Damals | 22.05.16, 21:00 Uhr

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Damals
Freitag, 22. Mai 2016, 21:00 Uhr.

»Und wenn was ist, ruf mich an«, ruft Jacob mir nach und ich verdrehe schmunzelnd die Augen.
»Ja ja, Papi.«

Die Kälte des Fußbodens durchweicht meine Socken und dringt langsam aber sicher in meine Fußsohle ein.
Adrenalin lässt mein Herz rasen, es hämmert gegen meinen Brustkorb, so fest und laut, dass ich befürchte, Mum könnte es hören.

Jacobs Blick brennt sich in meinen Rücken, es passt ihm nicht, mich gehen zu lassen.
Mein Bruder ist überfürsorglich und langweilig und manchmal ganz in Ordnung.
Er ist fürsorglich, aber wenigstens gibt er sich Mühe, mich zu verstehen, wenigstens hört er mir zu.
Ich mag ihn, auch wenn er mich tierisch nervt; ich mag ihn als Mensch, nicht nur als Bruder; ich mag ihn, und würde es ihm doch niemals sagen, schließlich bin ich zu pubertär für Gefühlsduseleien.
Also mache ich los, ohne mich richtig von ihm zu verabschieden.

Ich schlüpfe in meine Vans, denn ohne diese verlasse ich das Haus niemals, auch nicht, um auf eine Hausparty außerhalb der Stadt zu gehen.

Dann trete ich vor die Tür, wo mich frühlingswarme Nachtluft empfängt; und mit leisen Windböen kommen meine beste Freundin und die Vorfreude auf den Abend bei mir an.

Rotes Haar und süßliches Parfum saugen mich ein und ziehen mich in eine Wolke Geborgenheit, als sie mich fest in ihre Arme zieht.
Cass, meine engste Freundin, strahlt, während sie mein Outfit mustert.
Das grüne, enge Top, den schwarzen Rock, meine blondierten Haare zu einem halboffenen Zopf geflochten.

»Hot, meine Süße, richtig hot«, lobt sie, und tief in mir wird es ganz, ganz warm.
Dann bleibt ihr Blick an meinen Schuhen hängen und sie verdreht die Augen, gibt sich Mühe, nicht laut los zu lachen. »Du wirst noch in Vans heiraten.«
Ich zucke beiläufig die Schultern: »Das ist gar nicht mal so unwahrscheinlich.«
Und am liebsten dich, denke ich mir.

Während ich Cass zu ihrem Moped folge, nutze ich die Gelegenheit, um sie ausgiebig zu mustern; nehme ihre roten Locken wahr, die selbstbewusst über ihren offenen Schultern liegen; folge ihren Kurven, die von einem enganliegenden Kleid umhüllt sind, bis zu den Highheels, die ihre schönen Beine betonen. Sie sieht heiß aus. Sehr, sehr heiß. Anziehend. Sexy. Umwerfend.

Cass' knallrote Schwalbe steht schon abfahrbereit in unserer Einfahrt. Den Helm lassen wir weg, unsere Frisuren waren zu aufwendig, um sie jetzt zu zerstören.

»Festhalten!«, quietscht Cass vorfreudig und wir düsen atemlos in die Nacht.

Der Sommer ist warm, die Sterne funkeln, das Leben empfängt uns mit offenen Armen.
Das Adrenalin kickt und ich hebe meine Arme gen Himmel, schließe die Augen und fliege mit Cass und ihrer Schwalbe auf und davon.
Jacob ist längst vergessen.

so grün wie seine AugenWhere stories live. Discover now