Kapitel 9: Gefangenen im Grau

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Sobald ich die weiße Fläche betrat, durchmischte sich die Schwärze um mich herum mit dem Weiß vor mir. Und beim näherkommen stellte sich das undefinierbare Etwas als etwas heraus, was an einen Menschen erinnerte. Dieser drehte sich gerade zu mir und und ich blickte in ein schemenhaft erkennbares Gesicht. Ich glaube, selbst wenn ich ihn kennen würde, könnte ich diesen Mann in diesem Zustand nicht wiedererkennen.

Eine Weile sahen wir uns schweigend an.

"Hallo", durchbrach er die Stille. Seine Stimme klang angenehm.

"Hallo", erwiederte ich wenig geistreich. " Ich bin Jimin. Wer bist du?"

"Mein Name ist Yoongi." Dann schwiegen wir wieder. "Weißt du, wo wir hier sind?"

Ich zögerte kurz und sagte dann:"Ich vermute, zwischen Leben und Tod. Ich für meinen Teil bin nicht tot aber auch nicht mehr so wirklich lebendig. Du wahrscheinlich auch. Kannst du dich an irgendetwas erinnern?"

"Ich hatte einen Autounfall", murmelte er. Wieder Stille. Lange.

"Kannst du mich eigentlich sehen?", fragte mein Gegenüber.

"Nicht wirklich", gab ich zu. "Du bist er so etwas, wie ein heller Schatten. Ich denke, selbst wenn ich dich kennen würde, wäre ich nicht in der Lage, dich zu erkennen." Das schien den Anderen seltsamer Weise zu beruhigen.

"Geht mir auch so", sagte er knapp. Eine Weile schwiegen wir erneut, wärend wir zusahen, wie sich mein Schwarz mit seinem Weiß zu einer grauen Masse vermischte, die uns umgab.

"Warum bis du hier?" fragte Yoongi irgendwann.

"Ich habe mir die Pulsader aufgeschnitten", sagte ich und klang dabei seltsam emotionslos.

"Warum?"

"Ich wollte einfach nicht mehr. Will ich immernoch nicht", antwortete ich kurz. Er nickte verstehend.

"Ging mir auch mal so."

"Was hast du dagegen gemacht?"

"Ich bin meiner Leidenschaft gefolgt, habe mich nicht von anderen beeinflussen lassen und habe mein Ding durchgezogen." Er sah beinahe verträumt aus, während er sprach. Dann richtete sich sein Blick wieder auf mich. "Vielleicht solltest du auch deiner Leidenschaft folgen."

"Vielleicht", murmelte ich. Ich dachte ernsthaft darüber nach, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Das Grau um uns herum wurde etwas heller.

"Jimin, du bist heller geworden, nicht mehr so tiefschwarz wie noch vor ein paar Momenten", sagte da Yoongi plötzlich. Verwirrt sah ich ihn an. Wie heller geworden? Ich blickte an mir runter und sag, dass Yoongi recht hatte. Lag es vielleicht daran, dass...? Nein, das war vollkommen absurd! Schnell schüttelte ich den Gedanken wieder ab.

"Komm, lass uns ein Stück zusammen gehen", schlug ich dann vor, um vom Thema abzulenken. Yoongi nickte und zusammen machten wir uns auf den Weg. Wir liefen eine Weile schweigend nebeneinander her. Yoongi war eine angenehme Gesellschaft.

Ich wollte gerade zum sprechen ansetzten da verschwand das Grau um uns herum und wir befanden uns in einem Krankenhauszimmer. Verwirrt sah ich mich um. Auf dem Bett lag eine Gestalt, die an viele Geräte angeschlossen war. Daneben am Bett waren zwei junge Männer . Der eine saß auf einem Stuhl, neben dem Bett und hielt die Hand des Patienten, der Größere stand hinter dem Sitzenden und hatte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter gelegt. Beide weinten.

Yoongi neben mir keuchte auf. "D-das bin ich! Und da sind Jin und Namjoon! Die sollen nicht weinen. Hallo Eomma Jin, ich bin doch hier!" Yoongi ging während er sprach auf den sitzenden zu, der dann wohl Jin sein musste. Warum auch immer Yoongi ihn mit Eomma ansprach. Bei Jin angekommen wollte Yoongi ihm ebenfalls eine Hand auf die Schulter legen, doch seine weiß leuchtende Hand glitt durch ihn hindurch. Er reagierte auch gar nicht auf Yoongis Worte oder seine Anwesenheit.

Fallen Angel - YoonminWhere stories live. Discover now