Und hätten sie nie gesprochen, all Wert ihrer Erkenntnis nie gebrochen. Was sie selbst schon wissend da fragen und sich dadurch mit jedem Wort, dasselbe sagen, schmälert, was sie schon gewusst und damit neu erfahren werden musst.

Als wären die Weidenzäune nicht ausreichend, wird auch noch Erkenntnis dort eingeengt. Als wär Schaf um Schaf sie den Lämmern aufgedrängt.

Immerzu brachte der Hirte sie zu ihnen. Die Erkenntnis über sie: „Erkennen werdet ihr nie!" Damit durften sie Tag zu Tag weiterleben, damit durften sie sich Nacht um Nacht Erkenntnis geben. Denn ihr Hirte forschte am zaunlosen und damit begrenzten Raum.

Die Grenzen die sich als Welt hinter ihnen stehend, dann zeigt. Eine Welt, in der sich die Einsicht davontrug, welche Grenzen die Lämmer da tragen so weit.

„Ihr seid Schafe.", damit noch unterwertet, die Hingabe des Wissens: "Und ihr seid Lämmer, wie könnt ihr es wagen."

Der Hirte wollte alles in seine Herde legen. Alles was er wusste, was er damit besitzend schon für die Zukunft gepachtet, was morgen von seiner Herde beachtet. Die Schafe neu begrenzend, enger aneinandergestellt. Gezeigt ihnen eine neue Welt. „Sie soll euch als Beispiel ein wenig quälen.", stolziert der Held. Es würde ihnen nichts fehlen. Gar noch helfen, sich selbst zu halten.

Und wie sich die Hirten, damit gefürchtet, die Schäferhunde in blutenden Spuren getränkt, immer noch schimmernd vom letzten Versuch, ihnen es beizubringen. Ihnen endlich ihr Wissen zu geben. Sich auch heute wieder zufrieden schlafen zu legen.

Doch alles nichts genützt, alles nichts davor geschützt, dass auch noch das letzte Lamm verstand: „Sei artig oder dein Platz einmal verkannt. Später dann nicht meiner wird und deine Gegenwart die Zukunft kassiert."

Die festen Bedürfnisse in die lose Zeit schiebend, das Lamm sich verstand endlich liebend. Hilft den Schafen zu sprechen und damit des Hirten Wahrheit nicht brechen.

Warum sollten Schafe erkennen, dass sie auf der Erde stehen, dass sie nicht wie der Hirte sehen. Nicht für andere begreifen, machen oder erfahren werden, auch wenn manch Erfahrung nur dafür gemacht. An ihnen haftet wie Ruß in einem scheinbar leeren Schacht.

Wie durch mögliche Zukunft in der Gegenwart bewacht. Von Generation zur nächsten in die Herde gelegt, Erkenntnis die aus der eigenen Jugend umherweht.

„Der Hirte uns überlebt. Der Hirte sich durch uns erst erhebt. Der Hirte als unser Ziel. Wenn nicht am Tag, dann vielleicht im Traum. Ich würde so gut als Hirte sehen, könnte ich doch nur durch einen Zaun da gehen."

Diese Wahrheit nur bitter, da sie nichts weiter nützt, als den Schmerz, sie gemacht zu haben. Für die Herde, für den Hirten, als Schutz vor dem Hund oder doch nur wegen dieses Zauns?

„Nimm dieses Wissen von mir."

„Nimm dieses Wissen von mir.", gleich wieder ein anderes zurück.

Die Lämmer, unbekümmert und noch rein in ihren Gedanken, unbenutzt und deshalb noch so formbar, erhalten sich mit dem Erkennen, ihre Freiheit, ihr Vorankommen, dann wenn der Hirte es wagt und auch noch das letzte erfragt, die Schafe wissen dann, was er ihnen erlaubt zu glauben. Ist es nicht eine Lücke, die sie erflehen gefüllt zu haben. Er will es füllen, jeden Tag, ihr Wissen, wie er es vermag.

Ist es das Aufschütten einer Ebene, was Lücken macht? Sind Fragen von den Lämmern da schon angebracht?

Ist das Gegenteil von dem was die Lämmer wissen sollten, das was sie nie wissen wollten?

Der Hirte in Projektion eines Wunsches, in die beiden Lämmer zu hören, würde auf alles schwören. Dastehend, von außen sehen, wie seine Verantwortung auf der Herde lehnt. Sich das Wissen der Lämmer erfleht. „Könnt ich nur hören was sie wollen, könnt ich nur wissen, könnt ich nur wie sie einmal sehen, könnt ich meine Herde doch bloß verstehen."

Was er dann hörte, war nicht die Wirklichkeit, aber das einzige, das in der Wirklichkeit einen Sinn webte. Die Wirklichkeit die nur für ihn da lebte.

So wahr wie es wurde, so hart schlug der Hirte auf, er hörte das Wissen der Lämmer zu sich rauf. Er nahm es über ihre Worte an und fragte gleich, wie kann ich diese Erkenntnis ertragen, wie tue ich es bereits und seit wann?

Die Hirtenfrau mahnend zur Lehre, was er nicht alles von den Tieren würde lernen, würde er zuhören.

„Was wir alles anders lernen müssten, würden wir da zuhören.", seine Entschuldigung auf ihr Stören.

Der Hirte vor lauter Angst, tagelang die Herde gemieden. Die Schafe nur gefüttert aus seines Frau Hand, bedacht auf großen Abstand. Tagelang schickt er nur seine Frau auf die Weide. Selbst in Gedanken wochenlang nur allein in der Haide.

„Geh zu deinen Lämmern. Sie fragen nach dir."

Der Hirte in Gedanken an seine eigenen Grenzen, den Blick seiner Umgebung, sicher vorausgesagt, einen Plan wagt: Da er den Lämmern eine Stimme gegeben hat, könnte er sie ihnen leicht wieder nehmen.

Tage vergingen, an denen der Hirte seine Verschleierung entwarf. Es sollte jedes sterben, dem Tod wird geschickt jedes Schaf.

Gesagt, getan. Gehört, berührt. Jedem in der Herde ein anderes Ende aus erkürt. Zwei Lämmer aber flink entkommen, des Hirten Wahnsinn entronnen.

Sie stehen sich erkennend gegenüber. „Nimm diese Erinnerung von mir.", was das andere gleichsam zurückgibt, bevor sie sich dann schwören, nie wieder einen Menschen zu hören. Nie wieder mit Hirten zu sprechen, nie wieder mit fremden Grenzen brechen.

Und als sie sich als Schaf entfernt, haben sie endlich gelernt: Erst wenn sie den Hirten das Gefühl geben sie wüssten nicht was sie sind, dürften sie es sein und frei leben.

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