4. Kapitel - Henry

23 6 3
                                    

Der Morgen graute, als die Dächer des Palastes zwischen den Bäumen hindurchschimmerten und es fiel mir immer schwerer, die Augen offen zu halten.

Einzig allein die Angst, Erin loszulassen, wenn ich einschlief, ließ mich noch durchhalten.

„Wir haben es fast geschafft", sagte Thanatos und ich gab ein leises, zustimmendes Gemurmel von mir und drückte Erin ein wenig fester an mich.

Und dann standen wir endlich vor dem Palast. Ungeschickt rutschte ich, mit Erin auf dem Arm, von Thanatos' Rücken herunter.

Als meine Füße den Boden berührten, ging das Eingangsportal auf und Yilva kam, dicht gefolgt von ihren Leibwächtern, herausgeeilt.

„Henry!", rief sie und einer ihrer Leibwächter machte Anstalten, mir Erin abzunehmen, aber ich wimmelte ihn ab.

„Sie müssen beide ins Warme", sagte Thanatos, während ich bereits in Richtung Eingang stolperte und nach wie vor ignorierte, wie Yilvas Leibwächter mir immer wieder anbot, Erin zu nehmen.

Ich ging die Treppe rauf und stolperte mehr, als das ich lief, bis ich endlich in einem der Zimmer ankam.

Erschöpft legte ich Erin vorsichtig auf dem Bett ab und achtete penibel darauf, nicht eine Sekunde den Kontakt zu ihr abzubrechen.

„Wir haben es geschafft", sagte ich leise und wie automatisch, legte ich mich neben sie und drückte sie an mich.

„Hörst du Erin? Wir haben es geschafft", flüsterte ich leise und dann überrollte mich endlich der Schlaf.


Als ich wach wurde spürte ich Erleichterung, als Erin noch immer fest in meinem Arm lag.

Noch immer war ihre Haut kühl und ihre Atmung sehr flach. Sorge überkam mich und am liebsten hätte ich sie wachgerüttelt und sie zurück in die Wirklichkeit geholt.

Wie lange würde ihr Zustand so bleiben? War es überhaupt richtig, dass sie mehr tot als lebendig war?

Die Tür zu unserem Zimmer ging leise auf und Yilva trat, dicht gefolgt von Merylin, meinem Vater und William herein.

„Henry, bitte erzähl uns, was passiert ist", sagte Yilva ohne Umschweife.

„Vielleicht besprechen wir das lieber woanders, damit wir Erin nicht wecken", sagte Merylin, doch ich schüttelte den Kopf.

„Nein, ich kann Erin nicht loslassen", sagte ich und erntete verwirrte Blicke.

„Henry, was ist passiert?", fragte William und deutlich hörte ich die Sorge in seiner Stimme.

Sofort überkam mich ein schlechtes Gewissen.

Ich hatte William versprochen, dass ich auf Erin aufpassen würde und dafür sorgen würde, dass sie gesund und munter zurückkommen würde.

So wie es jetzt für ihn aussah, war Erin alles andere als gesund und munter und damit hatte ich das Versprechen gebrochen.

„Wir konnten nichts herausfinden. Mehr noch haben sich viel mehr Fragen und Ungereimtheiten aufgetan. Als wir im Dunkelwald angekommen sind, waren die Zentauren sehr aufgebracht. Angeblich hätte Erin Thanatos Sohn Phaeton getötet", fing ich an und sofort unterbrach William mich.

„Das ist unmöglich, sie..." „Ich weiß, das konnten wir den Zentauren auch glaubhaft versichern und dank Salima und Pocahontas haben sie uns dann auch wirklich geglaubt und geholfen", sagte ich sofort und er nickte.

Ich erzählte weiter und änderte nur die Tatsache, dass Erin allein den Spiegel der Wahrheit gesucht hatte. In der abgemilderten Version waren wir gemeinsam losgegangen.

Avaglade - Schicksal von Lavandia (Buch 3)Where stories live. Discover now