Horizont

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Einige Wochen waren vergangen, seit dem Abend in Tonys Büro. Tony und Bella hatten sich seit dem aber beinahe jeden Tag nach Feierabend in seinem Büro getroffen. Tony sagte immer wieder, dadurch würden sie beide nach einem anstrengenden Arbeitstag den Kopf frei kriegen können. Und Bella fand, dass er Recht hatte. Jedes Mal, nachdem sie sein Büro verlassen hatte, kam sie sich wie ausgewechselt vor. Sie verschwendete keinen Gedanken mehr an Stress oder Ärger, der sich in ihr während des Tages aufgebaut hatte. Im Gegenteil, sie war glücklich und irgendwie... befreit. Und sie fügte sich immer besser in die Rolle als Tonys Sub ein. Sie wusste schon genau, was er mochte, auch wenn er immer wieder etwas neues ausprobierte und sie damit immer wieder überraschte, sei es durch einen bestimmten Kleidungswunsch für den nächsten Arbeitstag oder indem er Spielzeug, wie einen Vibrator aus seinem Schreibtisch hervor zauberte.

Aber Bella vertraute ihm. Sie wusste, dass er sich immer um sie kümmerte. Er kannte ihre Grenzen. Und auch wenn er sie gerne überschritt, wusste er, wie weit er gehen konnte, um es nicht zu sehr auszureizen, sondern Bellas Horizont Stück für Stück zu erweitern. Und Bella entdeckte völlig neue Seiten an sich. Sie lernte immer wieder neues kennen und entwickelte neue Vorlieben. Es war, als würde sie erst jetzt ihre eigene sexuelle Identität entdecken. Wer war sie beim Sex? Worauf stand sie? Was waren ihre Grenzen? Welche Schritte kann sie gehen, die sie sonst nie gegangen wäre, wenn Tony sie nicht an die Hand genommen hätte?

Und Tony machte das gut. Wenn er merkte, dass Bella noch nicht so weit für den nächsten Schritt war, führte er sie langsam heran, bewies Geduld und zeigte Verständnis. Aber dafür verlangte er im Gegenzug auch Mut von ihr. Er wollte Hingabe für das Verhältnis zwischen den beiden und dass Bella ihm bedingungslos vertraute und gehorchte. Bella entwickelte einen neuen Charakter in den Situationen, der zwar abgeleitet von ihrem alltäglichen Ich war, aber dennoch anders war. Sie war zwar noch genauso schüchtern und leicht verunsichert. Aber wenn sie Tonys Sub war, war sie irgendwie experimentierfreudiger, verruchter und auch etwas verführerisch. Zumindest versuchte sie es, so gut ihre Schüchternheit es eben zuließ.

Nur gab es eine Sache, die Bella irgendwie verunsicherte... ja, es störte sie sogar ein bisschen. Jedes Mal, wenn die beiden Sex hatten, spielte es sich in Tonys Büro nach Feierabend ab, wen sie beide alleine waren. Das hatte zwar einen gewissen Reiz, aber irgendwie war es auch unromantisch. Auch wenn Bella sich fragte, ob sie damit falsch lag und ob so eine Art der Beziehung überhaupt romantisch sein kann. Aber andererseits wollte sie sich damit auch wohl fühlen. Und auf dem Büroteppich fühlt man sich nunmal nicht so wohl, wie auf einem Bett. Warum also immer hier? Warum hatte Tony sie noch nie zu sich eingeladen? Oder wenigstens in ein Hotelzimmer, wenn er sie nicht bei sich haben wollte? Diese Fragen beschäftigten Bella immer wieder. Und sie dachte sich, dass wenn sie immer wieder bereit dazu war, neue Schritte zu gehen, sollte Tony auch bereit dazu sein. Also nahm sie sich vor, ihn heute Abend zu fragen.

Es war ein sonniger Mittwoch. Und da mittwochs nicht so lange in der Firma gearbeitet wurde, trafen sich Bella und Tony heute schon relativ pünktlich bei ihm im Büro. Wie immer kriegte sie eine WhatsApp-Nachricht von ihm, in der stand "Bella, bitte komm in mein Büro! ⛓" Das Ketten-Emoji verriet Bella schon, worum es ging. Also tat sie es und ging in sein Büro. Sie freute sich darauf, wie immer. Aber sie hatte immer den Gedanken in ihrem Kopf: Heute fragst du ihn, ob wir uns auch mal wo anders treffen können.

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