Die Schöne und der Wikinger Teil 1

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Ich erschrak, als die Tür knirschte. Ich sah auf den Boden und entdeckte die unzähligen Übeltäter, die auf dem Boden vor der Tür verstreut lagen. Die feinen Sandkörner sollten Legenden nach das Böse abwehren und eine ruhige und sichere Nacht garantieren. Tja. Mich hielten sie nicht auf und ich galt als die Definition des Bösen.

Ich war Satans Anhänger, Verbündeter und Sohn. Ich schob die alte Holztür noch ein Stück weiter auf, als ich mir sicher war, dass das Scharren von Holz auf Sand nicht laut genug war, um jemanden zu wecken und verstaute das Hängeschloss mit dem kleinen Dietrich, mit dem ich das Schloss in binnen Sekunden geknackt hatte, in meiner Hosentasche. Meine Schritte waren bedacht, nicht das ich noch unnötigerweise auf den Sandkörnern ausrutschte und meine Ankunft laut bemerkbar machen würde.

Das wäre sehr ungünstig. Leise zog ich meine Schuhe aus und stellte sie in den Spalt der Tür. Das tat ich nicht, um das Haus nicht dreckig zu machen, was bei meinen schlammigen alten Stiefel garantiert passiert wäre, sondern um die Tür aufzuhalten, falls ein Windstoß sie zuschlagen würde. Außerdem konnte ich mich ohne meine Treter leiser durch das Haus bewegen.

Erleichtert machte ich einen kleinen Hopser aus dem Sandfeld, welches sich mehr wie ein Mienenfeld angefühlt hatte und ließ meinen Blick nun endlich durch den Raum schweifen. Die Haustür mit dem billigen, einfach zu knackenden Schloss führte direkt in das Wohnzimmer, welches mit teuren Samt- Möbeln ausgestattet war. Es war mir unergründlich, warum man sein Geld lieber in kostbare Einrichtungsgegenstände steckte, als in ein gutes Türschloss.

Das Sofa, welches groß genug für acht Personen war, wirkte erstaunlich einladend mit seinem rotem Stoffüberzug und der mit Kissen gepolsterten Lehne. Der Glastisch davor wurde von dem einfallenden Mondlicht erhellt und wirkte dadurch wie ein gefallener Stern.

Gefallen.... Das war auch ich und das nicht nur im wörtlichen Sinne. Ich war das Ebenbild Lucifers, der gefallene Engel, der seinen Hass mit Rache stillen wollte. Auch ich hatte dies vor, selbst wenn ich dabei umkäme. Ich wollte meine Rache!

Meine Hände ballten sich entschlossen zu Fäusten und ich lief weiter. Es wurde dunkler, vermutlich hatte sich eine Wolke vor den Mond geschoben und versperrte diesem die Sicht auf die unbedeutende Erde. Jedoch wurde der Raum noch von den Straßenlaternen erhellt, so dass ich nicht wie ein Maulwurf durch das Zimmer irren musste. Obwohl mich das nicht wirklich gestört hätte.

Ich liebte die Dunkelheit. Wie sie sich um einen schmiegte, einen tröstete. Sie würde einen niemals verurteilen. Sie war anders als die Menschheit, besser.

Mein Magen knurrte leise, während ich das Bücherregal im Raum nach dem Titel -Wo Vögel laufen- absuchte. "Wo ist es, verdammt nochmal?", zischte ich und schob eine Buchreihe zur Seite, die ein Lexikon herunter stieß. Instinktiv stellte ich meinen Fuß darunter, als ich merkte, dass ich das Buch nicht mehr fangen konnte, um den Aufprall zu dämpfen.

Der Schmerz zog mein Bein hoch, doch ich schrie nicht auf. Ich kannte schon seit ich klein war größeren Schmerz. Das Tierlexikon stellte ich zurück zu der Märchenreihe und fuhr mit meiner Suche fort. Zahlreiche Bücher fand ich, doch das was ich suchte war nicht auffindbar.

Es musste in einem anderem Raum sein. Das Abenteuer war wohl noch nicht vorbei. Wie gerne hätte ich die Hausbesitzer verflucht, dass sie es mir so schwer machen mussten, doch ich wollte nicht riskieren, jemanden zu wecken.

Ich drehte mich um und lief durch das Haus. Weder in der Küche, noch im Badezimmer oder im Gästezimmer, das erfreulicherweise leer war, fand ich das Buch. Mir blieb also nur noch übrig nach oben zu gehen, wo auch die Eigentümer des Hauses schliefen. Als ich auf die Marmortreppe zusteuert stolperte ich über etwas, dass mich anfauchte.

Die dunkelbraun getigerte Katze machte einen Buckel und fuhr ihre Krallen aus. "Verpiss dich, Mistvieh.", sagte ich genervt und trat nach dem Tier. Es flog hart gegen eine Wand und blieb mit angelegten Ohren und gesenkten Kopf liegen. "Tu nicht so als hätte das weh getan!". Die Stufen fühlten sich glatt und kalt unter meinen nackten Füßen an, da ich keine Socken besaß, während ich die Treppe so leise wie möglich erklomm. Wer legte sich überhaupt eine Katze zu? Die Drecksviecher waren nur faul, lahm, meistens fett und kriegten auch sonst nichts hin. Sie brauchten den Menschen zum überleben. Katzen waren abhängig, waren schwach. Widerlich!

Oben angekommen erstreckte sich ein länglicher Gang nach rechts. Da im Korridor keine Fenster waren und alle Türen verschlossen, war es hier finster. Ich atmete die Luft ein, die den dunklen Beigeschmack hatte, den ich so mochte und spürte wie meine Konzentration wieder wuchs.

Ich würde das Buch finden, dass wusste ich. Ich ging in die Hocke und legte meine Hand auf den dunklen Boden, der kein einziges Staubkorn aufwies und die Dunkelheit zog an meiner Hand empor. Der Schatten war heiß, doch nicht so, dass ich mich verbrannte.
Trotzdem fühlte er sich so an, so als käme er direkt aus der Hölle.
"Such!", flüsterte ich und er schlang sich von meiner Hand. Auch wenn ich immer sagte, ich würde alleine arbeiten, stimmte das nicht ganz.

Die Dunkelheit war mein Partner, denn ich liebevoll Socium nannte. Er war der Einzige, der immer zu mir hielt und gleichzeitig auch der Grund dafür, dass ich nun in dieses Haus einbrach.

Ich war ein Umbritor, ein Schattenbändiger. Diese Fähigkeit ist angeboren und man kann sie nicht loswerden. Sie wird von den Menschen als Fluch angesehen, weswegen sie Umbritor verachten, jagen und töten. Wobei das hassen auf Gegenseitigkeit beruhte. Deswegen suchte ich die Zwillingssteine der Einsamkeit, da mit ihnen das Universum zerstört werden konnte. 

Nur Schattenbändiger blieben zurück, im Nichts, aus dem man eine neue Welt erschaffen konnte. Und genau diese Steine hatten die Hausbesitzer in dem Buch -Wo Vögel laufen- versteckt. Ohne das Socium es mir mitteilen musste, wusste ich, dass sich vor mir das zweite Badezimmer befand, ganz hinten war das Schlafzimmer der Besitzer und die zweite Tür rechts war der Raum den ich suchte.

Plötzlich krallte sich etwas Fauchendes an mein Bein, riss mir die Hose auf und hinterließ tiefe Kratzer. "Wenn du es so willst!", keifte ich. "Dann töte ich dich halt!"

Farbspiel der ZerstörungWhere stories live. Discover now