Traum von einem Monster Teil 2

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Doch damit konnte ich leben. Der Wald rauschte an mir vorbei und zwang mich dazu, meine Augen zu schließen, damit mir nicht schwindelig wurde und genoss den kühlen Wind. Als wir einen Hang erklommen wurde Socium langsamer und als ich meine Lider öffnete, strahlte mir die aufgehende Sonne entgegen. Wie lange hatte ich geschlafen?, fragte ich mich entsetzt. 

Ein warmes Kribbeln rollte durch meinen Körper, ließ mich den Kopf schütteln. Viele hätten dieses Gefühl als Geborgenheit empfunden, doch dieses Gefühl weckte in mir Erinnerungen an meine Kindheit, Familie und mein ehemaliges Zuhause.

Es war ein zweistöckiges Haus, mit einem kaltem Holzboden und weißen Betonwänden gewesen. Die Treppe hatte immer gequietscht, wenn ich und Leyna die Stufen empor gerannt waren. Wir hatten uns ein Zimmer geteilt und jeden Tag hatte es ausgesehen, als wäre eine Kuhherde durch den Raum gerannt. 

Irgendwann hatten unsere Eltern dann auch aufgegeben uns zu zwingen aufzuräumen, da es sich nie gelohnt hatte. Meine Schwester war für mich immer ein Vorbild gewesen. Ich wollte so sein wie sie. Jetzt war ich besser. Viel besser. Sie konnte mich nicht mehr schlagen.

Jetzt war ich der bessere. Mein Pferd war schnaubend stehen geblieben und er drehteseinem Kopf so gut wie es ging zu mir. Er pustete mir sein angenehmenAtem ins Gesicht. „Ist ja gut.", lachte ich. 

„Ich denke nicht mehr daran." Ich sah hinter mich. „Das ist Vergangenheit." Er nickte und lief weiter. Ich passte mich seinem Gang an, wippte mit hoch und runter.

Ich kramte den gestohlenen Apfel aus meiner Tasche. Von den Büchern war er ganz platt gedrückt. Schmunzelnd biss ich hinein, kaute genüsslich und sah mich dabei um. Wir verließen den Wald und liefen auf eine Wiese zu, die mit vielen Blumen bestückt war. Der ekelhaft süße Gestank hing sich in meiner Nase fest, wie Kletten an Kleidung. Widerlich! 

Angeekelt wedelte ich mit meiner Hand hin und her, in der Hoffnung den schrecklichen Geruch los zu werden. Leider vergebens. Ich rümpfte die Nase und versuchte so wenig wie möglich einzuatmen. „Komm. Wir sollten schnell von hier weg.",sagte ich und tritt ihm auffordern aber sachte gegen die Rippen. 

Der Hengst setzte sich in Bewegung und stürmte einen Moment später durch die Wiese. Schmetterlinge, die wir wohl aus dem Schlaf gerissen hatten, flogen empor, eine Biene sauste summend an meinem Ohr vorbei und die Weide war nur ein verschwommener Streifen aus verschiedenen Farben. Die Sonne brannte in meinen Augen und ich sah weg.

Das Trampeln von Sociums Schritten hallte in meinen Ohren wieder und ich schloss meine Lider, genoss den rauschenden Wind, der durch mein Haar fegte. Meine Gedanken schweiften wieder zu meinem altem Heim ab. Es war nicht groß gewesen oder anderweitig besonders. Aber eben mein Zuhause. Etwas was ich danach nie wieder besaß. 

Etwas was ich nie wieder besitzen werde. Dort war immer Chaos gewesen. Entweder hatte mein Vater mal wieder beim Kochen versagt, wobei meine Mutter immer ausgerastet war, ich oder meine Schwester hatten etwas versteckt, was unsere Eltern suchen mussten, da es oft etwas Wichtiges war oder ich hatte ausversehen etwas kaputt gemacht.

So konnte es nie wieder werden. Nicht nur, weil ich und Leyna nun verfeindet waren, sondern auch weil unsere Eltern tot waren. Ich sah plötzlich wieder diese verstörende Bilder durch meinen Kopf sausen. Wie Motten um Licht kreisten sie in meinem Kopf und ich klammerte mich an mein pochendes Haupt.

Aufhören! Ich war nicht fähig diese Worte zu brüllen, zu sehr wurde meine Kehlezugeschnürt. Ich keuchte auf und sah überall Blut. 

Ich hörte meine eigenen Schreie, obwohl ich nichts sagte, spürte meinen Puls, der drastisch in die Höhe ging. Mein Herz schlug so fest gegen meine Brust, als wollte es vor diesen Erinnerungen fliehen. Mein Kopf pulsierte, als hätte ich dort ein zweites Herz. Vor meinem inneren Auge sah ich die Leiche meines Vaters, die mich mit glasigem Blick ansah. Der Apfel fiel aus meiner Hand, während mich meine Schreie von allen Seiten zudröhnten. Es sollte aufhören! Sofort! Ich wollte diese Erinnerungen vernichten. 

Farbspiel der ZerstörungWhere stories live. Discover now