24.02.18, 14:32 Uhr

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Samstag, 24. Februar 2018, 14:32 Uhr.

Der Bass dringt aus meinen Handylautsprechern, das Smartphone hängt am Ladekabel, wie immer, seit er tot ist, wie immer, seit ich mein Handy nicht mehr ausschalte, wie immer, seit ich nie wieder unerreichbar bin.
Der Rhytmus betäubt mich, ich schalte ab, vergesse, verdränge, verliere mich in der Musik.
Sie zieht mich mit sich und ich werde haltlos herum geschleudert zwischen Notenlinien und Dreiklängen, kraftvollen Bässen und Lyrics, die ich fühle.

Die Töne dringen in mein Fleisch und Blut, sie durchströmen meinen Körper, alles laut, alles viel, alles elektrisiert.
Zellen erwachen, Synapsen klingeln, Nervenbahnen voller Adrenalin.

Mein Körper erwacht zum Leben, ich erwache aus meinem Winterschlaf, und für zwei Minuten sind die Klänge mein Lebenselixier, sind die Luft, die ich atme und der Anker, der mich hält.

Die Töne legen sich über klaffende Wunden und bedecken getrocknetes Blut meiner Seele; sie umspülen meine Sinne und benebeln mich, bis ich die Narben nicht mehr sehen kann, bis ich alles vergesse, nur nicht, wie man tanzt.

Und dann ist der Moment vorüber, denn Mum steht in der Küche, eine Kippe im Mundwinkel und ein Jägermeister zwischen den Fingern.

Verständnislos bedenkt sie mich mit einem Blick, der vor Abscheu nur so strotzt.
»Dass du es dir wagst...«
Seit er weg ist, sagt sie nur noch Halbsätze zu mir.
Es ist, als wäre die andere Hälfte der Sätze mit ihm gestorben.
Als wäre Mum mit ihm gestorben.
Und das ist sie auch. Das sind wir alle.

Sie braucht ihre Sätze nicht zu Ende sprechen. Ich weiß auch so, was sie sagen will.
Ich weiß, was sie denkt, denn ich denke genauso von mir.

Dass du es wagst, Spaß zu haben, während er wegen dir nie wieder welchen haben wird.

so grün wie seine AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt