9. Kapitel - Erin

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„Lass diese Gefühle nicht zu. Versuch das ganze Bild zu sehen, Erin", sagte George und ich schnaubte.

„Ich sehe das ganze Bild. Diese zwei Elfen haben mir meine Eltern genommen! Sie sind schuld, dass sie tot sind!", schrie ich, während ich durch den dichten Nebel stapfte.

„Sie haben sie getötet, weil einer meiner Vorfahren jemanden getötet hat. Vor Jahrhunderten! Sie haben mir meine Eltern genommen!"

„Und du darfst wütend und traurig sein. Du darfst toben und schreien und du darfst weinen. Aber verliere nicht aus den Augen, weshalb du hier bist", sagte George und ich sah ihn an.

„Du wolltest wissen, was in Lavandia geschehen ist. Ich habe dir gezeigt, wo der Ursprung der ganzen Prophezeiungen zu finden ist und wie es dazu kam. Jetzt bitte ich dich, dass du deinen Ärger zur Seite schiebst..."

„Und ich verstehe es trotzdem nicht... das alles ist so verworren und widersprüchlich. Ich verstehe nicht, wie mir das alles helfen soll", sagte ich und fuhr mir durchs Haar.

„Wie wurde Lavandia gegründet?", fragte George mich und ich zuckte zusammen.

„Ava und Zion gründeten das Reich, nachdem Zions Vater, König Lavander getötet hat..."

„Wie haben sie das Reich regiert?"

Ich sah George verwirrt an und er nickte mir auffordernd zu.

„Sie haben allen Völkern einen sicheren Hafen geboten. Sie haben Konflikte geschlichtet, ohne Vorschriften darüber zu geben, wie es gemacht wird. Jedes Volk hat sich selbst verwaltet und Ava hat den neutralen Boden geliefert, wenn es zu Streitereien kam", antwortete ich verwirrt.

„Was war Avas Ziel?"

„Ein Reich, in dem jedes Wesen in Frieden leben kann", sagte ich und verstand immer noch nicht so ganz, worauf mein Vorfahre hinaus wollte.

„Was ist die Aufgabe der Hüter?"

„George..." „Erin, was ist unsere Aufgabe?", unterbrach er mich und sah mich ernst an.

„Wir sollen das Reich beschützen, damit die Bewohner in Frieden leben können. Wir sollen keinem Wesen etwas zuleide tun und als neutraler Boden dienen..."

„Mein Sohn tötete einen Elfen. Es war ein Unfall, aber dennoch hat er einem anderen Wesen Leid zugefügt. Anstatt, dass wir Hüter lediglich als neutraler Beobachter bei Konflikten agieren und dafür sorgen, dass eine friedlich Lösung gefunden wird, haben wir uns eingemischt und Dinge vorgeschrieben. Mae hat uns machen lassen und auch Ava hat nicht gesehen, was wir damit anrichten..."

„Denn der Frieden wird niemals weilen, solange es zwei Familien bleiben...", murmelte ich und sah George an.

„Zwei Familien... Damit sind nicht die McAlistair und die Nox gemeint. Denn ihr seid Brüder gewesen. Eine Familie – Avas Familie", sagte ich und George lächelte.

„Die zweite Familie ist die Familie von Hana..."

„Und da ist noch etwas. Was übersiehst du?"

Ich schluckte. Ich hatte eine Vermutung, worauf er hinaus wollte und zögernd sah ich ihn an.

„Ava hatte das Land gut im Griff, weil sie sich nicht eingemischt hat. Sie hat Lösungsvorschläge gegeben und dafür gesorgt, dass Gespräche friedlich stattfinden konnten. Sie hat sich nicht auf eine Seite geschlagen, sondern war neutral. Wir Hüter... wir haben uns zu viel eingemischt. Anstatt, dass die streitenden Völker sich selbst für einen Weg entscheiden, haben wir entschieden. Wir haben die Konflikte unterbunden, sodass sie gar nicht erst zur Sprache kamen. Aber es muss Konflikte geben, damit ein Reich sich weiterentwickeln kann", sagte ich und George nickte wieder.

Avaglade - Schicksal von Lavandia (Buch 3)Where stories live. Discover now