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Drei Tage später sitze ich mit meiner Schwester und meinen Freunden in der Mensa beim Mittagessen. Ich habe Mr. Bane in den letzten Tagen oft im Flur gesehen und jedes mal hat er mir aufmunternd zugelächelt, was ich vor lauter Nervosität kaum erwidern konnte. Im Unterricht gestern hat er mich glücklicher weise nicht anderes behandelt sondern mich einfach Träumen lassen. Allerdings hat er mir ein sehr ermutigendes Lächeln geschenkt, als ich den Raum verlassen habe. Ich habe oft darüber nachgedacht, sein Angebot anzunehmen, habe aber irgendwie Zweifel. Ich meine, er ist der Grund für meine mentale Abwesenheit. Wie soll ich ihm das sagen, ohne das es komisch klingt? Wie soll ich das überhaupt jemandem sagen?

Lustlos stochere ich in meinem Essen herum ohne es auch nur ansatzweise zu mir nehmen zu wollen. Meine Schwester, die mir gegenüber sitzt, sieht mich besorgt an. "Alec, wirst du krank? Seit Wochen isst du nicht richtig und seit einigen Tagen eigentlich gar nichts mehr.", stellt sie besorgt fest. Ich sehe zu ihr auf und versuche mich an einem milden Lächeln. "Nein, alles gut Iz. Ich bin nur schon so nervös wegen den Abschlussprüfungen und den Collegebewerbungen.", erkläre ich ihr, eine komplette Lüge. "Hast du noch immer keine Antwort bekommen?", fragt Dot. Ich schüttele den Kopf. Jace wurde in Boston angenommen, Dot hat schon eine Antwort von der Columbia, wo ich auch hin will. Nur ich bin noch in der Schwebe.

Sie nickt. Ich weiß, sie glauben mir nicht, aber sie fragen nicht weiter nach. Seufzend schließe ich die Augen und sehe sofort die von Mr. Bane vor mir. Ich sollte nicht so von meinem Lehrer denken. Es ist nicht gut. Strafbar nicht mehr unbedingt, da ich fast Volljährig bin. Aber er könnte trotzdem schrecklichen Ärger bekommen. Ich könnte sein Leben ruinieren, vorausgesetzt er würde mitspielen. Aber wo die Liebe hinfällt. Einfach liegen lassen, denke ich mir und grinse leicht.

Der restliche Schultag vergeht ohne besondere Vorkommnisse und als ich zuhause in meinem Bett liege starre ich nachdenklich an die Decke. Mein Magen rebelliert und ich stelle fest, was Izzy vorhin erwähnt hat: das ich seit Tagen nichts gegessen habe. Seufzend stehe ich von meinem Bett auf und gehe runter in die Küche. Ich hole zwei Töpfe aus einem Schrank neben dem Herd und aus einem anderem eine Packung Nudeln. Schnell suche ich noch alle Zutaten für meine leckere Tomatensoße zusammen und fange an zu kochen.

Gerade als ich mit dem Knoblauch fertig bin und ihn in dem Topf anbrate kommt meine Schwester in die Küche geschlichen. "Wow. Zwei Überraschungen an einem Tag.", grinst sie mich an und stellt sich neben mich um die Nudeln umzurühren. "Was meinst du?", frage ich und fange an nach und nach die Zutaten in den Topf zu geben und zu vermischen. "Naja erstens bist du außerhalb deines Zimmers und zweitens ausgerechnet in der Küche zum Kochen.", erklärt sie die offensichtliche Situation.

Ich nicke nachdenklich. "Es tut mir leid, dass ich euch Sorgen gemacht habe. Mir ging es nicht gut. Ich hab grad mit einigen Dingen zu kämpfen und brauchte Zeit für mich.", versuche ich ihr zu erklären. "Ich verstehe.", seufzt Izzy. "Aber du weißt, egal was passiert, du kannst mir alles sagen. Du bist mein großer Bruder. Und du bleibst es für immer. Ich bin für dich da und ich hab dich unendlich lieb.", sagt sie mit sanfter Stimme. Unwillkürlich kommen mir Tränen in die Augen und ich sehe sie an. Sie hat sich neben den Herd an die Arbeitsplatte gelehnt und hat ihre Augen fest auf mein Gesicht gerichtet.

