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Nervös stehe ich am Montag nach dem Unterricht vor Magnus' Büro. Ich weiß, dass er immer noch eine Weile in der Schule bleibt. Er bereitet den Unterricht der nächsten Tage vor oder korrigierte Klausuren. Selten und ungern nimmt er Arbeit mit nach Hause. So will er Arbeits- und Privatleben trennen. Immer wieder sehe ich links und rechts in den Gang und wippe auf meinen Zehnspitzen auf und ab.  Ob es eine gute Idee ist, ihm meine Gefühle zu gestehen weiß ich nicht. Vielleicht deute ich seine Zeichen auch falsch. Vielleicht bringe ich sein ganzes Leben durcheinander, zerstöre es eventuell komplett.

Leise pfeifend kommt Magnus um die Ecke, verharrt kurz als er mich sieht und kommt dann auf mich zu. "Alles okay, Alexander?", fragt er, während er sein Büro aufschließt. Er lässt mich zuerst eintreten, schließt dann die Tür hinter uns. "Ich muss mit dir reden.", sage ich.
Er stutzt. "Klingt ernst. Was ist denn los?"
Ich setzte mich auf einen der Stühle, er lehnt sich zu mir gewannt an seinen Schreibtisch und lässt seine Tasche daneben fallen.

Ich zögere, unsicher, wie ich dieses Gespräch, diese Zugabe meiner Gefühle, anfangen soll. "Ich hab dir doch von diesem Typen erzählt, der mich durcheinander bringt.", beginne ich. Er nickt, schweigt, wartet bis ich fortfahre, in meinem Tempo. "Ich habe mit einer Freundin über ihn geredet und bin bereit, ihm von meinen Gefühlen zu erzählen.", fahre ich fort.
Magnus lächelt. "Das freut mich. Wann tust du es?", fragt er. Ich sehe ihm fest in die Augen. "Jetzt grade.", gebe ich zu.

Schweigen. Keiner von uns sagt ein Wort. Wir sehen uns einfach an, versuchen die Gedanken des anderen zu lesen. Versuchen eine Reaktion im Gegenüber zu bekommen, doch keiner von uns regt sich. Irgendwann atmet Magnus laut ein und wieder aus. "Wow.", sagt er nur. Ich rutsche verlegen auf meinem Stuhl hin und her. "Tut mir leid. Ich weiß, sowas ist unangenehm für einen Lehrer. Und ich hab versucht mich zu wehren. Aber gegen Gefühle kann man nunmal nichts machen.", erkläre ich mich.

Er nickt wieder, geht um seinen Schreibtisch herum, gewinnt Abstand zwischen uns. "Ja. Das stimmt. Ich kenne das. Und ja, für einen Lehrer ist sowas umständlich, noch mehr, wenn die Gefühle des Schülers nicht ganz einseitig sind.", gibt er zu. Ich reiße meine Augen auf. "Du... du hast auch Gefühle für mich?", frage ich stotternd. Magnus nickt leicht.

"Ich kann mich nur wiederholen. Du bist ein unfassbar starker und einzigartiger Mensch. So wie du von mir lernst, lerne ich von dir. Du hast keine Angst du selbst zu sein. Du tust es einfach. Als du dich geoutet hast habe ich dich zum ersten mal bewundert. Meine Freunde haben damals nicht einstimmig gut reagiert. Viele haben sich von mir abgewandt.", erzählt er.
Plötzlich tut er mir leid. Ich will etwas sagen, schweige aber. "Und jetzt?", frage ich nach einigen Minuten, in denen wir uns nur schweigend ansehen.

"Das geht nicht. Wir wissen beide, dass so eine Beziehung verboten ist. Außerdem sind wir in verschiedenen Situationen in unseren Leben. Diese ganzen Serien geben ein falsches Bild von so einer Verbindung. Es kann nicht gut gehen. Nicht jetzt."
"Ach, nur weil es ausgedacht ist, kann es nicht real sein?", zitiere ich Cat. Magnus lächelt. "Du hast dir das gut zusammen gedacht.", gibt er zu.

"Ich habe in einem halben Jahr meinen Abschluss. Danach studiere ich. Wir können das schaffen, wenn unsere Gefühle echt sind.", will ich ihn überzeugen. "Alexander, such dir wen in deinem Alter.", bittet er, doch ich schüttele den Kopf. "Ich kenne jeden an dieser Schule. Und so weit sind wir vom Alter nicht auseinander. Magnus, gib uns eine Chance.", bitte ich.

Er sieht mich an, dann streckt er seine Hand nach mir aus. Ich stehe auf, nehme seine Hand und stelle mich nahe vor ihn. "Hältst du das wirklich für eine gute Idee?", fragt er. Ich schüttele grinsend den Kopf. "Nein. Aber ich stehe zu meinen Entscheidungen. Und mein Dad ist Anwalt. Zur Not boxt er uns da raus.", grinse ich. Magnus lacht und legt seine Hand an meine Wange. "Ich stehe zu dir. Aber wir müssen vorsichtig sein. Keine Annäherungen in der Schule, kein Wort zu irgendwem, keine sexuellen Handlungen bis zu deinem Abschluss und du speicherst meine Nummer unter einem anderen Namen.", stellt er unsere Regeln auf.

Ich nicke ernst. "Darf ich dich küssen?", frage ich. Magnus nickt lächelnd, zieht mich näher an sich und endlich liegen meine Lippen auf seinen. Ein Feuerwerk explodiert in mir und ich bin der glücklichste Mensch der Welt. Ich kralle meine Finger in seinen grauen Pullover und bewege sanft meine Lippen gegen seine, bis wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit wieder voneinander lösen. "Wir schaffen das.", flüstere ich.
"Mit dir an meiner Seite stelle ich mich allem.", flüstert er zurück und drückt mir noch einen keuschen Kuss auf die Lippen.

Verbotene LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt