Die Schöne und der Wikinger Teil 2

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Ich schüttelte mein Bein, damit die lästige Katze endlich los ließ. Sie fiel die Treppen runter und sie wäre sicher unten angekommen, wenn auch mit einem Rumpeln, doch Socium schloss sich schon davor um sie, verschlang sie komplett.

Ein klägliches Miauen war das letzte was ich hörte, bevor ihr gestreifter Leichnam unter der Dunkelheit hervorglitt. Er war bewegungslos. "Danke", sagte ich zu dem einzigem Wesen, welches ich respektierte und ging nun endlich zu dem Raum, der wohl als große Abstellkammer diente. Der Schmerz der blutenden Kratzer wurde von Entschlossenheit verdrängt, als ich lautlos die Holztür öffnete und mich selbst noch einmal versicherte, dass er leer war.

Meine Augen hafteten sofort am Schrank. Auch er war so vollgestopft, dass schon Stapel an Werken daneben standen. Davon durfte ich ja keinen umkippen, sonst würde es schwerer werden, als ein Einbruch sowieso schon war.

Im Augenwinkel entdeckte ich noch eine Edelkommode, ein Kinderbett, was wieder darauf hin deutete, dass es sich hier um einen großen Abstellraum handelte und einen roten Teppich in der Nähe des Bettes.

Das fahle Mondlicht tauchte alles in eine silberne Szene und gab dem Zimmer etwas Geisterhaftes. Ich hasste den Mond! Wäre er nicht da, wäre die Nacht viel dunkler. Ich würde mich dann wohler fühlen. Ich schüttelte den Kopf, um mich wieder zu konzentrieren, ging zu dem Regal, dass mit ein paar mehr Büchern sicher zusammen krachen würde und suchte wieder.

Als ich einen Schritt zur Seite machte, entdeckte ich jemanden, der mich entsetzt ansah. Er hatte schwarzes, wildes Haar, dass sicher schon lange nicht mehr gewaschen worden war, dreckige Kleidung, die zerfetzt war, doch seine braunen, entschlossenen Augen, die rötlich schimmerten machten das ganze wieder wett.

Ich atmete erleichtert aus. Das war nur mein Spiegelbild. Damit ich mich nicht erneut erschrak, ließ ich den Spiegel, der an der Wand lehnte von Socium verdecken und machte mich weiter auf die Suche. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als ich ein Kinderbuch herausholte und dahinter endlich -Wo Vögel fliegen- fand.

"Endlich", seufzte ich und zog es heraus. Auf dem Cover stand in geschwungener Schrift der Titel, der Hintergrund war eine Amsel mit Menschenbeinen, die auf einer Wiese stand. Rasch schlug ich das Buch auf, welches das Lebenswerk von Diarmid von Ozam war und hielt erschrocken inne.

Die Blätter des Buches waren zu einem viereckige Loch herausgeschnitten und eigentlich sollte dort drinnen die Steine liegen, doch sie waren weg. Wut schnaubend schlug ich den Wälzer zu, so dass Staub aufflog. Plötzlich ertönte ein geller Schreie aus dem Kinderbett und ich fuhr erschrocken herum.

"Scheiße!", fluchte ich, als ich realisierte, dass dieser Raum ein Kinderzimmer war und ich das Baby gerade geweckt hatte.

Schon hörte ich eilige Schritte, was durch das Jammern echt schwer war und ließ das Buch in meiner Ledertasche verschwinden, in der all mein Hab und Gut verstaut war. Ich war im zweiten Stock, wenn ich aus dem Fenster sprang könnte ich es überleben. wenn ich abrollte.

Alleine beim Gedanken daran zog meine Schulter schmerzhaft. Die Tür flog auf und die Eltern erstarrten bei meinem Anblick. Der Mann hatte braunes Haar und einen zerzausten Vollbart. Durch seine kräftige Statur wirkte er wie einer der Wikinger; an seiner Seite eine wunderschöne Rothaarige.