Ich schniefe einmal und Izzy sieht mich besorgt an. "Alec...", flüstert sie doch ich nehme sie einfach in den Arm. Fest schlinge ich meine Arme um ihre schlanke Taille und spüre wie sie ihre Arme in meinem Nacken verschränkt und mit einer Hand durch meine Haare fährt. Izzy hat immer gemachte, lange Nägel und ich liebe es wenn sie mir den Kopf oder Rücken krault. Schweigend stehen wir einige Minuten so in der Küche bis ich mich langsam von ihr löse.

"Alles okay mit dir?", fragt sie und lässt ihre Hände von meinem Nacken an meine Wangen streichen. Ich nicke leicht. "Es tut mir leid. Ich habe dich in den letzten Wochen ignoriert. Und du hast es einfach hingenommen.", murmele ich. Meine Schwester lächelt einfach. "So bist du halt. So warst du immer. Wenn dich etwas beschäftigt brauchst du deine Zeit alleine. Aber irgendwann kommst du wieder zu mir. Und manchmal sagst du mir was los ist. Und manchmal nicht. Aber es ändert nichts daran, wie sehr ich dich liebe.", muntert sie mich auf.

"Ich liebe dich auch Schwesterchen. Wollen wir zusammen essen und einen Film schauen?", schlage ich vor und Izzy nickt begeistert. Gemeinsam kochen wir fertig und mit unseren vollen Tellern gehen wir die Treppe nach oben in Izzy's Zimmer. Nebeneinander setzen wir uns auf ihr Bett und sie schaltet ihren Fernseher an. Da wir beide keine Schnulze sehen wollen entscheiden wir uns schlussendlich für 'Annabelle' und essen dabei.

Zwei Stunden später stehen unsere leeren Teller auf ihrem Nachtschrank, der Film ist zuende und stattdessen läuft Musik und ich liege mit meinem Kopf auf Izzy's Schoss während sie mir den Kopf krault. "Wie läuft es mit Raphael?", frage ich sie, da ich in den letzten Wochen kaum etwas mitbekommen habe. "Es läuft gut. Er ist so aufmerksam und lässt mir alle Zeit die ich brauche. Und seine Mom liebt mich, genau wie unsere Eltern ihn lieben.", schwärmt sie. Ich lächele. Genau so soll es sein.

"Und was ist bei dir los?", fragt sie mich vorsichtig. Ich atme tief durch. "Ich versuche noch immer damit klar zu kommen. Ich glaube, ich bin noch nicht bereit, darüber zu reden.", sage ich zögernd. Ihre Hand stoppt kurz ihre Bewegungen an meinem Kopf, fährt dann aber fort. "Das ist okay. Und du musst es auch nicht mir sagen. Aber bitte, rede mit irgendjemandem. Du darfst nicht alles in dich reinfressen.", bittet sie mich.

Ich nicke und streiche mit einer Hand über ihr Bein bevor ich mich aufsetze. Izzy lächelt liebevoll. "Der Bart steht dir übrigens sehr gut.", merkt sie an als ein Klopfen ertönt. Wir sehen zur Tür und Mom tritt ins Zimmer. "Alec, du hast gekocht.", lächelt sie mich an und ich nicke. "Er hat eine grooooße Portion gegessen.", grinst Iz und Mom lächelt noch mehr. "Das ist schön. Aber bitte, geht langsam schlafen. Es ist schon neun Uhr durch und ihr müsst morgen zur Schule.", bittet sie uns. Lächelnd kommt sie zu uns, gibt uns jedem einen Kuss auf die Stirn und verlässt dann mit einem "Schlaft gut meine Süßen" das Zimmer. Auch ich wünsche meiner Schwester eine Gute Nacht und gehe dann rüber in mein Zimmer um mich langsam Bettfertig zu machen.

Verbotene LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt