1. Kapitel - Erin

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Wann immer Mum mir die Geschichten von dem magischen Reich Lavandia erzählt hatte, hatte sie das Reich als friedlich und wunderschön beschrieben.

Mit vielen Legenden und wundersamen Wesen. Von Hütern, die dafür sorgten, dass alles mit rechten Dingen zuging und die magischen Völker sich verstanden.

Sie hatte mir Geschichten erzählt, in denen die Hüter die Konflikte zwischen den Kobolden und Zwergen schlichteten. Wo die Hüter dafür sorgten, dass zwischen den Elfen und Nymphen keine Probleme aufkamen.

Sie erzählte mir immer, dass es kein schöneres und friedlicheres Land gab, als Lavandia. Dass all das Wundersame, von dem uns Märchen und Sagen berichten, ihren Ursprung in Lavandia fanden.

Doch das Lavandia, welches sie mir beschrieben hatte, hatte fast nichts mehr gemeinsam mit dem Lavandia, welches ich kennenlernen durfte.

Zwischen den Nymphen und den Elfen drohte ein Krieg wegen eines schrecklichen Zwischenfalls. Den Zentauren im Dunkelwald, wurde ebenfalls etwas Schreckliches angetan und die wunderschönen Koboldwiesen, die hinter dem Dunkelwald lagen, waren bis auf den letzten Grashalm abgebrannt.

Zu der anfänglichen Frage, die Henry und ich am Anfang unserer Reise hatten und deren Antwort wir gesucht hatten, hatten sich weitere Fragen gesellt.

Wer hatte Lenori getötet? Wer hat den Sohn des Zentaurenkönigs getötet und wieso hatte die Person ausgesehen wie ich? Wer ist schuld an dem Feuer, welches die Koboldwiesen so zerstört hatte und wieso hatte Lucius (Henrys Vater und ein Hüter) den Bergriesen gesagt, wie würden nicht mehr gebraucht werden? Wie passte das alles zusammen? Was war in Lavandia geschehen?

Als ich den Spiegel der Wahrheit fest in der Hand hielt und mich selbst in den drei übriggebliebenen Scherben sah, dachte ich, ich würde jetzt die Antwort bekommen.

Und Henry neben mir, hielt krampfhaft meine Hand fest und hatte die Luft angehalten. Doch nichts geschah.

Unsere letzte Chance, eine Antwort auf alle offenen Fragen zu bekommen, hatte nicht funktioniert.

„Er... er funktioniert nicht", sagte ich leise und schluckte. Eine Träne rollte meine Wange hinunter und ich ließ den Spiegel langsam sinken und sah Henry an.

„Er... er funktioniert nicht Henry. Alles... alles was wir auf uns genommen haben... wir... wir haben versagt", sagte ich und meine Stimme brach.

Henry nahm mich in den Arm und drückte mich an sich. Ich spürte, wie er mir beruhigend über den Rücken strich und unverständliche, leise Worte murmelte, die mich im Moment nicht erreichten.

„Ich war mir so sicher, dass es klappen würde", sagte ich leise.

„Ich weiß... lass uns schlafen gehen, okay? Sobald es hell ich, gehen wir weiter. Wir müssen so schnell wie möglich zurück", sagte er und ich nickte.

Wir beide krabbelten zurück in die Schlafsäcke und obwohl ich totunglücklich war und eigentlich geglaubt hatte, nicht einschlafen zu können, schlief ich ein.


Henry schlief noch und ich wusste, dass ich ihn eigentlich wecken müsste. Die Sonne war bereits aufgegangen und ich wusste, wie dringend wir zurück mussten.

Doch irgendwie brachte ich es nicht über mich, ihn zu wecken. Er sah so friedlich und entspannt aus.

„Du hast keine Frage gestellt..."

Ich drehte mich zum Fluss, doch niemand war zu sehen. Allerdings erkannte ich die Stimme. Ich hatte sie vor nur wenigen Tagen in der Höhle nicht nur gehört, sondern auch die Besitzerin dazu gesehen.

Avaglade - Schicksal von Lavandia (Buch 3)Where stories live. Discover now