Und vor ihnen stand ein 16- jähriger Penner im Raum ihres Kindes. Was den beiden wohl gerade durch den Kopf ging? Hatten sie Angst oder waren sie nur wütend? "Wer bist du?", fragte der Mann.

Ich klatschte langsam, genoss, dass sie mich ansahen, dass ich in einer höheren Position war. "Das war wirklich die schlauste Frage, die sie mich hätten fragen können. Applaus.", machte ich mich über ihn lustig. Mein Klatschen war zum missgunsten der Mutter, die ihr Kind in den Arm genommen hatte und hin und her wiegte, laut.

"Was willst du?", zischte der Wikinger und trat bedrohlich auf mich zu. Ich versuchte währenddessen abzuschätzen wie viele seiner Schläge ich überleben könnte, blieb aber stehen. Drei, wenn er nicht genau zielte, ansonsten vielleicht zwei.

Wenn er den Kopf traf, war ich sofort ausgenockt. Das durfte nicht passieren! "Ich möchte nur etwas von ihnen wissen.", sagte ich und wich nun doch zurück. Der Mann sah mich finster an und kam mit Fäusten auf mich zu und holte aus. Er ließ mich nicht zu Wort kommen! "Oder hier muss jemand sterben!", rief ich, als mir plötzlich die Luft weg blieb. Der Schlag wurde mitten in meinen Bauch gelandet, so dass ich das Gefühl hatte, mein Magen würde sich umdrehen. Meine Beine gaben unter dem wenige Sekunden bestehenden Sauerstoffmangel nach und ich sank auf meine Knie.

Das hatte ich nicht kommen sehen. "Ich habe einen Vorschlag.", wandte ich ein und sah dem Kerl in die Augen, die selbst im Halbdunkeln ein sattes grün aufwiesen. Ein Tritt in die Magengrube ließ mich vor Schmerz aufstöhnen. "Tu nicht so als wärst du in der Lage zu verhandeln.", raunte mir Wikinger ins Ohr. Der Typ meinte es ernst; ich jedoch auch.

"Ich würde ihnen raten, mir zuzuhören.", keifte ich und hoffte der drückende Schmerz würde bald enden. "Sonst?", lachte der Kerl und machte sich für den nächsten Schlag bereit. "Sonst nutzte ich ihre einzige Schwäche: ihre Familie." Erschrocken blickte er zu seiner Frau, die in dem Moment ängstlich aufschrie und wie erstarrt auf ihre Beine sah.

Schatten rankten sich an ihr hoch, wie Efeu an einer Hauswand. "Stopp!", rief Wikinger und sah mich verzweifelt an. "Was willst du wissen? Ich sag dir alles!". Ich grinste triumphierend und hielt Socium an. "Die Steine", ich holte das Buch aus meiner Tasche, "wo sind sie?". "Ich..... ich... ich weiß es nicht. Sie wurden mir gestohlen.", sagte der Mann verzweifelt.

Schweiß klebte auf seiner Stirn, zeigte seine Angst. "Wer hat sie gestohlen?", zischte ich gereizt darüber, dass der Einbruch umsonst war. "Keine Ahnung. Ich habe nur durch Zufall entdeckt, dass sie weg sind.", wimmerte er. "Wie kann ich ihn finden?", verlangte ich nun zu wissen und stand endlich auf, da das Rumoren in meinem Bauch weniger geworden war und ließ das Buch zurück in die Tasche gleiten.

„Ich wüsste nur einen Weg...", begann Wikinger zögernd. „Rück schon raus!", keifte ich und er nickte.

"Es gibt ein Buch, dass alles weiß wenn man es fragt.", sagte er und ich wusste sofort, dass es einen Haken hatte. „Es ist jedoch in einer Schule und sie lassen nur Schüler und Lehrer rein, um Sicherheit zu gewähren."

Farbspiel der ZerstörungWhere stories live. Discover now