ᏦᏗᎮᎥᏖᏋᏝ 94

21 10 0
                                    

Veikko war schon von vornerein klar gewesen, dass der andere Dima gegangen war, als er die Sache mit der Zeit fragte.

Es war sein anderer Part, der Leonie schließlich ins Jenseits befördert hatte.

Ein wenig war Veikko schon froh darüber, denn die Panik, dass der alternative Dima doch noch einen Rückzieher hätte machen können, blinkte nur in seinem Hinterkopf, wie ein Warnschild, das vor einer drohenden Gefahr warnte.

Leonie lag in ihrer Blutlache, während ihr Körper noch immer leicht zuckte.

»Froh, dass doch ich es beendet habe?« , erkundigte sich Dima bei ihm.

»Du, der andere oder ihr zusammen ... nur bei Kjell hätte ich, glaube ich, abgewartet.« , meinte Veikko. »Es ist halt eure Sache. Auch wenn er selbst Leo viel ertragen musste, seh' ich es trotzdem als deine Angelegenheit an. Nicht als seine.«

»Ich hätte nicht damit gerechnet, das er, also - ich - so reagiere. Ich dachte für einen kleinen Moment, zack jetzt sind wir gefickt.«

»Oh ja. Das dachte ich auch.« Beide setzten sich auf die Couch. Dima holte eine Zigarette raus. »Nicht. Oder willst du gleich sagen, du hast dir danach noch in Seelenruhe 'ne Kippe angemacht?«

»Ach ja. Der Teil kommt ja auch noch.« , stöhnte Dima auf und verzog sein Gesicht anhand Augenrollen und hochziehen eines Mundwinkels. »Dann komm, lass es hinter uns bringen.«

Veikko stand auf und holte sein Handy aus der Hosentasche. Dreizehn Anrufe von Laura waren verzeichnet plus siebenunddreißig Mails. Er musste sie dringend danach kontaktieren, damit sie endlich Ruhe gab.

»Bist du bereit?« , fragte er Dima, bevor er die schon eingetippte Nummer, bestehend aus drei Ziffern, anwählte.

Dima schloss die Augen und nickte.

Veikko hielt den Hörer ans Ohr und atmete nochmal tief ein. Als eine Stimme sich meldete, ließ er diese kaum zu Ende sprechen. »Schnell. Sie müssen kommen. Sie ist tot. Sie ist tooooooot.« , schrie er in den Apparat.

Dima begann zeitgleich ebenso laut zu schreien. »Leoooooooo. Neeeeeeiin. Leoooooooo.« Währenddessen saß er besonnen auf der Couch und mimte am Ende einen stummen Schrei nach. Ähnlich wie das Gemälde Der Schrei von Edvard Munch.

Veikko musste sich das Lachen verkneifen.

»Wer ist tot und wo genau befinden sie sich?« , sagte der Polizeibeamte am anderen Ende.

Er macht eine stotternde Kurzfassung, wo sie sich aufhielten und wieso und weshalb sie hier gelandet waren, dann legte er auf.

»Mach das bloß nicht, wenn die hier sind.« , lachte Veikko und schaute kurz nochmal nach Leonie, die kreidebleich in ihrem eigenen Lebenssaft lag. »Ich geh' jetzt raus und laufe nervös hin und her. Bleib du in deiner Rolle und hock' dich am besten zu ihr. Keine Lust, wenn ich gleich mit den Bullen reinkomme, und du sitzt hier lachend und schaust dir Videos bei Insta an.«

»Keene Sorge.«

Veikko ging hinaus. Er blickte sich um, aber noch sah man niemanden. Er nutzte die Chance, blieb in seiner Rolle und wählte Lauras Nummer, die sofort nach dem ersten Klingeln ranging.

»Veikko. Was ist los? Wieso gehst du die ganze Zeit nicht dran?« Ihre Stimme war quiekend hell, so schnell sprach sie.

»Wir kamen zu spät.« , schluchzte er leicht.

»Was meinst du? Was ist passiert?«

»Leo ... sie ist ... Dima meinte, sie hätte Panik, deswegen bin ich ja hin ...« Er machte eine kurze Pause, als müsse er sich selbst beruhigen. Dabei wimmerte er ein wenig herum. »Als ich ankam, war sie weg. Dima war nur kurz ins Schlafzimmer gegangen und sie war weg. Einfach weg.« Den letzten Satz gab er in demselben hellen Ton wieder, wie Laura vorhin.

»Sie wurde mitgenommen?«

Veikko bejahte es. »Aber Dima, er hat da eine App, da sieht er, wo sie ist. Wir sind dann hierher gefahren und da war dieser Typ ... er hat ... er hat ...« Er schluchzte wiederholt mit Absicht.

»Was hat er? Was ist passiert Veikko?«

»Sie ist tot.« , schrie er in den Hörer und sah dabei das Blaulicht immer näher kommen, bis es bei ihm hielt. Er stützte sich an der Hauswand ab und sprach weiter. »Er hat ihr die Kehle durchgeschnitten. Wir kamen zu spät.«

Der eine Beamte, bekannt von dem Verhör mit Leonie in ihrem Haus, lief direkt zu ihm. »Herr Lei. Sie hatten uns kontaktiert?!«

Veikko wischte sich eine Träne weg, die er mit Müh und Not herausgepresst hatte. »Baby ich ruf dich nachher an. Schließ alle Türen ab, dieser Bastard läuft noch frei herum.«

»Wir können auch einen Wagen zu ihrer Freundin schicken.« , bat dieser Veikko an.

»Das würden sie wirklich tun?« , fragte er und wartete das Nicken des Beamten ab. »Baby, ich geb' denen jetzt meine Adresse. Die schicken jemanden zu dir, bis ich zu dir komme, okay. Die werden auf dich aufpassen.« Er verabschiedete sich und nannte dem Polizisten seine Adresse, der diese direkt an einen anderen weiterleitete, der gemeinsam mit einem weiteren Kollegen sofort wieder ins Auto stieg und wegfuhr.

Veikko wusste, dass dieses Baby-Getue viel zu überschwänglich war für einen Außenstehenden. Doch ihm war klar, dass er damit Laura eine Wolke höher befördert hatte.

Er stützte sich mit dem Rücken gegen die Fassade des Hauses und schüttelte mehrmals den Kopf, während er diesen festhielt.

Ein Krankenwagen fuhr derzeit ebenso aufs Gelände.

Der wird hier nicht benötigt , dachte Veikko sich mit einem schelmischen Grinsen.

»Wir werden jetzt den Tatort begutachten. Bleiben Sie am besten hier, oder lassen Sie sich von einem Arzt durchchecken.« , sagte der Beamte.

Veikko schüttelte den Kopf. »Nein. Ich muss mit rein. Mein bester Freund ist bei ihr. Er ist ... er ist ... er braucht mich.«

»Aber der Anblick wird ...«

»Ich habe gesehen, wie ein Typ, mit einer komischen weißen Halloween-Maske, ihr die Kehle durchgeschnitten hat.« , unterbrach Veikko ihn leicht wimmernd in erhobener Lautstärke. »Nichts hält mich davon ab, meinem besten Freund beizustehen.« Er wischte sich erneut eine rausgedrückte Träne weg.

Der Beamte nickte und ließ ihn gewähren. Schon wie sie die Türe öffneten, hörte man Dima lauthals nach Leo schreien.

Er saß in ihrem Blut und wiegte sie wie ein Kind in seinen Armen, während sein Jammerlaut aus Leibeskräften ertönte.

Zwei weitere Polizisten versuchten ihn, von Leonies Leichnam wegzubekommen, obwohl dieser immer lauter schrie.

Veikko ging zu ihm rüber und nahm ihn in den Arm. »Du kannst nichts mehr tun Brudi. Es ist zu spät.«

Weinend ließ Dima sich von ihm trösten, während er Leonies leblosen blassen Körper freigab.

Abrakadabra - schau' mal, wer da warWhere stories live. Discover now